Epilog

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Summend schnitt ich die Salamischeiben in schmale Streifen, während Weihnachtsmusik durch die Küche schallte. Eine Hand griff an mir vorbei und stahl ein Stück Paprika, aus einer der zahlreichen Schüsseln, die bereits auf der Arbeitsfläche standen. Empört drehte ich mich um und schlug mit dem Küchenhandtuch nach Ryan, dem die Hand gehörte. „Hey! Das ist fürs Essen bestimmt“, ermahnte ich ihn gespielt streng und er hob lachend die Arme und wich einen Schritt zurück. „Aye aye, Chefin“, sagte er und salutierte, bevor er Zoe einen verschwörerischen Blick zuwarf, die hinter ihm stand und gerade das Stück Paprika in ihrem Mund verschwinden ließ. „Soso, ihr habt euch also gegen mich verschworen“, konfrontierte ich die beiden und stemmte die Hände in die Hüften. Ryan zog eine unschuldige Miene und Zoe versteckte ihre Hände hinterm Rücken und warf mir ein so hinreißendes, freches Grinsen zu, dass ich lachen musste und ihnen nicht böse sein konnte. „Na warte, wenn ich dich kriege kitzle ich dich so lange, bis du keine Luft mehr bekommst“, drohte ich ihr spaßhaft und kichernd lief sie aus der Küche. Bevor ich ihr folgen konnte, wurde ich von Ryan schwungvoll an seine Brust gezogen, was mir ein erschrockenes Keuchen entlockte. „Rette dich! Ich halte deine Mom auf“ , rief Ryan ihr in theatralischem Tonfall zu, bevor er mich einmal im Kreis herumwirbelte, was mich quietschen ließ. „Lass uns tanzen, schöne Frau“, forderte er mich lächelnd auf, während im Hintergrund ein neues Lied einsetzte. Es war ausgerechnet Last Christmas, was ein unbeschwertes Kichern aus mir herausplatzen ließ. Mit übertriebenen Gesten, wirbelte Ryan mit mir durch die Küche, wobei wir eine Packung Mehl von der Arbeitsfläche stießen und dadurch in eine Mehlwolke eingehüllt wurden. „Pass doch auf. Wir machen alles unordentlich!“, brachte ich kichernd zwischen zwei Lachanfällen hervor. „Ups“, meinte Ryan daraufhin, aber er klang nicht wirklich so, als würde es ihm leidtun und die tanzenden Schmetterlinge in meinem Bauch verhinderten ebenfalls, dass ich wirklich besorgt darüber war. Zoe kam wieder in die Küche gelaufen und strahlte übers ganze Gesicht, als sie uns tanzen sah. „Ich will auch“, rief sie und ich übergab Ryan mit einer schwungvollen Geste weiter an sie. Ryan passte sich problemlos den neuen Begebenheiten an und tanzte mit Zoe weiter. Noch immer übers ganze Gesicht lächelnd, bereitete ich die letzten Zutaten fürs Raclette vor, bevor ich mich einfach gegen die Arbeitsfläche lehnte und ihnen zusah. Ryan hatte meine Tochter auf seine Füße gestellt und schlurfte so mit großen Schritten, wie ein Betrunkener durch die Gegend, was Zoe vor Vergnügen kreischen und mich in Gelächter ausbrechen ließ. Wer hätte am Anfang gedacht, dass der selbstüberzeugte Anwalt, sich so sehr zum Affen machen konnte, um ein Kind glücklich zu machen? Wahrscheinlich war das einer der Hauptgründe warum ich mich so Hals über Kopf in ihn verliebt hatte. Denn er akzeptierte nicht nur, dass ich Mutter war, sondern behandelte Zoe als wäre sie sein eigenes Kind und war sich nicht zu schade, sich zu blamieren, nur um sie zum Lächeln zu bringen. Wenn ich die beiden so betrachtete dann war ich einfach nur glücklich. Dazu brauchte es keinen teuren Champagner oder Restaurantbesuch – wie ich es mir von einem anderen Gehalt vielleicht leisten konnte – sondern nur Ryan, der mit meiner Tochter zur Weihnachtsmusik durch die Wohnung tanzte. Denn Glück definierte sich nun einmal nicht über weltliche Dinge, wie Geld oder Erfolg. Das Glück fand sich auch nicht in extravaganten Unternehmungen und besonderen, geplanten Dingen. Nein, das Glück entstand in den einfachsten Momenten, so alltäglich sie auch sein mochten. Im Moment hatte ich alles was ich mir wünschen konnte: Meine Mutter war endlich nicht mehr Teil meines Lebens, meine Tochter hatte ein Lächeln auf dem Gesicht und ich hatte eine Liebe gefunden, in meiner kleinen Liebesbäckerei. In ein paar Tagen würde ich die Eltern meines Freundes kennenlernen, von denen er mir schon so viele tolle Dinge erzählt hatte und von denen er sagte, dass sie schon total gespannt waren mich und Zoe kennenzulernen. Vielleicht würde ich irgendwann nochmal etwas von meinem Vater oder meiner Schwester hören, aber im Moment blieb mein Handy angenehm ruhig und ich konnte mir nichts Schöneres zur Weihnachtszeit vorstellen. Mein Glück, hier in diesem Moment war ein kleines Wunder. Und jeder wusste, dass Weihnachtswunder absolut magisch waren...

Ende

Die Liebesbäckerei -  eine Adventskalendergeschichte Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt