Ist das dein Ernst?!

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"Hanna? Wach auf. Es ist schon Mittag", hörte ich die raue Stimme meines Freundes.

Meine Augen waren verklebt und brannten. Ich öffnete sie und sah Taddl, der vorsichtig in der Tür stand. Ich sah ihn still an und er brachen die Stille ebenso wenig wie ich. Ich war froh, dass er so war. Nach einigen Minuten der Stille stand ich auf und ging zu ihm. Ich krallte mich in seinen weichen Pulli und er schlung die Arme um mich. Wieder fing ich an zu weinen. Er strich mir über mein Haar und redete mir leise gut zu.

"Alles wird gut", sagte er.

Dieser Satz war der dümmste, den er jemals hätte sagen können. Ich drückte ich von mir weg und sah ihm fest in die Augen.

"Alles wird gut? Was soll das heißen? Nichts wird gut! Meine beste Freundin, meine Schwester ist gestern gestorben. und alles was du sagtst ist "Alles wird gut"? Ist das dein Ernst? Ist das dein verdammter Ernst?", schrie ich schon fast und rannte los.

Ich wollte weg. Weg von allem. In meinem Schlafzeug rannte ich raus. Ich lief zum Strand, dann wieder richtung Stadt. Irgendwann wusste ich nicht mal mehr, wo ich war, doch es war mir egal. Ich wollte niemanden mehr sehen. Nicht Taddl und auch nicht die anderen. Ich wollte weg. Weg aus den USA, weg von allem. Ich wollte nicht mehr in der Wohung sein, nicht mehr zu Hause sein. Das alles würde mich zu sehr an sie erinnern. An meine Mila. Die Person, mit der ich mich immer gut verstand. Die mich immer aufmunterte und mich verstand. Und jetzt war sie nicht mehr da. Lag leblos in irgendeiner Leichenhalle und würde für die Beerdigung hergerichtet werden.

Sie war noch so jung. Viel zu jung um zu sterben. Sie hatte so viele Pläne und Träume, die sie nun niemals mehr erfüllen konnte.

Die ganze Zeit war ich in Gedanken bei ihr. Und als es anfing zu dämmern, befand ich mich wieder am Strand. Ich wusste nicht wo, doch ich genoss die Ruhe. Keine Menschenseele war zu sehen.

Würden die anderen nach mir suchen? Würden sie sich Sorgen machen? Oder war ich ihnen egal? Ich wusste es nicht, doch es war mir sowieso egal. Ich wollte allein sein. Allein mit dem Schmerz und den Erinnerungen. Ich ging in Gedanken nochmal unsere komplette Zeit zusammen durch. Unser erstes Treffen in der Grundschule. Sie kannte noch keinen und saß am ersten Tag ganz allein. Ich verließ den TIsch an dem meine Freunde saßen und ging zu ihr. Seitdem waren wir unzertrennlich. Jeder stand für den anderen ein, beschützte ihn und gab ihm Kraft. Wir hatten nie Geheimnisse vor einander und sagten uns alles. Eine richtig gute Freundschaft eben.

Doch nun war es vorbei. Ich würde niemals mehr ihre süße Stimme hören, die immer mehrere Oktaven nach oben ging, wenn sie sich freute.

Doch alles hat irgendwann ein Ende, nicht wahr? Man weiß nie wann es so weit ist, doch man kann sich sicher sein, dass es so weit sein wird. Irgendwann. Vielleicht erst in 30 Jahren, Vielleicht in ein paar Monaten oder sogar Wochen. Oder vielleicht genau jetzt.

Das schlimmste war, dass ich mich nicht mal mehr verabschieden konnte.

Perfektes Leben? ( Taddl, Ardy, Unge, Dner, .. FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt