Ungefähr zehn Minuten waren vergangen. Inzwischen war ich umgezogen und verstaute gerade die wenigen Sachen die sich bereits in meinem Schrank befanden in meiner Handtasche zu verstauen. Zum Glück war die etwas größer und ich bekam alles drin unter. Die dreckige Arbeitskleidung wollt ich noch immer mitnehmen, waschen und zurück bringen. Aber die ungetragenen Klamotten würde ich gleich Herrn Ebelsieder wieder geben, wenn ich ihm offenbarte das ich das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung beenden wollte. Ich hatte es nicht einmal zwei Tage geschafft, aber nachdem ich dieses Gespräch mitbekommen hatte wollte ich auf keinen Fall noch länger hier bleiben.
Ich legte die Kleidung zusammen und holte dann einen Scheck aus meiner Tasche. Ich führte immer einen mit mir, auch wenn ich bis jetzt selten einen gebraucht hatte. Aber jetzt brauchte ich ihn. Ich stellte den Scheck über 1200 Euro aus und holte dann noch einen Notizblock aus meiner Tasche. Das war eigentlich dazu da, um mir während des Einsatzes Dinge zu notieren, aber jetzt brauchte ich einfach nur ein Blatt daraus. Mit schnellen Handbewegungen schrieb ich eine Nachricht für Biggi darauf. Anschließend nahm ich die Klamotten, meine Tasche und meine Stiefel und ging hinaus. Die Tränen waren versiegt, jedoch nur weil ich sie krampfhaft zurück hielt.
Vor dem Büro des Basisleiters blieb ich stehen, atmete nochmal durch und klopfte dann. "Herein.", vernahm ich und öffnete die Tür. "Entschuldigung für die Störung, aber ich muss dringend mit ihnen sprechen.", sagte ich. "Frau Doktor Meyer, aber natürlich. Kommen sie rein. Hätten sie jetzt nicht eigentlich noch Dienst? Ich frage, weil sie in zivil in meinem Büro stehen."
Ich legte ihm einfach die Dienstkleidung auf den Schreibtisch und stellte die Schuhe ebenfalls dazu. "Passt die Kleidung etwa nicht?", fragte Herr Ebelsieder nun. "Doch.", antwortete ich. "Nur werde ich sie nicht mehr brauchen, weil ich meine Ausbildung abbrechen möchte.", meinte ich. Mir fielen diese Worte so schwer, da ich doch so lange darauf gewartet hatte endlich das tun zu können was ich wollte. Aber anscheinend sollte es einfach nicht sein.
"Frau Meyer, sie sind erst seit gestern hier.", antwortete Herr Ebelsieder überrascht. "Und ich halte es jetzt schon nicht mehr aus.", meinte ich und griff in meine Hosentasche. Dort hatte ich meinen Dienstausweis vorhin verstaut. Auch diesen legte ich auf den Schreibtisch ab. "Geben sie die Stelle jemandem, der schon viel länger wartet als ich und ansonsten vielleicht noch länger warten müsste. Ich hab zu überstürzt entschieden.", log ich. Daraufhin drehte ich mich einfach um und ging hinaus. Zurück ließ ich einen total aus dem Konzept gebrachten Basisleiter.
Mit Tasche und Tüte im Schlepptau lief ich schnell vor in den Aufenthaltsraum. Dort saß noch immer Max. "Was machst du denn jetzt?", fragte er mich, als ich die Berichte die noch verteilt auf dem Schreibtisch lagen eilig zu einen Stapel zusammen machte. "Hab gekündigt.", antwortete ich und legte den Scheck und die Notiz auf den Dokumentenstapel. "Bin nicht ganz fertig geworden, aber wenn Biggi sich dann gleich dran setzt sollte sie es bis Dienstende hinkriegen. Das was ich da drauf gelegt habe ist auch für Biggi, sorg bitte einfach dafür das sie es bekommt und dann soll sie damit machen was sie will. Ob sie es in ihr Motorrad investiert oder anderweitig, das ist mir gleichgültig, allerdings kann sie dann nicht sagen ich wäre nicht für den Schaden aufgekommen. Tschüss, Max."
Ich redete ohne Pause und war dementsprechend auch ziemlich schnell durch mit meiner Ansprache. Ich wollte nur noch weg hier und das ohne mich von allen anderen verabschiedet zu haben. Leider lief ich den Vieren dann doch noch in die Arme, als ich gerade aus dem Raum stürmen wollte. Ich zwängte mich durch und rannte zur Tür hinaus zu meinem Auto. "Hey, wo willst du hin? Unsere Schicht geht noch zwei Stunden!", rief Ralf mir noch hinterher, aber ich hatte keine Lust es ihnen zu erklären. Das konnten Max, Herr Ebelsieder oder gleich Thomas und Biggi genauso gut erledigen.
Ich stieg in mein Auto ein, warf meine Sachen auf den Beifahrersitz und fuhr unmittelbar darauf los. Ohne auch nur einmal in den Rückspiegel zu sehen, denn dann hätte ich auf der Stelle wieder geflennt und das wollte ich wegen diesen Personen einfach nicht mehr. Die Tränen vorhin waren schon zu viel gewesen, denn Menschen mit so einem Ego hatten es eigentlich nicht verdient das man wegen ihnen auch nur eine Träne vergoss. Das war nur eine weitere Enttäuschung gewesen, mit der ich nun klar kommen musste. In den letzten Monaten oder gar Jahren hatte es so viele Niederlagen in meinem Leben gegeben, da kam es auf die eine mehr jetzt auch nicht großartig an. Jedenfalls versuchte ich mir das einzureden, in Wirklichkeit war ich am Boden zerstört und hatte keine Ahnung was ich jetzt tun sollte. Ohne Job und ohne Unterstützung.
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"Wo fährt sie denn hin?", wollte Gabi nun nun von Max wissen. Sie blickte dem Auto durchs Fenster nach. "Weg.", antwortete Max sichtlich nervös. "Aber warum?!", fragte Peter. Max gab aber keine Antwort.
Währenddessen kehrten Biggi und Thomas zur Basis zurück. Biggi war ziemlich schnell geflogen, da ihr schlechtes Gewissen sie nun ziemlich plagte und sie das klären wollte. Thomas war zufrieden, denn er hatte sein Ziel erreicht, jedoch ahnten beide nicht das ihr Gespräch mehr Ausmaß angenommen hatte als beabsichtigt. Im Flur liefen sie Herrn Ebelsieder über den Weg, der sie sofort für eine Mitarbeiterbesprechung in den Aufenthaltsraum zitierte. Sie sollten den Anderen schon mal Bescheid geben. Daraufhin verschwand er nochmal in sein Büro.
"Ne Mitarbeiterbesprechung? Jetzt?", fragte Thomas, aber Biggi konnte damit auch erstmal nichts anfangen und zuckte nur unwissend mit den Schultern. Da draußen und im Hangar aber keiner mehr war, mussten alle sowieso schon im Aufenthaltsraum sein und deshalb gingen die beiden Piloten ebenfalls sofort dorthin. Sie platzten in eine rege Diskussion. "Was ist denn los?", fragte Thomas. "Der Chef will ne Mitarbeiterbesprechung und das sofort.", erzählte er. "Wird wohl was mit Helena zu tun haben, weil die ist vor ein paar Minuten wie ne Furie hier raus gestürmt und weggefahren.", meinte Michael.
"Ihr zwei solltet euch schämen!", kam nun sauer von Max. Alle wussten sie nicht was er meinte. "So über jemanden zu reden und dann auch noch nicht mal den Funk ausschalten!" Biggi dämmerte es nun. "Sag bitte nicht sie hat mitgehört.", bat sie Max. "Doch und ich auch!", stellte Max klar. "Wovon redet ihr eigentlich?", wollte Gabi wissen. "Das würde mich auch interessieren." Herr Ebelsieder stand nun ebenfalls im Zimmer. In den Händen trug er das, was Lena ihm gerade auf den Tisch gelegt hatte.
"Mich würde interessieren, warum unsere neue Mitarbeiterin nach nicht mal zwei Tagen hin schmeißt, obwohl sie diese Weiterbildung bis vor kurzem noch so unbedingt wollte. Sie meinte sie hätte da zu überstürzt entschieden, so ganz glauben tue ich das aber nicht. Also Frau Schwerin, Herr Wächter, ich höre!", meinte Herr Ebelsieder streng.
Den Piloten blieb letztendlich nichts anderes übrig, als zu erzählen was geschehen war. Die wirklich prekären, harten Details ließen sie zwar raus, aber Herr Ebelsieder war dennoch stinksauer. "Sie haben wohl vergessen, dass auch sie mal klein angefangen haben! Hätten wie nicht das Gefühl, Frau Doktor Meyer wäre geeignet, hätten wir sie doch niemals genommen! Und anstatt sie zu unterstützen, vertreiben sie sie innerhalb von nicht einmal 48 Stunden!", ließ Herr Ebelsieder sich über das Verhalten seiner Mitarbeiter aus. "Sie sechs sind eines der besten Teams von Medicopter und jetzt so was?! Ich hab keine Ahnung was mit ihnen los ist, ich will es auch gar nicht wissen, aber ich weiß das sie doch eigentlich jeden akzeptieren der hier neu dazu kommt. Warum also jetzt dieses Theater?!"
Herr Ebelsieder atmete tief durch und beruhigte sich erstmal ein wenig. "Sie bringen das wieder in Ordnung. Wie, das ist mir ganz egal. Hauptsache Frau Doktor Kollmann muss sich nicht einen neuen Azubi suchen, vorausgesetzt wir bekommen überhaupt nochmal jemanden zugeteilt, weil wenn die in der Zentrale von diesem Vorfall erfahren wird man uns wahrscheinlich nie wieder die Ausbildung zukünftiger Kollegen anvertrauen.", gab Herr Ebelsieder seinen Leuten nun zu bedenken.
"Und sollten diese Sachen..", er deutete auf die Dienstkleidung, die Stiefel und den Ausweis auf dem Schreibtisch. "..ihren Weg bis Morgen nicht zurück zu Frau Doktor Meyer gefunden haben und sollte sie Morgen nicht wieder zum Dienst erscheinen, dann können zwei weitere Personen ihren Schrank hier ausräumen!" Was ihr Chef mit dieser Andeutung meinte war sofort allen klar. "Und da ist es mir egal, wie gut diese Personen Fliegen können.", fügte Herr Ebelsieder hinzu.
"Haben wir uns verstanden?" Biggi und Thomas nickten. "Gut. Adresse und Telefonnummer finden sie in der Mappe, die ich Frau Doktor Kollmann gegeben habe. Ich bin überzeugt davon, dass sie diese Infos brauchen werden. Machen sie aus, wer sich darum kümmert, allerdings erst nach Dienstschluss. So können sich die Gemüter noch ein wenig beruhigen, das ist wahrscheinlich von Vorteil.", meinte der Basisleiter.
Nachdem ihr Chef den Raum verlassen hatte, schwiegen seine Angestellten erstmal. "Also alles kann sie ja nicht gehört haben, weil ansonsten hätte sie mitbekommen das nichts von dem was gesagt wurde so gemeint war.", meldete sich schließlich Thomas als erster zu Wort. "Sie hat kurz nach deinem Spruch mit der Kneifzange das Funkgerät abgestellt. Ich wollte es eigentlich schon früher machen, aber sie wollte das hören. War nicht gerade förderlich fürs Selbstbewusstsein.", meinte Max.
"Scheiße!", flüsterte Biggi und musste sich nun erstmal setzen. Nun entdeckte sie die Unterlagen, den Scheck und die Notiz. "Was ist das?", fragte sie Max. "Deine Berichte.", antwortete der Mechaniker. "Die hat Lena für dich nochmal abgeschrieben, damit du nicht nochmal alles alleine machen musst. Der Rest ist auch für dich." Biggi nahm den Zettel zur Hand und las:'Wissen sie wie ein Intercom funktioniert? Was einer sagt hören alle mit. Mit diesen 1200 Euro lässt sich die Reparatur bezahlen und mit dem Rest sollten sich auch die kaputten Klamotten ersetzen lassen. Ob sie das Geld allerdings dafür verwenden bleibt ihnen überlassen, ich habe hiermit jedenfalls meine Schuld beglichen. Und das nächste Mal wenn sie über jemanden herziehen: Funk ausschalten. Nur ein kleiner Tipp am Rande.'
Während Biggi gelesen hatte und nun noch größere Gewissensbisse hatte, redeten die Anderen mit Thomas der erzählte das es alles nur ein blödes Missverständnis war. "Ich fahr später hin und rede mit ihr.", meinte die Gabi, nachdem Thomas fertig war und nahm bereits Helenas Sachen an sich. "Das bringe ich schon mal raus ins Auto." Sie wollte nicht mehr debattieren, denn jetzt war es sowieso schon passiert und irgendjemand musste ja jetzt versuchen es wieder gerade zu biegen. Sich erneut zu streiten würde keinem hier etwas bringen, deshalb ergriff die Notärztin einfach die Initiative.
"Nein.", meinte Biggi plötzlich. "Ich mach das schon, immerhin ist sie ja wegen mir gegangen." Gabi blieb stehen und wandte sich zu der Pilotin um. "Und wegen Thomas.", ergänzte Peter. "Ich könnte auch hin fahren, ich bin unparteiisch.", fügte Peter noch hinzu. Doch diesen Vorschlag lehnten sofort alle ab. Es wurde letztendlich beschlossen, dass wie von ihr selbst vorgeschlagen Biggi hin fahren und mit Lena reden sollte.
Doch vorher brachte die B-Crew erstmal noch ihre Schicht hinter sich. Biggi machte ihre Berichte fertig, gab sie beim Basisleiter ab und anschließend suchte dann das Gespräch mit Gabi. Als die Notärztin erfuhr was Biggi passiert war, hatte sie Mitleid mit ihrer Freundin, jedoch stellte sie auch klar das sie trotzdem kaum Verständnis für Biggis Verhalten zeigen konnte. Sie war zu weit gegangen und das wusste die Pilotin nun. Thomas müsste sich eigentlich auch entschuldigen, aber er hatte jetzt Schicht und Biggi war es lieber wenn sie erstmal alleine mit Helena reden konnte.
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Ich hab dich lieb bis zu den Sternen... und zurück!
FanfictionEine Fanfiktion mit ganz viel Action. Und noch mehr Liebe 🤗