Kapitel 11

18 5 0
                                    

In der 5-Minuten-Pause stellen sich Julia und Sophie mal wieder zu mir, um sich mit mir zu unterhalten. Ich habe zwar nichts dagegen, aber unglaublich wichtig ist es mir auch wieder nicht.
Ein paar Tische weiter geht Niklas zu Louis, vielleicht um sich zu entschuldigen. Immerhin. Natürlich hätte er gar nicht erst etwas sagen müssen, aber anscheinend besitzt er doch trotzdem noch ein wenig Anstand.

"Charlie, hattest du eigentlich jemals einen Freund? Also so richtig, du weißt schon, einen festen", fragt Julia mich und grinst. "So mit allem drum und dran, Dates, Höndchenhakten und Küssen!"
"Ja genau!", stimmt Sophie ihr zu. "Wie wäre es mit Dominik, dem aus der c? Er hat keine Freundin, obwohl er voll cute ist!"

Genervt verdrehe ich die Augen. Selbst wenn ich an Jungs interessiert wäre, will ich doch nicht einen x beliebigen, nur weil er gerade frei ist und angeblich süß mit mir wäre...
Julia greift das Gespräch über mich - an dem ich weder beteiligt bin noch beteiligt sein möchte - wieder auf: "Nein, doch nicht Dominik, der passt gar nicht zu Charlie! Was wäre denn mit Niklas?"

Bis jetzt war mir das ganze relativ egal, aber das kann sie wirklich nicht ernst meinen, bitte nicht. Was sollte ich denn mit ihm, vor allem nach dem in Ethik neulich? Vorher hab ich ihn ja für ganz nett gehalten und wir haben uns sogar ganz gut verstanden, aber jetzt... Zu allem Überfluss scheint Sophie von der Idee auch noch begeistert zu sein.
Überglücklich fängt sie an, Shipping-Namen für uns zu erfinden.
Niklie. Charlas.
Wo bin ich hier nur reingeraten? Ich hasse solche Namen sowieso, aber Charlas ist echt die Kröung.

"Ich will keinen Freund, okay?", unterbreche ich das Gerede schlussendlich scharf. "Außerdem ist er überhaupt nicht mein Typ."
"Was magst denn nicht an Niklas? Er ist doch total hot, hat einen guten Style und eine coole Frisur! Und Jungen mit naturblonden Haaren sind ja sowieso immer hübsch. Wie soll dein Traummann sonst sein?", haken die beiden nach.

"Ich habe jemanden und bin zufrieden, okay? Können wir das Thema damit bitte einfach abhaken?", unterbreche ich die beiden immer gereizter.
"Aber als ich eben gefragt habe ob du schonmal einen Freund hattest, hast du doch den Kopf geschüttelt oder nicht? ...Oh mein Gott, hast du etwa eine FreundIN?", kreischt Julia plötzlich.

Neinneineinnein! Mehr als gerne würde ich die Zeit zurückdrehen oder wenigstens jetzt einfach verschwinden. Der erste klare Gedanke den ich wieder fassen kann, ist: Warum bin ich noch einmal mit denen befreundet? Vielleicht, weil ich einfach nicht alleine sein möchte? Na danke auch.

Den Rest des Tages melde ich mich kein einziges Mal mehr und gucke die meiste Zeit nur in mein Heft. Ich weiß es nicht sicher, aber vermutlich hat mindestens die Hälfte der Klasse unser Gespräch mitbekommen. Jedes mal, wenn ich daran denke, überkommt mich von Neuem eine Welle von Scham. Der Moment kreist trotzdem durchgehend in meinem Kopf und ich kann mich auf nichts anderes mehr konzentrieren.

Noch im Treppenhaus schalte ich mein Handy ein, um Freya zu schreiben. Heute fällt bei Freya die letzte aus, weshalb sie schon Zuhause sein sollte. Ich brauche jetzt jemanden, der mich ernst nimmt, neben all den albernen Klassenkameraden von mir.

Hey, mir ist vorhin was echt blödes passiert... Meine ganze Klasse weiß jetzt, dass ich mit einem Mädchen zusammen bin 😫 (keine Sorge, nicht mit wem) Ich weiß echt nicht, was ich machen soll, es ist so peinlich...

Leider ist Freya nicht online, also stelle ich mich auf mein Skateboard und mache mich direkt auf den Weg nach Hause.
Skateboard fahren hat mir schon immer gefallen, aber seit ich kurze Haare habe, fühlt sich der Fahrtwind tausendmal besser an.
Ich weiß, gleich zwei riesen Klischees.

In der Wohnung angekommen lasse ich die Tür hinter mir zu fallen und mache mir nicht die Mühe, meinen Rucksack ordentlich abzustellen. Aus der Küche strömt mir der unverkennbare Geruch von Pizza entgegen - natürlich keine vom Italiener, sondern eine aus der Tiefkühlabteilung, wie immer. Dem Geruch nach heute anscheinend eine Margherita.

"Charlie! Kannst du bitte den Tisch decken?", ruft meine Mutter mir zu. Mit einem Seufzer gehe ich die wenigen Schritte bis zum Geschirrschrank in der Küche und greife zwei Teller.
"Ach, und räum gleich nach dem Essen die Spülmaschine aus, ja?"
"Jaja", antworte ich nur und unterdrücke meinen gereizten Tonfall weitestgehend.

Am Abend lasse ich mich erschöpft auf mein Bett fallen und schaue noch eben, ob ich neue Nachrichten habe. Inzwischen hat Freya meine Nachricht gelesen und auch geantwortet. Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen schreibe ich ihr zurück und merke gar nicht, wie beim Chatten die Stunden vergehen.

It's not a Phase (girl×enby)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt