>88.Kapitel<

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Loreen

Nur seine noch brüchige Stimme holt mich wieder ins Hier und Jetzt: „Loreen, alles was ich gesagt oder getan habe, also abgesehen von dem von letztens, war alles ehrlich und echt! Ich habe dich nie angelogen oder irgendetwas getan, was ich bereue! Und ja, du hast wahrscheinlich recht, dass ich nicht alleine damit zurechtkomme, aber dieses Eingeständnis, dass man nicht alleine damit zurechtkommt, ist so verdammt schwer. Ich möchte wieder der alte Wincent sein, der lebensfroh und glücklich ist, aber ich werde immer wieder von den Träumen eingeholt… nicht nur gute, sondern auch schlechte… besonders mit einem Thema habe ich immer noch zu kämpfen…“, sodass ich mich nun zu ihm wende, als er sich bereits auf der Bettkante niedergelassen hat, um mit seinen Händen durchs Gesicht zu fahren. Derweil bewege ich mich zu ihm, wo ich seine Hände in meine nehme, um ihm zu zeigen kann, dass er mir vertrauen kann, was er auch scheinbar tut. Nun lenkt er seine leicht geröteten und verquollenen Augen auf mich, bis er spricht: „Ich wusste, dass bei meiner Ex und mir nicht alles gut lief, denn wir hatten wirkliche Beziehungsprobleme, weil ich ständig unterwegs war und sie wollte immer, dass ich bei ihr bleibe. Jedes Mal, bevor ich- vor allem länger weg war-, haben wir uns gestritten… nicht nur mit Worten, sondern manchmal sind auch Dinge geflogen, weswegen einiges an Geschirr zu Bruch gegangen ist.  Ganz genauso, wie unsere Beziehung, sodass wir uns mit jedem Streit weiter voneinander entfernt haben, denn wir haben uns auseinandergelebt.  Und ich weiß mittlerweile selbst nicht, was damals los war, denn ich wäre nie gewalttätig geworden, aber sie hat mich einfach so verändert… sie hat mich zu einem Menschen gemacht, der ich nie sein wollte und hat mir immer alles rausgeredet, auch wegen der Musik. Während sie einfach so zur Arbeit gefahren ist und um 18Uhr Feierabend hatte, war ich unterwegs und meistens nur mitten in der Nacht erreichbar. Zu unseren schlimmsten Zeiten haben wir fast drei Wochen am Stück nicht miteinander geredet, uns einfach ignoriert und einfach unser Leben weiter aneinander vorbeigelebt. Aber irgendwann rief sie mich an, denn sie war… schwanger.”, was mich nur die Augen schließen lässt, als ich mich bereits neben ihm hinsetze, bis er wieder gebrochener ausspricht: „Es hätte meins sein können, aber irgendwann hatte ich die Befürchtung, als hätte sie jemand anders. Ich habe sie nie danach gefragt, weil ich die Gewissheit nicht haben wollte. Wir haben uns einfach nicht mehr gesehen und beachtet, aber trotzdem habe ich nie daran gezweifelt, dass es doch hätte meins sein können, weil ab und zu hatten wir noch Sex…“, doch statt eines weiteren Stimmenabbruchs, schüttelt er bloß seinen Kopf, weswegen ich vorsichtig nachfrage: „Hat sie's bekommen?“. Auf diese Frage erhalte ich zunächst nur ein Kopfschütteln, bevor er ausspricht: „Nein, eine Woche später hat sie das Kind verloren und mich dafür verantwortlich gemacht. Ich bin daran schuld, dass sie das Kind verloren hätte, weil es wegen meinem Job und mir immer wieder Streit gegeben hätte und ich immer bis nachts fort war, sodass sie vor Sorgen fast umgekommen wäre. Ich hätte mich nicht mehr für sie interessiert, obwohl ich alles gegeben habe, um unsere Beziehung zu retten, aber sie wollte es nicht sehen… sie gibt mir immer noch die Schuld… immer wieder und langsam glaube ich es wirklich! Du bist die erste, die ich dies erzähle, denn nicht mal meine Mum weiß dies.“, weswegen ich nun nach seinen Händen greife, bevor ich ausspreche: „Wincent, es gehören doch immer zwei dazu und ich glaube einfach, dass sie verletzt war und deswegen versucht hat einen Grund dafür zu finden. Und dann hat sie dich, als Grund genommen, weil es zwischen euch eh nicht mehr gut lief, aber das bedeutet nicht, dass du daran schuld bist! Schließlich hast du alles versucht die Beziehung zu retten, was sie nicht sehen wollte. Wincent, es ist nicht deine Schuld! Vielleicht wäre es auch passiert, wenn ihr glücklich gewesen wärt?! Wer weiß das denn schon? Hey, lass dich davon nicht runterziehen, weil das hätte sie nicht verdient, wenn sie versucht hat dich krampfhaft zu jemanden zu verändern, der du nicht bist!“, was Wincent nur nickend aufnimmt, bevor er sich selbst nicht mehr halten kann und erneut in Tränen ausbricht, weswegen er zunächst versucht sich von mir abzuwenden. Jedoch ziehe ich ihn bereits an meine Brust heran, wo ich sofort beruhigend auf ihm zurede: „Lass es raus… ist okay, Wincent! Weinen ist keine Schwäche, sondern pure Stärke, weil man die Gefühle, die einem jahrelang verletzt haben, endlich rauskommen!“, während ich sanft über seinen Kopf streiche.

Vielleicht im nächsten Leben 1.0Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt