Hailey
„Jo, ich muss dir was sagen..." beginne ich vorsichtig doch stoppe zunächst. Ihr panischer Blick, der mit irgend einer schlechten Nachricht rechnet, ist zu süß und es fällt mir schwer nicht los zu giggeln, aber das wäre dieser Situation auch wirklich nicht angemessen. Die letzten Wochen und vor allem die letzten Stunden waren der reinste Ritt in die Hölle und ich würde lügen wenn ich sagen würde das ganze geht spurlos an mir vorbei, doch gerade fällt all die Last von mir. Sie ist bei mir! Ich habe meinen sicheren Hafen zurück und das gibt mir mehr Kraft als ich für irgendetwas aufopfern könnte. „Man Hailey jetzt sag schon! Ist was mit dem Baby?!" Durch große mit Tränen gefüllten Augen sieht sie zu mir herab und rutscht näher zum Kopfende des Bettes. „Du meinst den Babys. Ihnen geht es gut" korrigiere ich sie und schaue dabei zu, wie sich eine Träne von ihrem Auge löst und auf ihrem T-Shirt landet. Ihr Gesichtsausdruck durchlebt in sage und schreibe 5 Sekunden ein Wechselbad der Gefühle, denn zunächst ist es ausdruckslos, dann beginnt sie zu lächeln welches in ein Lachen übergeht, bis sie dann wieder regungslos dasitzt und mich fragt ob das gerade mein Ernst ist. Im nächsten Moment versteckt sie ihr Gesicht in ihren Händen und beginnt zu weinen.
Ich habe Jo in all den Jahren, in denen wir uns kennen, sehr sehr selten weinen sehen. Die meisten Male zugegebener Maßen meinetwegen, wenn ihre Mutter sie als Kind für etwas bestraft hatte was ich getan hatte, oder wenn sie essen mit mir teilen musste, doch bei den letzten Malen ging es immer um unsere Gefühle füreinander. Ein weiteres Mal wird mir bewusst, dass ich diese wunderschöne Frau beinah mein ganzes Leben kenne und auch wenn ich sie die meiste Zeit davon gehasst habe ist sie für mich zu jemandem geworden, der mir so tief unter die Haut ging, dass ich sie die letzten Jahre nach unserer Trennung nicht vergessen konnte. Ganz egal was ich versucht habe um sie aus meinem Herzen zu schütteln, ich konnte sie nicht los werden, denn sie ist die eine. Sie ist diejenige mit der ich den Rest meines Lebens verbringen will und das war mir schon damals bewusst und so paradox sich das auch anhört, genau deshalb musste ich sie verlassen. Weil ich sie so sehr liebe dachte ich, ich könnte nicht so egoistisch sein und sie in meinem verkorkstem Leben lassen. Das kleine unschuldige Mädchen ist leider Teil der Vergangenheit, es starb mit dem Tod ihrer Mutter. Doch vor allem in den letzten Tagen wird mir bewusst, dass ich so egoistisch sein kann. Mir wird bewusst, dass ich so egoistisch bin, denn ich will nicht ohne sie sein. Genau aus diesem Grund steigt blanke Panik in mir auf, als ich sie dort so bitterlich weinen sehe. Ich bin schlecht für sie. In wenigen Tagen habe ich ihr Leben schon wieder komplett auf den Kopf gedreht. Ich will sie nicht verlieren. Was ist wenn ich ihr zu viel bin? Was ist wenn die Zwillinge ihr zu viel sind? Wird sie mich von ihr stoßen. Voller Angst robbe ich stöhnend vor Schmerz zu ihr und umklammere ihren bebenden Körper mit meinen Armen. „Hey bitte weine nicht meinetwegen. Bitte hass mich nicht..." flüstere ich mit zitternder Stimme in ihr Haar während ich sie näher an mich ziehe.
Mit einem Ruck löst sie sich aus meiner Umarmung und sieht mich entsetzt und tränenverschmiert an. „Spinnst du?!" Jetzt kommt es... „Ich könnte dich niemals hassen, selbst wenn ich es versuchen würde und glaube mir ich hab es versucht. Ich bin erleichtert und nicht sauer du Idiot! Kannst du dir vorstellen was für eine Angst ich um euch hatte?! Ihr seit doch jetzt meine Familie" schießt es mir entgegen und mir fällt ein Stein vom Herzen. Doch dann rutscht es mir gefühlt in jede Gliedmaße meines Körpers wieder rein bevor es zurück an seinen Platz wandert und ich sie wie erschlagen ansehe. „Du ziehst es also trotz alle dem mit mir durch?" frage ich sie, während ich eine kreisende Handbewegung Richtung meines Bauches mache, der gerade Mal so groß ist, als hätte ich Paar Tage lang Verstopfung gehabt. Wir kennen das alle. „Selbst wenn da 10 kleine mini Hailey's raus spazieren würden, würde ich das mit dir durchziehen. Aber einzig und allein unter der Bedingung, dass du nicht plötzlich wieder abhaust, wenn du denkst mir zu viel zu sein. Wir ziehen das mit deiner Anklage jetzt noch durch. Dein Bruder hat mir den entscheidenden Beweis zugespielt. Mit dem bist du bald frei und uns wird nichts mehr dazwischen grätschen können." „Ich verspreche dir ich haue nicht mehr ab!" bringe ich gerade noch so heraus bevor ich sie an ihrem Kragen packe und zu einem innigen Kuss zu mir ziehe den ich nie wieder beenden will. Sie erwidert ihn und beugt sich über mich während ich mich in die Kissen des Krankenhaus Bettes fallen lassen. Im Nächsten Moment öffnet sich die Tür meines Krankenzimmers und eine alte Dame im Rollstuhl fährt in den Raum. „Nehmt euch ein Zimmer!" ruft sie mit einer krächzenden Stimme und fährt an uns vorbei Richtung eines Bettes auf der Fenster Seite des Raumes. Fragend und mit erröteten Wagen sieht mich Jo an. „Das ist Miss Smith. Meine Bettnachbarin. Sie ist hier um ihren künstlichen Darmausgang wieder entfernen zu lassen," erkläre ich ihr flüsternd. Jo zieht eine Grimasse und setzt sich dann auf. „Ich werde dir ein paar Klamotten zum wechseln bringen. Mum sagt, du sollst noch ein bis zwei Tage zur Beobachtung hierbleiben. Wehe du setzt ein Fuß aus diesem Bett!" Mit diesen Worten verabschiedet sie sich, wirft mit einen Luft Kuss zu und verschwindet durch die Tür
2 Tage später
Mit zusammengezogenen Augenbrauen und einer Reisetasche über der Schulter steige ich aus dem Taxi und schaue auf den großen Apartment Komplex, in dem sich auch Jo's befindet. Eigentlich wollte sie mich vor einer Stunde vom Krankenhaus abholen, aber nachdem sie nicht auftauchte und auch auf keine meiner Anrufe reagierte beschloss ich einfach ein Taxi zu nehmen. Mit Sorgenfalten auf der Stirn durchquere ich den Empfang und begebe mich zu den Aufzügen die sich meiner Meinung nach nicht schnell genug nach oben bewegen. Wo ist sie nur? Sorge macht sich in mir Breit, denn das letzte Mal als eine von uns nicht erreichbar und auffindbar war, wurde ich entführt und geschlagen. Meine Finger umspielen nervös die Keycard ihres Apartments während ich den Gang zur richtigen Tür entlang laufe. Ich habe mein Ziel erreicht, höre das Piepen der sich entriegelnden Tür und betrete das Apartment. Ein seltsamer viel zu süßlicher Duft stößt mir entgegen und im nächsten Moment erreicht das Geschrei einer hitzigen Diskussion meine Ohren. Als ich aufsehe sehe ich Jo mit Talia diskutieren, wobei letztere nur einen Reizbademantel trägt und plötzlich seh ich rot. „Ach da kommt ja das Flittchen, dass mit meiner Verlobten vögelt."
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you left my heart alone
Ficción GeneralSequel zu Leave my heart out of this, welches nicht unbedingt gelesen werden muss, um die Story zu verstehen. Dennoch würden wir es empfehlen, da sich einige Zusammenhänge sonst nicht erschließen. Fast 5 Jahre sind vergangen, seitdem Jo Hailey einen...