III

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„Dorian! Jetzt mach doch mal langsamer! Sonst verlieren wir die Hälfte der Sachen noch bevor wir überhaupt zu Hause sind", schimpfte Livia ihren Bruder, der vorn auf dem Kutschbock saß und die Pferde antrieb, als wären sie gerade auf der Flucht. Die beiden Schwestern saßen hinten auf der Ladefläche und wurden wegen der unebenen Straße ordentlich durchgeschüttelt. Neben ihnen stapelten sich überwiegend leere Kisten mit den heute nicht verkauften Waren. Das Geschäft war gut gelaufen. Es war gerade Erntezeit, sodass die Arbeitsgeräte, die die Thorns vertrieben, sehr gefragt waren. Aufgrund der guten Ausbeute hatten die Geschwister noch einige fehlende Dinge für die bevorstehende Handelsreise, sowie einige Lebensmittel gekauft.

Als der Wagen durch ein besonders tiefes Loch fuhr, schrie Livia auf. „Dorian, wenn du so weiter machst, bricht uns noch die Achse!" Akira lachte, ihr machte die schnelle Fahrt nicht sonderlich viel aus. Sie mochte den Wind in den Haaren, die Schlaglöcher waren aber tatsächlich nicht sehr angenehm. Dorian schienen die Worte nicht sonderlich zu beeindrucken. „So sind wir wenigstens zu Hause, solange Mutter und Vater noch wach sind. Außerdem habt ihr nicht die Zeitung gelesen? Heute Abend soll es eine landesweite Ausstrahlung geben. Die will ich nicht verpassen", rief er gegen den Fahrtwind, während Livia einen umgefallenen Korb wieder aufstellte und die herausgefallenen Kartoffeln aufsammelte, die nun über die gesamte Ladefläche des Wagens verteilt lagen. Seufzend half Akira ihrer Schwester, obwohl sie es eigentlich als wenig sinnvoll erachtete, die Sachen jetzt schon einzusammeln. Bei dem Fahrstil ihres Bruders würde sicher noch mehr umkippen, bis sie zu Hause waren.

Es dauerte trotz Dorians Eile noch eine halbe Stunde, bis sie schließlich in ihren Hof einbogen. „Wenn wir nach Ikardt fahren, setz ich mich auf den Kutschbock", murrte Livia leise, während die beiden Schwestern ziemlich zerzaust vom Wagen stiegen. „Wir wechseln uns ab", erwiderte Akira grinsend. Gemeinsam trug sie mit ihrem Bruder die Kisten ins Haus und den Schuppen, während Livia die beiden Pferde in den Stall führte und sie versorgte.

„Na, ihr wart aber lang unterwegs", begrüßte ihre Mutter sie, als sie das Wohnzimmer des kleinen Hauses betraten. „Ja, dafür haben wir aber auch viel verkauft", sagte Livia und hielt ihr stolz den vollen Beutel mit den Einnahmen des Tages entgegen. „Bei eurem Verkaufstalent sind wir nach eurer Reise reiche Leute." „Ja, wart's nur ab. Bald sind wir reicher als der Herzog selbst", scherzte Akira und entlockte ihrer Mutter damit ein Lächeln. Irritiert hielt Akira einen Moment inne, als sie Allegra in die Augen sah. Es fehlte das Strahlen, das sonst immer den ganzen Raum erhellte, und das - zu Livias Unmut - lediglich Akira von ihr geerbt hatte.

„Jetzt setzt euch aber mal, wir haben euch noch was vom Abendessen übrig gelassen", meldete sich aber ihr Vater zu Wort, bevor sie nachfragen konnte. Lautstark knurrte nicht nur Akiras Magen und lachend setzten die Geschwister sich an den Tisch. Nachdenklich kratzte sich Akira an der Schulter, während sie ihre Mutter dabei beobachtete, wie sie ihnen die Suppe aufwärmte und Brot dazu schnitt. Sie beschloss Allegra in einem ruhigen Moment darauf anzusprechen, ob alles in Ordnung war. Als das Essen schließlich auf dem Tisch stand, verdrängte der Hunger diese Gedanken. Innerhalb einer Viertelstunde war der Topf leer und zufrieden lehnte sich Akira zurück. „Und du wolltest noch länger auf diese Wohltat verzichten?", stichelte Dorian in Livias Richtung, die daraufhin die Augen verdrehte. „Wäre uns die Achse gebrochen, säßen wir jetzt Mitten im Nirgendwo und könnten uns von rohen Kartoffeln ernähren."

Bevor die Diskussion an Fahrt aufnehmen konnte, unterbrach Quentin seine Kinder. „Kommt her, gleich fängt die Ausstrahlung an." Während sich Dorian in seinen angestammten Sessel fallen ließ, setzten sich die Schwestern zu ihren Eltern aufs Sofa. „Worum geht es denn heute eigentlich?", fragte Livia in die Runde. „Bei der letzten kostenlosen Ausstrahlung voriges Jahr haben sie landesweit die Zölle zwischen den Herzogtümern angeglichen. Hoffentlich nehmen sie das jetzt nicht wieder zurück, das würde uns gerade noch fehlen vor der Reise", bemerkte Dorian. „Das bezweifle ich", erwiderte ihr Vater. „Hoffen wir einfach, dass es nichts schlimmes ist." Livia stand nach einem Blick auf die Uhr auf, um das Hologramm einzuschalten.

Die Jagd des KönigsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt