Kapitel 5

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Kathy Frustration kannte keine Grenzen. Wie konnte ein Mensch mit so wenig Empathie diesen Job ergreifen und dann angeblich noch als einer der Besten?
Die S-Bahn rumpelte durch die Dunkelheit. Der Mann neben ihr schlief, während ein paar Jugendliche vor ihr, laut Musik aus der Beatbox schallen ließen.
Sie liebte die Stadt, das pralle Leben, das sich hier vermischte.
Kathy war dem kleinen Dorf, in dem sie geboren war, lange entwachsen und dennoch sehnte sie an solchen Tage in die behütete Umgebung des 140 Seelenorts zurück.

Eine lautstarke Diskussion unterbrach ihre Tagträumerei.
Die Fahrscheinkontrolle war soeben zugestiegen und scheinbar konnten sie der musikalischen Untermalung nicht viel abgewinnen.
Kathy griff in Ihre Handtasche. Mist, ihre Studentenkarte befand sich nicht an dem gewohnten Platz.
Panisch schaute sie, sich um. Noch 2 Stationen bis zum Ausstieg. Wenn man sie beim Schwarzfahren erwischen würde, nicht auszumalen.
Die Kontrolleure waren noch mit den Jugendlichen beschäftigt. Vielleicht würden Sie ihre Flucht nicht bemerken? Langsam schlich sie in den hinteren Teil des Wagens. Die S-Bahn bremste kurz ab und kam quietschend zum Stehen.
Nur eine handvoll Leute stiegen ein und aus, daher ging die Fahrt relativ schnelle weiter. Noch 1 Station und ihr Herz schlug ihr bereits bis zum Hals. In ihrem Kopf dröhnten die Worte: „Du verhältst dich wie ein Verbrecher."
Gerade als sich der kleine Tumult legte, bremste die Bahn erneut. Mit schweißnassen Händen und dröhnend Kopf glitt sie aus der Bahn in die kühle Nacht.

„Was für ein Tag!" Kathy steckte die iPods ins Ohr, klappte den Kragen ihrer Jacke nach oben und machte sich auf den Rest des Weges.
Schon von Weiten war zu sehen, dass die WG hell erleuchtet war.
„Nicht das auch noch. Ich will doch heute einfach nur noch meine Ruhe!"
Dass dies angesichts der Musik und des Stimmengewirrs aus der WG schwer werden würde, war ihr bereits im Treppenhaus klar.

Gerade als sie den Schlüssel in das Schloss stecken wollte, öffnete sich die Tür.
„Ach, unsere verlorene Seele kehrt heim!" Ok, das Glas, welches sich in Lauras Hand befand, war definitiv nicht ihr 1.
„Hallo, kann ich bitte durch?" Wenn Kathy jetzt auf etwas ganz bestimmt keine Lust hatte, dann war es auf angetrunkene Freunde.
„Hey, du Miesepeter. Wir haben doch extra für dich, jemanden besonderes eingeladen." Während Laura noch sprach, drehte sich Kathy ihr Magen bereits um.
„Ihr werde doch nicht...?" Bevor der Satz beendet war, drang schon seine Stimme an ihr Ohr und verursachte sofort eine Gänsehaut.

„Guten Abend, Baby!" Die dunkle Stimme von Michael würde sie auch in einem Raum von 1000 Menschen erkennen. „Langen Tag gehabt?"
„Kann man so nennen und daher würde ich jetzt gern in mein Zimmer gehen."
„Jetzt komm schon, Kathy. Lass uns was trinken und das Leben genießen. Sei nicht immer so prüde." Mit einem Klaps auf ihren Po unterstrich Laura diese Aufforderung.
„Prüde? Ich bin nicht prüde, verdammt. Nur müde und ich habe keinen Bock auf IHN!" Der Frust des Tages bahnte sich seinen Weg.
„Wenn ihr meint, gleich mit den jeden im Karton landen zu müssen, dann bitte. Ich nicht!"
„Du bist doch prüde und hältst dich wohl jetzt für etwas bessere, dank deiner tollen Mutter und deiner Herkunft." Ihre beste Freundin stand mit den Händen in der Hüfte vor ihr. Hatte sie das gerade wirklich gesagt? Die, die genau wusste, dass es alles andere als rosig mit ihr Mutter war.
„Und übrigens heißt es Kiste, nicht Karton!" Während schallendes Gelächter ausbrannte, stiegen Kathy die Tränen in die Augen.
Noch nie hatte sie jemand so gedemütigt.
„Macht, was ihr wollt!" Presste sie mit Mühe hervor.
„Ja wir leben Prinzessin!" Der Rest ging in tosenden Beifall unter, während Kathy ihre Tasche griff und fluchtartig die WG verließ.

Was um alles in der Welt hatte sie den verbrochen.
Erst gerät sie in eine Party, die komplett aus dem Ruder lief, dann beobachte sie wahrscheinlich ein Mord. Als Nächstes muss sie sich mit einem Arschloch von Polizisten herumschlagen nur, um fast beim Schwarzfahren erwischt zu werden und als wenn das nicht genug wäre, wurde sie von ihr besten Freundin völlig bloßgestellt.
Nein Korrektur: ehemals beste Freundin!

Wütend wischte sie die Tränen von den Augen.
Was sollte sie jetzt tun. Sie wusste nicht, wohin geschweige den wo sie schlafen sollte.
„Egal, zurückgehe ich auf keinen Fall!"
Mittlerweile hatte sie auch keine Ahnung, wo sie eigentlich war. Wie unter Schock war Kathy einfach gelaufen. Wie lange und wie weit? Sie wusste es einfach nicht.
Ein blickendes Licht zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. „Bar" leuchtete in verschieden Farben über der gesamten Hauswand.
„Ok, erst mal besser als nichts!"
Kathy öffnete die Tür und trat vorsichtig ein. Nicht das, wo sie sich normalerweise aufhalten würde, aber was war im Augenblick schon normal?
Sie ließ sich in einer Nische nieder und schlug die Karte auf.

„Oh, ein neues Gesicht in diesem edlen Lokal!" Eine ältere Dame stand plötzlich vor Kathy. Ihr Gesicht war von Falten übersät und erzählte von einem harten Leben.
„Hallo, ich hätte gern ein Bier!" Sie versuchte ihre Stimme so selbstsicher klingen zu lassen, wie nur möglich.
„Klar Süße, aber pass auf. Für die meisten Augen in dieser Hölle bist du deine Klamotten bereits los." Während sie sprach, entblößte sie eine Reihe von schiefen Zähnen, die schon die eine oder andere Lücke vorweisen konnte.
„Danke für den Tipp, ich passe auf." Kathy rutschte langsam tiefer in die Nische.
„Ein Bier, kommt sofort." Und schon war die Dame verschwunden.

Kathy zog ihre Tasche auf den Schoss und begann zu suchen.
„Da seit ihr ja!" Die Zigaretten landete auf dem verkratzen Holztisch. Ja eine schlechte Angewohnheit. Aber immer, wenn sie Stress hatte, forderte die Sucht ihren Tribut.
Gierig zog sie den Rauch ein, nur um ihn gleich in einem Hustenanfall wieder auszustoßen.
Endlich kam ihr Getränk, welches sie gleich in einem Zug leerte.
„Ganz schöner Zug, junge Dame. Das hätte ich Ihnen nicht zugetraut!"
„Es scheint normal zu sein, dass mich alle unterschätzen! Ich hätte gern noch eins!"
„Klar, mach aber langsam, Mädel. Das kann böse enden!" In den Augen der Dame lag echte Besorgnis.
„Danke, aber heute ist mir das egal!" Kathy zündet sich eine 2 Zigarette an. Egal was kommen würde, es interessiere doch eh keinen.
Wie, um ihr das Gegenteil zu beweisen, meldete sich plötzlich ihr Handy.
Im Display erschien Lauras Nummer.
„Nein, ganz bestimmt nicht du!" Kathy ließ das Handy zurück in die Tasche gleiten.

Auch das 2 Bier verschwand auf EX, genauso wie das 3 und 4.
Als der Alkohol seine Wirkung entfaltete, legte Kathy einen 50 Euroschein auf den Tisch in der Hoffnung, dass es reichen würde.
Die leere Zigarettenschachtel würdigte sie keines Blickes, als sie schwanken die Nische verließ.
Plötzlich stellt sich ihr ein Mann den Weg. Sein Geruch verursachte Übelkeit und Kathy versuchte ihm auszuweichen nur, um mit dem nächsten zusammenzustoßen.
Ehe sie sich versah, war sie von Gestalten umzingelt und von der netten alten Damen war nichts mehr zu sehen.
Kalter Schweiß bedeckte ihren Rücken, aber ihre Knochen waren bleischwer. Gerade als sich der Kreis immer enger um sie schloss, hörte sie ein 2 Mal an diesem Abend eine bekannte Stimme.

„Finger von der Frau!" Seine Stimme schnitt durch die verrauchte Luft, doch niemand reagierte.

„Pfoten weg, habe ich gesagt!" Laut und unnachgiebig, doch vor allem bedrohlich. Nein, das war keine Bitte mehr.Der Kreis öffnete sich und Kathy wankte nach draußen.
„Ach Mensch, kein bisschen Spaß, darf man haben" Einer der Männer ließ seine Enttäuschung über das verpasste „Date" freien Lauf.
Die Faust traf sein Gesicht völlig unvorbereitet.
„Hey, lass gut sein!" So plötzlich wie sie verschwunden war, ist die alte Dame wieder auf der Bildfläche erschienen.
„Kümmere dich lieben um das Mädchen! Ryain!"

Das rote BandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt