🍋 Yanfei x female Reader 🍋

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Der Brief kam vor zwei Tagen in aller Frühe. Seit dem hatte ich ein flaues Gefühl im Magen. Die Nacht von gestern auf heute war schlimm gewesen, ich hatte nicht viel geschlafen. Aber meine Nervosität überdeckte den Schlafmangel. Nach Außen hin wirkte ich vielleicht selbstbewusst, aber in mir herrschten die unterschiedlichsten Gefühle. Draußen war es bereits warm, über den Tag hin würden die Temperaturen wahrscheinlich in die Höhe schießen. Am Himmel erblickte man keine einzige Wolke und die steinernen Straßen Liyues schienen so hell, wie noch nie. Ich hatte bereits die Treppen zum Gerichtsgebäude passiert und drehte mich noch ein letztes Mal um. Links von mir sah man die Felsen von Tianheng, sie waren riesig, wirkten aber keines Falls bedrohlich. Rechts befand sich das Meer, welches mir entgegen glitzerte. Ich seufzte und atmete tief ein.
Hoffentlich wird es nicht so schlecht ausfallen, dachte ich. Eigentlich erwartete ich das Schlimmste.

Die Dame am Empfang war alt und blickte nicht auf als ich mich vorstellte. Ihre Augen hafteten nur an den Papieren vor ihr.
"Ja, gehen Sie den Gang vorne links durch bis zur hintersten Tür. Ihre Rechtsberaterin und die Staatsanwältin warten bereits", sagte sie genervt. Ich verabschiedete mich und setzte meinen Weg fort. Der Flur war mit vielen Türen besetzt und ab und zu befanden sich Bilder an der Wand. Es waren alles Ölgemälde, die hauptsächlich die unterschiedlichsten Landschaften von Liyue zeigten. Ich lief sehr langsam, wahrscheinlich wollte ich unbewusst Zeit schinden. Als ich vor meinem Zielort zum stehen kam zögerte ich erst etwas, bevor ich klopfte. Ich hörte ein sanftes "herein" und öffnete die Tür. Es war nicht unbedingt ein großer Raum, der sich vor mir offenbarte. Der dunkelrote Teppigboden wirkte gemütlich und die Wallnussholzmöbelierungen gaben dem Ganzen einen wunderbaren Akzent. Die Wand mir gegenüber beherbergte ein großes Fenster, welches fast die komplette Seite ausfüllte. Vor dem Fenster befanden sich mehrere Rollos, die zugezogen waren, denn die Morgensonne schien direkt hinein. Das übrige Licht, was noch hin durchscheinen konnte, warf viele leuchtende Streifen.
"Guten Tag, y/n. Es ist ja noch gar nicht solange her", begrüßte mich meine Rechtsberaterin Yanfei. Sie saß auf einem von zwei Stühlen vor einem mächtigen Schreibtisch. Der größere Stuhl, der Sitz der Staatsanwältin dahinter, war leer.
"Hallo. Ist die Staatsanwältin noch nicht nicht da?", fragte ich nervös.
"Nein, sie ist bis jetzt noch nicht eingetroffen."
Ich freute mich insgeheim, denn die Staatsanwältin konnte mich noch nie sonderlich leiden. Yanfei rückte den Stuhl neben sich nach hinten und wies mit ihrer Hand auf ihn. Ich setzte mich.
"Das ist gar nicht mal so schlecht, da kann ich vorher nochmal mit dir alleine reden", meinte sie zu mir. Ich nickte. Yanfei war immer gut zu mir gewesen und hatte jedes Mal meine kleinen Straftaten ausgebügelt, sie wollte nie eine Gegenleistung.
"Es tut mir leid-", fing ich an, aber Yanfei unterbrach mich.
"Du musst dich nicht entschuldigen. Was passiert ist, ist passiert." Ich schaute beschämt zur Seite.
"Ich weiß nur nicht, ob die Frau Staatsanwältin diesmal, zum dritten Mal, ein Auge zu drücken wird", erklärte sie mir.
"Du stehst in der Schuld und deine Strafe wird sicherlich erhöht werden. Ich meine, du hast dich ja wieder erwischen lassen." Der Grund, warum ich überhaupt vorgeladen wurde, war eine Anzeige des wiederholten Diebstahls. Man hatte mich beim Klauen auf dem Markt erwischt. Ein paar Wachen Vorort nahmen mich fest und erfassten meine Daten. Es dauerte nicht lange bis zum Gerichtsbrief. Ich seufzte.
"Was mache ich denn jetzt? Yanfei, du weißt ich kann mir das finanziell gar nicht leisten", sagte ich zu ihr und starrte auf meinen Schoß.
"Dann musst du eben Sozialstunden machen", antwortete sie. Ich hatte keine Lust auf Sozialstunden, alles was mit überflüssiger Arbeit zu tun hatte war mir zuwider. Yanfei wusste dies. Sie erhob sich aus ihrem Stuhl und lief im Raum grübelnd herum. Ich betrachtete nur weiterhin meine Hände, die auf meinen Oberschenkeln ruhten.
"Die zu zahlende Strafe wird sicherlich bei circa 20.000 Mora liegen", sagte sie dann.
Ich erschrak als die Summe des Geldes hörte.
"Warum so viel? Ich habe doch nur einen Apfel geklaut!", fragte ich schockiert nach.
"Na ja ganz ein Apfel war es nicht. Da waren noch die Dämmerfrüchte aus Mondstadt und-", ich redete dazwischen, "Okay okay, das reicht." Ich wollte nichts weiter dazu hören. Yanfei kicherte und hüpfte hinter mich. Mit ihren Armen stützte sie sich auf meine Stuhllehne und sah mir über die Schulter. Ihr lachsfarbenes Haar kitzelte an meinem Nacken und ich hörte sie atmen. Ihre Nase befand sich dicht neben meinem Ohr, sie sah mich von der Seite an.
"Ich könnte dir finanziell aushelfen", sagte sie und war gespannt auf meine Reaktion. Es war kein Geheimnis, dass sie viel Geld verdiente. Ich verneinte sofort, ich wollte niemanden etwas schuldig sein, dadurch fühlte ich mich unfrei.

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