Kapitel 39

13 3 0
                                    

„Es fing schon an, bevor du auf so wundersame Weise zu uns gestoßen bist

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

„Es fing schon an, bevor du auf so wundersame Weise zu uns gestoßen bist. Es war nie wirklich ernst. Wir haben einmal aller paar Wochen einige Wörter gegenüber verloren. Nur die Blicke- die Blicke waren immer da und sie waren aussagekräftig.", Yannik hatte sich mir gegenüber gesetzt. Er schaute mich nicht an, sondern sah mit leerem Blick in den Raum. Er war mit den Gedanken vollkommen in der Vergangenheit.

„Und dann kamst du. Aus dem nichts bist du aufgetaucht und du warst mir so ähnlich. Ständig warst du in meiner Nähe und hast den Kontakt zu mir gesucht. Natürlich hat es mir geschmeichelt, dass du so offensichtlich Gefallen an mir gefunden hast. Als wir uns dann das erste Mal geküsst haben, sah ich das als Neustart an. Mit einer Frau eine Zukunft anzufangen, die keinen Adelstitel hatte. Die einfach normal war."

Es war zum kaputtlachen. Was war an mir schon normal?

„Du hasst die Königsfamilie... lag es an deinen Gefühlen für Emilie?"

„Oh nein!", er lachte bitter auf, „ich kann die königliche Familie aufgrund einer anderen politischen Anschauung nicht leiden. Das hat nichts mit Emilie zu tun. Obwohl es natürlich ein Schock für mich war, als ich spürte, dass ich Gefühle für sie habe. Ich wollte es wirklich nicht einsehen."

„Was ist passiert, dass es soweit gekommen ist?"

„Als wir beide also zusammen gekommen sind, habe ich versucht, nicht mehr an Emilie zu denken. Ich wollte mich voll und ganz auf dich fokussieren. Anfangs hat das auch ganz gut funktioniert. Doch, nie konnte ich sie gänzlich aus meinen Gedanken streichen. Immer wieder sind wir uns begegnet, sind umeinander herumgeschlichen und haben versucht, die Gedanken des anderen zu lesen."

Wie konnte es nur sein, dass ich von all dem nichts mitbekommen habe? War er morgens statt in den Waldabschnitt manchmal durch das Schloss gewandelt, in der Hoffnung auf Emilie zu stoßen? Was war noch passiert, ohne, dass ich eine Ahnung davon hatte?

„Dann kam der Punkt, an dem ich es nicht mehr aushielt. Ich musste sie einfach konfrontieren. Ich musste wissen, wo ich bei ihr stand, auch wenn es wohl möglich bedeutete, dass sie mir vor den Kopf stoßen würde. Ich traf sie auf der Treppe zu ihren Gemächern. Ich fackelte nicht lange, sondern sagte ihr, dass es eine Qual für mich sei, mir nicht sicher sein zu können, wie sie für mich empfand. Erst war sie zurückgeschreckt. War abweisend und wollte sich an mir vorbeidrängen. Dann aber schaffte ich es, die Wahrheit aus ihr herauszubekommen. Und ich hatte recht gehabt!", seine Augen wurden von einem seltsamen Funkeln berührt, der mir so völlig fremd an ihm war, „ich hatte recht. Sie empfand für mich ähnlich. Als uns beiden bewusst wurde, dass unsere Gefühle übereinstimmten, waren wir unendlich glücklich. Zumindest für einen kleinen Augenblick.", das Funkeln erlosch und sein Gesicht fiel in einen tiefen Schatten, „dann wurde sie zurück in die Realität gebracht. Sie war nicht länger glücklich, sondern beinahe aufbracht. Sie meinte, dass sie dir das niemals antun könnte und, dass sie ein Monster sei. Sie müsste dich beschützen. Sie wurde richtig wütend, schlug ausladend mit den Händen um sich... und dann tat sie einen Schritt nach hinten... wir standen auf der Treppe, Daya. Ich griff nach ihr, spürte wie der weiche Samt aus meinen Fingern glitt. Dann stürzte sie.", für einen Moment schwieg er.

Langsam konnte ich seine Geschichte mit meinem Wissen verknüpfen. Allmählich verstand ich, worauf er hinaus wollte.

„Deswegen ist sie die Treppe heruntergestürzt."

„Es war brutal.", er erschauderte, „Ich bin zwar noch nicht lange Arzt und doch würde ich sagen, dass ich schon einiges gesehen habe. Schlimmste Verbrennungen, bis auf den Knochen aufgerissene Beine, Leichen.", er schüttelte den Kopf, „uns wird im Studium beigebracht, wie mir mit derartigen Situationen umzugehen haben. Uns werden Kniffe gezeigt, mit allerlei Verletzungen umzugehen. Uns werden Phrasen in den Mund gelegt, wie wir am besten mit Angehörigen sprechen. Doch kein Mensch hat uns auf eine Eventualität vorbereitet, dass vor uns eine geliebte Person verblutet. Im Alltag haben wir Patient eins, zwei und drei. Natürlich geben wir ihnen nicht das Gefühl, bloß eine Zahl zu sein. Doch wir behalten einen gewissen Abstand. Wenn sie sagen, sie haben Schmerzen, geben wir ihnen ein Schmerzmittel. Damit ist der Fall für uns erledigt. Wir können doch auch nicht mit jedem Patienten mitfühlen. Das würde uns früher oder später unsere seelische Gesundheit kosten.", er hielt es nicht mehr aus, zu sitzen.

Er stand auf und begann wieder, durch den Raum zu gehen und somit seine Gedanken zu ordnen.

„Das Mitleiden wird ausgestellt. Doch, als ich Emilie dort auf dem Boden sah, hatte ich das Gefühl, ich sei selber von der Treppe gestürzt und wäre am Verbluten.", er hatte den Rücken zu mir gedreht, weshalb ich nicht sehen konnte, was sich auf seinem Gesicht abspielte.
„Ich war wie in Schockstarre. Zum Glück konnte ich mich schnell wieder fangen und ihr helfen.
Als sie dann in ihrem Bett lag...- wohlbehalten und am Leben... da wusste ich es einfach.", jetzt schaute er mich wieder an. Auf seinem Gesicht war ein einziges Wort geschrieben: Glück.

„Daya, ich liebe diese Frau.", wie lange ich gewartet hatte, damit er genau dieselben Worte zu mir sagte, „ich liebe sie und ich sehe es als Geschenk an, dass sie ebenso für mich empfindet.
Wie du weißt, bin ich ihr seit dem Unfall nicht mehr von der Seite gewichen. Ich musste einfach wissen, dass es ihr gut geht. Was danach passiert ist, ist Geschichte. Gestern Abend haben wir uns das erste Mal geküsst. Natürlich hatte sie ein furchtbares Schuldbewusstsein. Ich versprach ihr, mit dir zu reden. Doch, als ich hier ankam, war von dir keine Spur. Stattdessen überall leere Teller und Alkohol. Ich habe im übrigen sehr gerne sauber gemacht.", sein plötzlicher Themenwechsel machte mich ganz verrückt im Kopf. Ganz offensichtlich war er nun fertig mit seiner Geschichte und hatte nicht weiter vor, darüber zu reden. Da hatte er jedoch nicht mit mir gerechnet. Ich hatte definitiv noch Sprechbedarf.

„Ich kann es gar nicht fassen, dass ich nichts geahnt habe."

„Mach dir keine Vorwürfe. Du warst schließlich auch abgelenkt.", wollte er damit auf Darian anspielen? War Darian tatsächlich der Grund, weshalb mein Plan, Yannik zu verführen, von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen war?

Ich wollte es nicht wahr haben. Ich wollte Darian wirklich aus dem Spiel lassen. Besonders jetzt, wo seine Hochzeit und damit einher die Ablauffrist meiner Aufgabe gefährlich nahe rückten.
Doch, ungehindert meiner persönlichen Gefühlslage, konnte ich es nicht weiter leugnen:
Darian war ein zentraler Charakter in dieser Geschichte.

„Ich glaube, ich muss zu Darian.", ich sprang abrupt auf und war schon halb an der Tür. Meine Kleidung konnte ich auch später abholen.

„Warte!", hörte ich es hinter mir rufen.

Ich drehte mich überrascht um und blickte in ein eindringliches Gesicht.

„Daya, kann ich dich um einen Gefallen bitten?", ich antwortete nicht, was er als Ermutigung sah, sich weiter vor zu wagen, „ich muss wieder zu Emilie.", ich verstand nicht ganz, „der Krankenflügel kann nicht unbewacht sein. Du hast in den letzten Wochen dort sehr gute Arbeit geleistet. Bitte hilf mir noch heute aus. Ab morgen finde ich einen anderen Weg. Nur noch heute."

Ich sah in sein aufgewühltes Gesicht und wusste sofort, dass ich seine Bitte nicht ablehnen würde. Vielleicht hätte ich nachtragender ihm gegenüber sein müssen. Vielleicht hätte ich empört über seine Bitte sein müssen. Doch in Wirklichkeit war es mir einfach nur egal. Ich war selber erstaunt darüber, wie wenig ich unter seinem Verrat litt. Viel schlimmer war dahingegen Emilies Rolle für mich. Denn ihr hätte ich so etwas niemals zugetraut.

„Es ist in Ordnung. Ich kümmere mich um den Krankenflügel.", nicht so schlimm, dann konnte ich eben erst heute Abend mit Darian sprechen. Immerhin hatte ich dann Zeit, mir zu überlegen, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte.

„Und Daya, bitte sprich mit Emilie.", ich konnte es nicht verhindern, dass sich mein Gesicht selbstständig machte und in eine Grimasse verschob, „ich weiß, es fällt dir schwer, aber du bist Emilie sehr wichtig."

Ich wusste nicht, wie ich auf diese Aussage reagieren sollte. Deshalb versuchte ich meine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle zu bekommen, nickte ihm kurz zu und machte mich dann auf den Weg Richtung Krankenflügel.

Just three WordsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt