Kapitel 13 - Der Drache im Schnee

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Nach einigen Stunden kamen die beiden Männer wieder - ohne Drachen. Lucas sah ziemlich fertig aus, als er sich zu uns setzte.

"Ich habe ihm erst einmal die Umgebung gezeigt und ein paar Drachen haben wir gesehen, aber nur in der Ferne", erzählte Herr Pasir, "es kann dauern, bis man seinen Drachen findet."

Inzwischen dämmerte es. Es war ein gewaltiger Anblick der untergehenden Sonne. Sie strahlte in ihrer gelb-roten Farbe hinter den endlos scheinenden Bergen. Ich hatte schon lang nicht mehr so etwas schönes gesehen. Ich legte meinen Kopf auf Lucas' Schulter und nahm seine Hand.

"Das war's für heute", meinte der Lehrer, "morgen früh wird Lucas von einer von euch begleitet."

Mit diesen Worten verabschiedete er sich und ging in Richtung seines Zeltes. Nathalia fühlte sich wohl auch etwas fehl am Platz, also drehte sie sich ebenfalls um und ging in unser Zelt.

"Es ist wunderschön hier!", flüsterte ich ihm zu.

"Und du bist wunderschön", gab er zurück und gab mir einen Kuss.

Einige Minuten vergingen, während wir den Sonnenuntergang betrachteten. Irgendwann wurde es kalt und ein kühler Luftzug war zu spüren. Wir verabschiedeten uns voneinander, beschlossen, dass ich ihn morgen begleiten würde und gingen in unsere Zelte.

Am nächsten Morgen wachte ich auf, da ich Stimmen außerhalb des Zeltes hörte. Es war immernoch kalt und ich zog mir meine Jacke an, bevor ich das Bett verließ. Nathalia war wohl auch schon wach, denn sie stand neben Herr Pasir und Lucas vor unseren Zelten. Als ich mich aufrichtete und in den Himmel sah, bemerkte ich auch warum - es schneite. Kleine Schneeflocken schwebten über der Erde und wurden durch den Wind hin und her geweht.
Als Lucas mich bemerkte, legte er seinen Arm um mich.

"Wann wollen wir losgehen?", fragte er mich.

Herr Pasir gab ihm den Ratschlag, besser jetzt aufzubrechen, da die Wege möglicherweise nachher durch den Schnee versperrt sein könnten. Er fügte hinzu, dass wenn es in diesen Bergen schneien würde, es nicht so schnell wieder aufhören würde.

Wir befolgten seinen Rat und gingen einige Minuten später in Schneestiefeln, die glücklicherweise an diesem Lager bereitgestellt waren, los.
Lucas schien sich schon ein bisschen auszukennen, obwohl seine Orientierung durch den Schnee etwas eingeschränkt war. Trotzdem kamen wir noch gut voran, aber weit und breit war kein Drache zu sehen. Als wir schon fast aufgeben und umdrehen wollten, sahen wir einen Drachen in der Ferne im Schnee stehen. Er bewegte sich kaum und ich musste zweimal hinsehen um zu realisieren, dass er dort stand. Ich deutete auf die Stelle und wir naherten uns ihm. Er bemerkte uns nicht, bis wir in unmittelbarer Nähe standen. Lucas war nun vorrausgegangen und ich stand in sicherer Entfernung um alles beobachten zu können. Einige Meter vor dem Drachen blieb Lucas stehen und musterte ihn. Ich sah, dass der Drache ihn bemerkt hatte, es sich aber nicht anmerken ließ. Langsam verbeugte sich Lucas und der Drache senkte seinen Kopf ebenfalls. Dann bewegte er sich. Er hob einen Vorderfuß an und schob den anderen nach vorne. Er tat das, was man bei Pferden "Kompliment" nennen würde. Ich hatte nie gedacht dass das passieren würde. Anscheinend hatten wir den richtigen gefunden. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Wie in Zeitlupe breitete er seine robusten Flügel aus und stieß einem lauten Schrei aus. Dann erhob sich Lucas und sah dem Drachen direkt in die Augen. Das Tier machte keine Anstalten wegzufliegen sondern richtete sich auf und naherte sich Lucas, der langsam das Seil, das er die ganze Zeit bei sich getragen hatte aufrollte. Vorsichtig streckte er seine freie Hand aus und berührte den Drachen an der Stirn. Still stand er da, während er alles über sich ergehen ließ.
Lucas legte ihm das Seil um den Hals, winkte mir zu und bedeutete mir, schon einmal zurück zu gehen, um den anderen die Botschaft zu überbringen.

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