„Ich glaub, ich will wirklich nicht mit. Mein Kopf bringt mich um."
„Das sagst du jedes Mal. Und jedes Mal sag ich einfach nur ‚okay'." Meine beste Freundin schaut mich belustigt, aber auch ziemlich enttäuscht, an. Sie versucht immer ihre Gefühle zu verbergen und tut so, als wäre es absolut okay für sie, dass sie eine verkappte, antisoziale Chaotin als beste Freundin hat, aber ich weiß, dass es sie eigentlich ziemlich nervt.
„Wie wäre es, wenn du das dieses eine mal auch noch sagen würdest?"
„Wie wäre es, wenn du das dieses eine mal einfach mal mitmachen würdest?", ahmt sie meinen Tonfall nach und zieht eine Augenbraue nach oben.
„Ich komm nicht aus der Sache raus, oder?"
„Nein.", grinst sie, und hält mir eine Flasche Becks vor die Nase.„Danke, dass du mich gezwungen hast!", schreie ich meine beste Freundin an.
„Was?", keift sie noch lauter zurück. Der Bass zerstört fast unser Trommelfell, ich habe unheimlich Durst, aber meine Füße tanzen einfach weiter. Ich hatte noch nie so viel Spaß.
„Ist egal", lache ich sie an, sie grinst lediglich breit zurück, sie hat vermutlich keines meiner Wörter verstanden. Seit ich nach Korea gezogen bin, um dort zu studieren hatte ich noch nicht so einen Spaß. Zuhause war feiern für mich ein Hobby. Es hört sich infantil an, aber ein Mal im Monat bin ich mit meinen besten Freundinnen feiern gegangen. Vor dem Feiern in Seoul hatte ich immer unheimliche Angst. Auch das hört such infantil an, und um ehrlich zu sein auch ein wenig rassistisch, wenn ich so darüber nachdenke, aber ich hab mich aus Angst immer gedrückt. Mal hatte ich Kopfschmerzen, mal regelbeschwerden, mal eine Erkältung.
„Dein Handy!", schreie ich in die Richtung meiner besten Freundin. Sie hat ihr Handy in der Hand, beachtet es aber kaum, sie ist wie in Trance.
Ein fragender Gesichtsausdruck stiehlt sich auf ihr Gesicht. Ich nehme meinen Finger und zeige auf ihr Handy, welches gerade einen eingehenden Anruf anzeigt.
„Oh, warte", schreit sie, legt sich das Handy an ihr Ohr und ist schon in der Menschenmasse verschwunden.Toll. Richtig toll.
Ich bahne mir auch meinen Weg durch die tanzenden Leute und versuche, sie in der Masse auszumachen, aber erkenne bald, das das vergebene Lebensmüh ist. Ich stöhne genervt auf und mache mich in bester Hoffnung auf den Weg zu der Bar. Ich bestelle ein Getränk, keine Ahnung, welches, die Barkeeperin hat mir einfach eins hingestellt, nachdem ich mit meinem Finger symbolisierte, das ich eins will. Ich stürze den Shot herunter. Der vodka brennt und ich weiß in diesem Augenblick, das genau dieses Glas der Grund sein wird, warum es mir morgen früh ganz, ganz schlecht gehen wird.
In der Hoffnung, meine beste Freundin doch zu entdecken stelle ich mich auf meine Zehenspitzen und drehe mich einmal auf der Stelle um meine eigene Achse. Kurz bevor ich wieder bei meiner ursprungsposition angekommen bin sehe ich ihren haarschopf aufblitzen.
Ich drücke und winde mich an den tanzenden Gästen vorbei und remple hier und da aus Versehen jemanden an, aber bevor ich sie wieder verliere, will ich sie unbedingt erreichen.
„Entschuldigung", bringe ich in gebrochenem Koreanisch hervor, und tippe auf eine Schulter. Die Schulter ist unheimlich hoch, und ich musste mich schon strecken, um an sie heranzukommen.
„Oh, Entschuldigung", erwidert er sofort, als er sich umdreht. Seine dunklen Haare hat er sich hinten zusammen gebunden, ein paar Strähnen fallen ihm ins Gesicht.
„Ich müsste einmal vorbei, bitte", stotter ich. Es ist ganz schlimm, mein Koreanisch ist wirklich nicht gut. Gerade in der kurzen Zeit, die meine beste Freundin und ich nun hier sind, hat sich ihres bemerkenswert verbessert, während ich noch Probleme habe, meine tägliche Bestellung in dem Café zu ordern. Immer, wenn ich dann mal Koreanisch sprechen muss, und dann auch noch in Situationen, in denen mein Kopf nicht mehr ganz klar ist, und dazu noch jemand fremdes vor mir steht, übermannt mich die nervösität.
„Kein Problem", erwidert er, nimmt meine Schultern, dreht mich an sich vorbei. Ich blicke in das riesengroße grinsen meiner besten freundin.
„Sorry", meint sie immer noch grinsend zu mir, während sie selbst an ihrem Getränk nippt.
„Ach, schon gut", winke ich ab. Immerhin hab ich sie wiedergefunden.
„Hab Hyunjin getroffen", zuckt sie entschuldigend mit den Achseln.
„Ist wirklich gut.", beruhige ich sie, obwohl die Aktion natürlich nicht ‚wirklich gut' ist. Das weiß ich, das weiß sie.
„Ich hab einen Anruf bekommen von Jieun, die wollte mit ein paar Kumpels auch noch kommen. Bin gleich wieder da, geh nicht verloren!", ruft sie mir noch hinterher, als sie sich auf dem Absatz umdreht und zum zweiten Mal an diesem Abend in der Menge verschwindet.
„Hey!", versuche ich ihr noch hinterher zu rufen, halte aber sofort inne, es bringt eh nichts.
„Tja.", grinst er ein wenig verdattert.
„Tja.", sage auch ich, eher niedergeschlagen als verdattert.
„Ich glaub, das dauert. Komm.", meint er, als er auf die Bank neben ihm zeigt.
„Ich weiß nicht.", versuche ich ihn zu entmutigen. Natürlich ist er attraktiv, unheimlich attraktiv sogar, aber ich habe nicht das Bedürfnis, mir den erstbesten Mann aufzureißen.
„Ich weiß. Sorry. Personal Space und so.", kratzt er sich am Kopf.
„Personal Space und so.", nicke ich.
„Ich setze mich. Du kannst kommen.", und ich weiß, dass er da auch noch drei Stunden auf mich warten würde. Und genau deswegen setze ich mich auf die bequeme Bank neben ihm. Natürlich mit angemessen Abstand.
„Ich bin Hyunjin.", streckt er mir seine Hand entgegen, die ich leicht schüttle. Solche Gesten sind mir immer sehr unangenehm, keine Ahnung, warum. Mit seinem Kopf deutet er eine Verbeugung an, und aus unerklärlichen Gründen mache ich es ihm sofort nach.
„Und dein Name?"
„Mein Name ist viel zu umständlich."
„Versuchs doch."
Auf vehementes Drängen seinerseits erzähle ich ihm meinen Namen. Wir sitzen locker 10 Minuten miteinander, ich spreche ihm den Namen vor, er versucht ihn nachzusprechen, und verhunzt ihn jedes Mal.
„Nein, nicht so. So!", lache ich, als er meinen Namen schon wieder komplett falsch ausgesprochen hat.
„So?", fragt er, und versucht es nochmal.
„Nein, so!", lache ich, schon ein bisschen verzweifelt. Auch er lacht mit. Ein herzhaftes Lachen. Er wirft seinen Kopf nach hinten, hat die Augen geschlossen.
„Das wird nichts heute", schlussfolgert er immer noch lachend.
„Ich glaub auch.", Kicher ich, versuche mich aber, zurückzuhalten.
„Wie wäre es mit Nari?", fragt er, als er sich ein wenig beruhigt hat.
„Nari hört sich gut an."
Den ganzen Abend geht das schon so. Meine beste Freundin habe ich an dem Abend vermutlich noch drei oder vier mal gesehen, aber es war mir auch gleich. Ich war absolut glücklich.
„Ich weiß auch nicht."
„Wenn du es auch nicht weißt, dann rede, und wir finden es zusammen raus."
„Ich hab irgendwie immer Angst, wenn ich Koreanisch sprechen muss."
„Hast du Angst davor, das man dich nicht versteht?"
„Ach keine Ahnung. Ja, kann sein."
„Das brauchst du nicht. Immerhin unterhalten wir uns, und ich verstehe dich, und du mich."
„Ich weiß."
„Ich glaube, es ist was anderes."
„Versuchst du, mich zu analysieren?"
„Mag sein."
„Ich glaube, dass du Angst vor den Konsequenzen hast, wenn du einen Fehler machen solltest."
„Ich weiß auch nicht. In Korea ist alles so anders. Sie hat so schnell Anschluss gefunden und ich"
„Dann hast du noch nicht die richtigen Menschen getroffen."
„Oder ich bin die falsche Person für die richtigen Menschen."
„Auf gar keinen Fall. Du musst dich nie für die Menschen verbiegen"
„Aber das ist am einfachsten so."
„Kein Fluss verbiegt sich. Er bahnt sich seinen Weg überall hin. Egal, was ihm im Weg steht."
„Der fluss ist aber viel stärker als ich."
„Jeder Fluss beginnt in einer kleinen Quelle. Sie wird größer, ein Rinnsal. Ein Bach. Ein Fluss. Bis hin zum Ozean."
„Ich glaub, ich identifizier mich eher mit dem Rinnsal."
„Auch das kleine Rinnsal wird später ein mächtiger und wunderschöner Fluss. Und du wirst das auch."
„Da bist du dir so sicher?"
„Absolut."Meine beste Freundin steckte ihren Kopf in unsere kleine bubble.
„Komm, mein Rinnsal, jetzt gehts ab nachhause geflossen."
„Warte.", hielt hyunjin mich auf, gab mir sein Handy und ließ mich meine Nummer einspeichern.
Wir telefonierten beinahe jeden Tag. Manchmal war er sehr beschäftigt, manchmal ich. Manchmal trafen wir uns zum Essen gehen, manchmal einfach zum spazieren, manchmal zum Netflix and chill. Und, ohne es zu wollen, darauf hingearbeitet zu haben oder sonst was, kamen wir zusammen. Er sprach es einmal beim Spazierengehen an, ganz nebenbei.
„Warum eigentlich nari?", fragte ich meinen Freund, als wir wieder mal auf unserer Standartrunde im Park unterwegs waren.
„Nari heißt ‚Lilie'. Sie sind wunderschön."
Ich musste mir ein großes „Awwww" verkneifen, stellte mich auf meine Zehenspitzen, und gab ihm einen langen, gefühlvollen Kuss.
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Just think of it .. | imagines/ one shots bts/stray kids /kpop
FanfictionIch glaube, das ist der längste Titel, den ein Buch je hatte. Ich hab mich nach imagines gefühlt, vielleicht fühlt irgendjemand die ja mit mir .