Kapitel 9

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Mut ist Widerstand gegen die Angst, Sieg über die Angst, aber nicht Abwesenheit von Angst.

-Mark Twain (eigentlich Samuel Langhorne Clemens, US-amerikanischer Erzähler und Satiriker)

Ich habe es mir hier gemütlich gemacht. Mit einer Tasse Pfefferminztee in der Hand und einer Decke um mich herum geschlagen. Im Rudelhaus ist es ziemlich gemütlich, vor allem hier oben in einem der Türme. Ich habe keine Ahnung wer es sieht hier gemütlich gemacht hat, aber dieser Stuhl ist für dieser Stelle gemacht. Es ist ein alter Ohrensessel in pink, was vielleicht vor Jahren eine knallige Farbe war, ist jetzt von der Sonne verblasst. Nicht wirklich meine Farbe für einen Sessel, aber irgendwie passt es hier zu dieser kleinen, abgeschiedenen Stelle im Rudelhaus. Die Decken und Kissen, die hier verteilt liegen, sind auch in knalligen Farben gehalten.

»Oh, entschuldige. Ich wusste nicht das jemand hier ist. Dieser Ort im Haus ist mein Rückzugsort. Aber es ist sicher genug Platz für einen zweiten Sessel da.«, begrüßt Olivia mich überrascht. Sie hat ihre Braunen Locken hoch gesteckt. In der Hand hält sie ein Skizzenbuch mit etlichen Bundstiften.

»Ich sollte wohl diejenige sein, die sich entschuldigt. Ich habe dir deinen Stuhl geklaut.«, meine ich, stehe auf und lasse die Decke von meinen Schultern gleiten. »Ich habe bloß einen Ort gesucht, wo ich zur Ruhe kommen kann. Ein wenig für mich alleine sein kann.«

»Rückt dir Ellias zu sehr auf die Pelle? Ich kann fragen ob Hunter mal ein ernstes Wörtchen mit ihm redet oder aber Lorcan , wenn dir das lieber ist. Obwohl der junge nicht wirklich das Rückgrat dazu hat, aber er würde dann entweder Hunter um Hilfe beten oder aber seinen Onkel Marcus. Lorcans Rückgrat kommt aber noch. Wir sind auf einem guten Weg mit seinem Selbstwertgefühl. Wie geht es eigentlich Eufrosinia, ich habe gehört, dass die Jungs gekreischt haben wie kleine Mädchen. Vor allem Rowan und dein Gefährte. Ist das Pfefferminztee?«

»Ja, das ist Pfefferminztee.«, erwidere ich überrumpelt und sehe auf die Tasse hinunter. »Dein Gefährte und dein Sohn müssen nicht mit Ellias reden, aber danke für das Angebot.«

»Lorcan ist nicht mein Sohn. Wir sind seine Pflegeeltern oder eher seine Adoptiveltern.«, seufzt Olivia wobei sie sich gegen die Fensterbank lehnt. Ihre Zeichensachen legt sie auf die Fensterbank neben sich ab. Missmutig starrt sie aus dem Fenster. »Sein eigentlicher Vater ist Jules Ferana und Marcus ist sein leiblicher Onkel, er ist der Bruder von Jules Ferana. Womit er es nicht leicht hatte.«

»Das weiß ich alles. Eufrosinia hat nicht viel ausgelassen.«, gestehe ich mit einem schulterzucken. Ich stelle mich neben ihr und sehe auf die beiden Kinder, die im Garten umher rennen. »Genauso das du Menschlich bist und als Näherin tätig bist. Eufrosinia ist sehr informative gewesen. Cailey und Lothar nicht wahr?«

»Ja, das sind Cailey und Lothar, die Kinder von Paige und Sergio. Hat sie dir wirklich alles erzählt? Alles was hier in den letzten Monaten und davor geschehen ist? Wieso bist du erst so spät hier aufgetaucht, wenn du schon vorher gewusst hast, das Ellias dein Gefährte ist. Warum bist du ihm nicht in irgendeiner Stadt oder Café begegnet? Wäre das nicht einfacher gewesen?«

»Vielleicht, aber vielleicht auch nicht. Sobald einer von euch etwas über meine Magie gehört hätte, wäre es doch genauso gewesen wie es jetzt ist. Ich habe den Weg gewählt, der mir gefallen hat. Ellias ist mein Gefährte und das kann ich nicht ändern.«

»Ja wir haben uns in der Stadt getroffen und nur durch Jules Ferana habe ich herausgefunden, dass es Werwölfe gibt«, lacht Olivia mit einem Kopfschütteln. »Die beiden sind meine Welt geworden.«

»Und trotzdem willst du deine Welt erweitern?«, erkundige ich mich bei ihr und schenke ihr ein kleines lächeln.

»Ich weiß nicht was du meinst.«, schüttelt Olivia schnell ihren Kopf und sieht mich mit großen Augen an. »Ich meine, natürlich sind alle anderen hier im Rudelhaus mir auch wichtig. Aber das mit Hunter und Lorcan ist anders.«

»Das habe ich auch nicht gemeint und das weißt du auch. Wieso hälst du sonst eine Hand vor dem Bauch, wenn du dir die Kinder ansiehst. Das ist mir jetzt schon öfter aufgefallen.«, erwidere ich wobei ich auf ihre Hand deute, die auf ihrem Bauch liegt. Olivia sieht betroffen weg.

»Wir versuchen es seit einigen Monaten, aber bisher hat es noch nicht geklappt.«, gesteht Olivia mit einem seufzen. Sie drückt sich an mich vorbei und lässt sich in den Sessel fallen. »Es ist noch keinen aufgefallen. Sag den anderen bitte nichts. Wir haben es zwar mit Lorcan besprochen, aber wir wollen unsere Pläne nicht an die große Glocke hängen.«

»Ich werde es keinem sagen, keine sorge, das verspreche ich dir.«, verspreche ich Olivia mit fester Stimme. »Aber sollte es Probleme geben, kann ich euch mit meiner Magie sehr wohl unterstützen. Das w-«

»Nimm es mir nicht übel, aber ich weiß nicht wie Geistermaie da helfen soll oder eine andere Art von Magie, außer vielleicht Naturmagie.«, unterbricht Olivia mich hastig wobei sie mit dem Kopf schüttelt. Sie sieht mich aus ängstigen Augen an. Natürlich glaubt sie, ich kann ihr nur mit meiner Geistermagie helfen. Nur weil Hexen eine Art von Magie bevorzugen heißt es noch lange nicht, dass wir keine andere Magie praktizieren können.

»Ich wusste nicht das du ein Geisterbaby willst, aber ich kann meine Eltern fragen und wir sehen mal, wie das so klappt.«, sage ich mit ernster nachdenklicher Stimme während ich Olivia ernst ansehe. »Aber ich dachte da eher an einen Zauber, der Hunters und deine Fruchtbarkeit verlängert. Oder vielleicht eher einen Zauber, der eure Fruchtbarkeit aufeinander abstimmt. Es gibt etliche Kräuter Mischungen die auch helfen können. Kauf jetzt bitte keine im Internet, ich mische sie dir. Es ist bloß ein Angebot, du kannst ja darüber nachdenken und es vielleicht gegenüber Hunter erwähnen. Ihr müsst ja nicht in den nächsten Tagen schon schwanger werden, dass geht auch in einem oder zwei Jahren. Aber wenn es wirklich so dringend ist, es gibt einige Blutzauber die ich mit euch sprechen kann.«

»Blutzauber?«

»Ja Blutzauber. Du weißt schon, dunkle und schwarze Magie mit Menschenopfer und Hexen die nachts Nackt unter dem Vollmond tanzen.«, lache ich und wedel dabei kindisch mit meinen Armen.

»Lieber nicht. Ich möchte dich nicht Nackt sehen. Auch nicht bei Vollmond.«, erwidert Olivia lachend. »Aber auf diese Kräutermischungen komme ich vielleicht zurück. Hunter und ich versuchen es noch nicht solange. Es hat noch Zeit, trotzdem danke.«

»Olivia? Marianne? Hallo, hört mich einer von euch?«, schreit Keith die Treppe hinauf. Mit lauten, dumpfen Fußstapfen rennt er die Treppe hinauf bevor eine von uns antworten kann. Außer Atem bleibt er im Türrahmen stehen. »Deine Eltern sind da, Marianne und sie fragen nach dir. Die restlichen Gäste des Kriegsrudels sind glaub ich, auch wenig begeistert von unserem Rudel.«

»Marianne! Beweg deinen Arsch hier runter! Wenn ich hoch kommen muss, dann versohl-«

»Ich komme!«, unterbreche ich meine Mutter. Nur sie würde in einem fremden Gebäude herum schreien. Wenigstens kennen alle ihren Charakter von Anfang an. Ellias wird es nicht leicht haben.

»Beeil dich! Ich warte schon einige Minuten! Deinen Gefährten habe ich auch noch nicht kennen gelernt!«, schreit sie zurück.

»Sag ihm bitte bescheid, Keith. Olivia du kannst mich jeder Zeit dazu ansprechen und dein – er auch.«, verspreche ich ihr, ohne das Keith direkt bescheid weiß. Hoffentlich habe ich ihn mit dieser Geheimniskrämerei nicht neugierig gemacht. Ich schlüpfe an Keith vorbei die Treppe hinunter.

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Mittwoch,  der 13 April 2022

RudelgeheulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt