Während ich in der milden Sommernacht auf Jans Nachricht in meinem Handy starrte, hatte ich schon längst aufgegeben meine Gedanken sortieren zu wollen. Irgendwie konnte ich das, was an diesem Tag alles passiert war, noch nicht wirklich fassen. Kurz darauf schaffte ich es jedoch, die Worte "Alles klar" in mein Handy einzutippen und die Nachricht an meinen Freund zu schicken. Als ich mich schließlich langsam auf den Nachhauseweg machte, mied ich bewusst den Trubel und die öffentlichen Verkehrsmittel. Langsam ging ich durch die vom Mondschein erleuchteten, menschenleeren Straßen der Stadt und nahm dabei auch den großen Umweg, den ich dabei machte, in Kauf. Immer wieder versuchte ich meine Gedanken zu ordnen, irgendwie eine rote Linie oder auch nur einen klaren Gedanken zu fassen, doch es gelang mir nicht.
Es war schon spät in der Nacht, als ich nach Hause kam. Meine Eltern schliefen bereits und ich bemühte mich, möglichst keinen Lärm zu machen. Gleich legte ich mich in mein Bett, doch meine Gedanken kreisten immer wieder um Luna. Was sie wohl von mir dachte? War sie enttäuscht, traurig oder vielleicht sogar sauer auf mich? Ich fühlte mich gleichzeitig dreckig und wütend, dass ich Clara jetzt mehr oder weniger schutzlos ausgeliefert war. Nach gefühlten Stunden sank ich schließlich in einen unruhigen Schlaf.
Am nächsten Morgen wachte ich um zehn Uhr auf. Ich hatte es am Abend zuvor nicht geschafft zu duschen, deshalb holte ich das jetzt nach und ging anschließend sofort nach unten, um zu frühstücken. Etwas lustlos goss ich mir Milch in eine Schüssel, um mir ein Müsli zu machen. An den Gesprächen meiner Eltern beteiligte ich mich nur widerwillig, meine Stimmung war logischerweise aufgrund der ganzen Ereignisse im Keller. Nach dem Frühstück verzog ich mich wieder in mein Zimmer und spielte lustlos einige Runden FIFA, um die Zeit irgendwie totzuschlagen.
Etwa eine halbe Stunde bevor ich bei Jan sein sollte nahm ich die Autoschlüssel und ging in die Garage. Meine Eltern waren die nächsten Tage zu Hause und brauchten das Auto nicht, also nutzte ich die Gelegenheit. Wie immer ließ ich während der Fahrt meine Spotifyplaylist laufen und fuhr so die knapp zwanzigminütige Strecke zu Jan. Bei ihm angekommen, parkte ich den Wagen in der Straße vor seinem Haus und klingelte schließlich wenig später an seiner Tür.
"Hey Bro, na, alles gut bei dir?" fragte er mich als er mir die Tür öffnete.
"Hey, alles gut. Also jedenfalls so gut, wie es mir in dieser Situation eben gehen kann." erwiderte ich und trat herein.
Wir gingen die Treppen hoch in Jans Zimmer. Ich war ziemlich überrascht, als ich dort auch Flo sah, der mich nun ebenfalls begrüßte.
"Tut mir echt leid für das, was du gerade durchmachst." fügte Flo anschließend hinzu. Ich nickte nur stumm.
Obwohl Flo einer meiner engsten Freunde war, gefiel es mir nicht wirklich, dass sich mein Privatleben nun offenbar wie ein Lauffeuer verbreitete. Ich hielt es für besser, wenn so wenig Leute wie möglich davon wussten.
Ich setzte mich schließlich neben Flo auf die Couch, Jan nahm uns gegenüber auf seinem Bürostuhl Platz. Lange wollte ich nicht um den heißen Brei herumreden, also kam ich gleich auf den Punkt.
"Wie sieht denn der Plan aus?" fragte ich erwartungsvoll.
Flo räusperte sich. "Also du erinnerst dich doch sicher, dass bei unserem Urlaub in Ibiza nicht nur Clara dabei war. Ich hab damals auch ihre Freundin Emma kennengelernt." Dann machte er eine kurze Pause.
"Ja und? Mit der ist es doch schon lange vorbei." sagte ich. Ich verstand nicht, worauf er hinauswollte.
"Naja, das war es auch." fuhr Flo fort, "Wir hatten kurze Zeit nach dem Urlaub noch eine Freundschaft Plus, dann irgendwann verlief der Kontakt im Sande. Jedenfalls hat sie sich letztens wieder gemeldet und es kam wieder zu einem One Night Stand. Das spielt für dich jetzt keine Rolle, wichtiger ist jedoch Folgendes: Sie ist immer noch ziemlich gut mit Clara befreundet und bekommt natürlich mit, was sie mit dir gerade macht. Anscheinend läuft die Freundschaft der beiden jedoch nicht mehr so gut, deshalb hat sie uns - oder besser gesagt dir - ihre Hilfe angeboten. Sie fand uns drei alle sympathisch und findet das absolut widerlich, was Clara gerade mit dir macht." Dann machte er eine kurze Pause.
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Süße Versuchung
Teen FictionEines Tages macht Jonas eine Bekanntschaft, die sein Leben für immer verändern wird...