Chapter II

5 1 0
                                    

>>Maddie. Ich bins, John. Ich mach mir Sorgen, gib mir ein Lebenszeichen, ja? Ich habe dich lieb, Ms Grant. << lief meine Mailbox ab. Er hinterlässt mir jeden Tag zwei Mal eine Nachricht auf der Mailbox, seit dem Vorfall. Das ist schon fast drei Wochen her. Ich lebe im Moment nur von Nintendo Switch, Tetris und meiner Mailbox. Blake, Gerrit, John, Rose, Dad, Isaac und Alec hinterlassen mir täglich Nachrichten. Ich melde mich nie zurück. Ich habe Angst, dass sie mich hassen. Ich habe mich direkt auf Social Media abgemeldet, das Wlan ausgeschaltet. Bei mir kommen nur noch meine Notfall-Kontakte durch – und das ganz schön oft – aber ich habe keine Energie zu antworten. Ich fühle mich extrem fremd in meinem Körper. Ich weiß, dass das was Taylor gesagt hat, gelogen war. Aber wer wusste das sonst? Ihre Sätze hallen in meinem Kopf herum in Minuten Takt. Mein Handy vibrierte wieder. Dad. Ich fühle mich so schlecht, aber ich habe das Gefühl, dass alles und jeder mich gerade abgrundtief hasst und ich weiß. Ich weiß ja, dass sie mich lieben, aber es fällt mir so schwer es zu glauben in letzter Zeit. Ich holte meine zweite Tiefkühlpizza des Tages raus und mein Trainer würde mich hassen, aber er gehört eh nicht zu meinen Notfallkontakten. Er wird niemals durchkommen und ich hatte bis vor ein paar Stunden bestimmt fast drei Tage nichts gegessen. Dann was Kleines und wieder drei Tage nichts, aber jetzt habe ich einfach extremen Hunger. Bestimmt, weil alle meine Energie Reserven in die letzten drei Wochen aufgebraucht wurden. Ich schob die Pizza in den Ofen und hörte weiter Another Autumn, vielleicht weil ich mich schlecht fühlte, nicht mit Ihnen zu sprechen, hörte ich sie. Als Ausgleich oder so. Auf jeden Fall brauchte ich sie, ohne sie hier haben zu müssen. Ich summte zu >>Perfume<< während ich meinen Ofen vorheizte. Ich tanzte ein Bisschen durch die Wohnung, weil ich mir gerade danach fühlte, nur um zwei Minuten später, total erschöpft aufs Sofa zu fallen. Ich brummte und ließ mich mehr in die Kissen senken. Ich hob meinen Kopf wieder leicht an und sah das weiße Piano vor dem Sofa. Ich erhob mich und ging in kleinen, langsamen zu ihm. Ich tippte eine Melodie. 

Ich dachte ich fühlte gar nichts und alles. Aber das war nicht wahr. Ich war enttäuscht. Ich fühlte mich ausgeliefert. Ich fühlte mich falsch am Platz. Ich hatte Angst. Ich hatte enorme Angst. Aus der Schublade zog ich einen passenden weißen Block und notierte die Noten und probierte ein paar Fetzen Text rum, bis ich zu einer Strophe kam.

I feel delivered
I didn't got a choice
I feel anxious
Are you all hating me now?

Ich hatte schon immer Angst, gehasst zu werden. Ich glaube, das stammt aus meiner Kindheit. Meine Mum war nicht wirklich die Netteste. Sie war sehr kritisch. Sie hat alles an mir gehasst. Mein blondes Haar, die ich von meinem Vater geerbt hatte. Meine grünen Augen, von ihrer Mutter. Sie hasste, dass ich nicht Sie war. Das wurde mir zu spät bewusst, obwohl ich mich immer an sie angepasst hat. Ich trug Mascara, so wie sie es wollte. Lipgloss, aber nur der klare, glitzernde. Alles andere wäre zu schlampig. So hatte es sie genannt. Bis mein Vater merkte, dass sie regelmäßig auch mal die Hand gegen mich und damals noch Gerrit erhob – niemals gegen Rose, weil sie zu dem Zeitpunkt gerade mal sechs war – ließ er sich von ihr scheiden und nahm uns zu sich. Ich habe meine Mum seit meinem 15. Geburtstag nicht mehr gesehen. Ich denke, dass es besser für uns beide ist. Es tat mir trotzdem irgendwo weh. Aber mein Dad war der Beste. Ich wollte ihn nicht ignorieren, ich weiß. Aber, es ging irgendwie für mich gerade nicht anders.

If you are hating me, now
What do I got to lose?

Was habe ich zu verlieren? Wahrscheinlich Alles. Ich könnte Alles verlieren. Vielleicht habe ich schon Alles verloren und ich weiß es nicht. Vielleicht hatte ich nie was. Was sehr unwahrscheinlich ist, da sich alles grad so echt und gleichzeitig so surreal anfühlt. Ich habe sowas noch nie gefühlt. Ich wusste nicht mal, ob ich Recht hatte oder nicht, weil ich nicht die Kommentare der Personen lesen wollte, die mich alle nicht kennen, aber von denen ich auch abhängig bin. Und es ist so scheiße. Ich frag mich manchmal was passiert, wenn ich nicht berühmt geworden wäre. Ich kräuselte meine Nase und etwas zog meine Aufmerksamkeit an sich. Es riecht verbrannt. Shit.

>>Maddie. Wir können über die Hure auch Songs schreiben. Sofort. Ich bin dabei. Wirklich vermisse dich. << sagte Blake. Ich lächelte ein sehr kleines Stück. Ich denke, keiner hat seitdem bei mir geklingelt, weil sie wissen, dass ich sie wahrscheinlich nicht sehen möchte, wenn ich nicht mal auf ihre Nachrichten antworte. Ich zog meine Beine an meinen Oberkörper zusammen. Ich muss ihnen irgendwann antworten. Aber Irgendwann kann auch in einem Jahr sein. 

Zwei Monate ist es her, seit ich mich hier verschanzt habe. Meine Lieferanten bringen mir einmal wöchentlich mein Essen und das reicht mir im Moment. Mein Alltag besteht gerade aus Essen, Zocken, Mailbox abhören. Mir reichte das für ein Leben. Aber ich will auch nicht, dass das für ewig so weiter geht. Den Song, den ich letztens angefangen habe, habe ich fertig. Schon seit einer Woche und ich habe Angst ihn Blake zu schicken, weil ich dafür mein Wlan anmachen müsste und alle Nachrichten sehn müsste und ich weiß nicht was ich machen soll. Es fiel mir so schwer, richtig zu handeln. Schon immer. Ich war schon immer so, glaube ich. Am Nachmittag legte ich eine Platte von Gerrit auf. Was auch irgendwie ein Vorteil war, dass die Grant-Sisters, alle in Sache Musik beschäftigt waren. Gerrit war das perfekte Mädchen, dass Pop machte, über Jungs, Party und alles irgendwie. Sie hatte gewellte Platinblonde Haare, wo ich eher so ein Goldblond hatte. Rose hatte ihre braunen Haare, letztes Jahr halb Weiß gefärbt was im Moment toll In war. Ich glaub der Trend hat mit Melanie Martinez angefangen. Dann hatte John sich mit 16 die vorderen Strähnchen Weiß gefärbt, weil er sie total toll fand und auf ihren Konzerten war und es einfach cool war. Jetzt haben viele Stars weiße Strähnchen. Er hatte sogar eine PowerPoint für die Band gefertigt, dass sie alle Weiße Strähnchen - als Markenzeichen – haben sollten. Ich war komplett von der Idee begeistert, aber Isaac und Henry waren total angewidert von der Idee. Da sie finden Weiß auf Blond sieht nicht schön aus. John ging dann ein Schritt weiter und hatte so Black & White als Album Namen vorgeschlagen, auf dem Cover sollten alle Schwarz-Weiß Haare haben. Den beiden war es sehr unbequem, man hat es Ihnen angesehen. Aber im Großen und Ganzen, war es ein lustiger Abend. Rose ist eher Richtung Indie Pop und Instrumental. Sie ist am wenigstens gehört von uns beiden, aber trotzdem sind ihre Songs so als würde ich sie Intim kennen. Einfach das Gefühl. Das habe ich auch bei Another Autumn gehabt, als ihr erstes Album rauskam. Es war perfekt, wenn ich ehrlich bin.

Ich zog Kleider aus meinem Schrank und mistete sie aus. Ich weiß nicht was mein Ziel war, aber ich wollte irgendetwas tun. Nach einer halben Stunde traf ich auf ein >>John Is Bae<< Shirt mit John in Schwarz-Weiß mit im Manga-Style gedruckte Rosa Wangen drauf. Henry hatte sie damals ausgedruckt, weil er es einfach lustig fand und ein bisschen verschenkt. Ich habe es öfters getragen und das würde niemals in die Tonne kommen. 

Ich vermisse meine Freunde so sehr.

Lost In FameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt