Gemeinsam torkeln sie, geistig nicht wirklich anwesend, auf dem Bürgersteig entlang zur Bushaltestelle – wie jeden verdammten Morgen.
Die Wassertropfen, die vor kurzem noch auf der Erdoberfläche weilten, steigen langsam den Himmel empor. Es ist frisch und Ellen dankt sich selbst, dass sie sich wenigstens eine dünne Jacke übergezogen hat.
Von Bradley kann man das nicht gerade behaupten. Er latscht in dieser Frische mit T-Shirt herum ... Der hat'nen absoluten Dachschaden der Kerl.Seine Armhaare stellen sich sogar auf, daran sieht man das – Gänsehaut.
Wobei es gar nicht mal so unfassbar kühl ist. Aber auch nicht gerade angenehm.Ellen liebt diese frühen Stunden. Denn abgesehen von den rasenden Autos, welches zeigt, das sie fast an der Haltestelle sind, sind kaum Menschen unterwegs.
Die Sonne kommt auch immer mehr zum Vorschein und versteckt sich hinter den Dichten des Nebels.
Noch leicht vom Schlaf benebelt stellen sie sich nebeneinander und warten auf den Bus, bis ein LKW an ihnen vorbei gesaust kommt und die Drei deswegen heftig zusammenzucken.
Gott ... Ich dachte gerade für'nen kurzen Moment, dass die Welt untergeht ...Wenn man nicht wirklich auf die Autos im Vordergrund achtet, dann könnte man schon denken, dass man in einem Zeittunnel steckt, da die Autos wie kleine Blitze aussehen ...
Und wenn man nicht aufpasst, dann kann man entweder ziemlich schnell erschreckt oder sogar überfahren werden.Ellen ist gerade dabei ihre Kleidung glatt zu streichen, als sie die Präsenz von Rhonda spürt.
Rhonda spielt an ihrem Reißverschluss herum und starrt auf das Armband, welches Ellens Handgelenk schmückt.
Sie und Bradley wissen, dass das Armband das letzte gewesen ist, was Ellen von ihren Eltern damals noch bekommen hat. Denn als Ellen noch vier Jahre alt gewesen ist, hatte sie es mit ihrer Mutter und ihrer kleinen Schwester Noemi, die zu dem Zeitpunkt noch ein Baby gewesen war, gebastelt.
»El, bist du bereit? Du weißt hoffentlich, dass es schon 6:25 Uhr ist«, fragt sie und beißt ihre Zähne aufeinander.
Ellen verharrt in ihrer Starre auf die Straße. Sie schwenkt ihre Augen wild umher, im Unwissen wie sie am besten antworten sollte.
Sie wird von Rhonda zärtlich angestupst, um sie wieder zurück in die Realität zu holen.
Sie schüttelt mit dem Kopf und setzt zum sprechen an: »Natürlich weiß ich wie spät es ist. Ich schaue schon die ganze Zeit darauf. Doch ob ich bereit bin? Nee ... Auch wenn ich mich schon längst daran gewöhnt haben sollte, wird es für mich jedes Mal grausamer, obwohl die Szenen immer harmloser werden, die ich sehe.«
Bradley, der direkt neben Rhonda steht, legt seinen Kopf auf Ellens Schulter: »Keine Sorge, Fruchtzwerg. Wir werden dich nicht alleine lassen und wenn die in deinem Kopf meinen müssen dir weh zu tun, dann box ich die!«
»Das will ich sehen«, sagt Ellen und muss deshalb sogar ein wenig lachen.
»So gefällst du mir, immer schön über diese Arschlöcher lachen!«, meint Bradley und zieht mit seinen Fingern ihre Mundwinkel nach oben und grinst selber über ihre Schulter hinweg.
»Okay ich hab's gecheckt, nimm deine Griffel weg«, bringt Ellen nuschelnd hervor und kann sich ein leichtes Kichern nicht verkneifen.
»Ja, Ellen. Hör auf deinen besten Freund!«, hängt Rhonda sich mit ein und kichert ebenfalls.
Ellen hebt ihre Schultern und streift seine Hände somit weg. Danach wischt sie mit ihrem Ärmel über ihren Mund.
Das Gute an den Frühbussen ist, dass man immer einen Platz findet.
>>Nicht so wie bei der Rückfahrt, wo die Busse so krass überfüllt sind, dass man nicht mehr genug Raum zum atmen hat.<<»Brad, hast du eigentlich schon für Geschichte geübt?«, fragt Ellen aus dem Nichts.
Von Bradleys zuerst noch neutralem Gesichtsausdruck, schleicht sich ein leichtes schmunzeln auf seine Lippen.
»Ja, dieses mal schon. Mach dich bereit deine Wette zu verlieren, denn dieses mal werde ich eine A schaffen!«, behauptet er und stützt seinen Ellenbogen auf dem Knie ab und sieht herausfordernd zu ihr rüber.Ellen lacht und schüttelt den Kopf.
Niemals.Für den Rest der Fahrt unterhalten sich die Beiden nur, während Rhonda öfters mal auf die Uhr schaut. Sie sind so vertieft in ihr Gespräch, dass sie noch nicht einmal bemerken, das sie bereits an ihrer Schule angekommen sind.
Rhonda lehnt sich sichtlich amüsiert zu ihnen rüber, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und mischt sich geschickt mit ins Gespräch der beiden ein.
»Ich möchte euren heißen Flirt ja ungern unterbrechen, aber wir müssen aussteigen.«
Sie grinst die Beiden noch charmant an und setzt an, noch vor Bradley aus dem Bus zu springen.Ellen stolpert ihren Freunden leicht perplext hinterher, fasst sich jedoch schnell wieder.
»Wir haben nicht geflirtet!«, versucht sie sich mit einem Hauch von Ironie zu rechtfertigen und legt ihre Hand betroffen auf ihre Brust, um diese Aussage dramatisch zu unterstützen.»Ja ja ...«, antwortet Bradley grinsend, wohl wissend worauf sie hinaus möchten.
Die Drei haben schon immer mit gewissen Gerüchten zu kämpfen gehabt, die um ihre Freundschaft gehen.
Und darüber machen wir uns gerne lustig, da diese meist abtroster sind, wie als wenn man Ketchup und Majo miteinander vermischt.Ellen legt ihre Erdkunde Materialien auf den Tisch und beugt sich zu ihrem Rucksack, um nach ihrer Trinkflasche zu greifen. Als sie sich runter beugt, wird ihr schlagartig schwindelig und sie sieht schwarze Punkt, weshalb sie reflexartig ihre Augen zusammenkneift.
Druck baut sich in ihrem Kopf auf. Ihre Schläfen beginnen langsam zu pochen und ein paar Strähnen ihres Ponys fallen ihr ins Gesicht.
Sie greift nach ihrer Flasche, richtet sich auf, schraubt den Deckel ab, um endlich Flüssigkeit zu sich zu nehmen.
Doch nach dem ersten Schluck wird ihr schon kotzübel.
Bah! Warum schmeckt das nach Kokosnuss?
Ihre Sicht beginnt zu flimmern und sie fängt an hektisch zu atmen, ohne jegliche Kontrolle darüber zu gewinnen. Sie spürt wie ihre Hände ins schwitzen geraten, trotz das sie friert.Sie sieht hilflos zu ihren Freunden, die besorgt zu ihr irren, Ellen sie aber selbst nicht mehr wirklich wahrnehmen kann.
Das Flimmern verstärkt sich.
Sie schafft noch einen letzten Blick zur Uhr, bis sie sich jedoch versieht und nur noch die pure Schwärze erblickt.
6:45 Uhr.
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McLarrys Experiment -Kontrollverlust-
TerrorWie fühlt es sich an, in einer disfunktionalen Welt, übertrumpft von Infizierten, aufzuwachsen ...? Und obendrein noch zu wissen, dass die eigenen Eltern dafür verantwortlich gewesen sind, wegen eines misslungenen Experimentes? Ja, richtig gehört...