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Gemeinsam saßen die beiden an dem kleinen Tisch und aßen das vegetarische Gericht, für das Robert mehr oder weniger alleine gesorgt hatte. Er war immerhin so schlau gewesen und hat am vorigen Tag noch eingekauft, so mussten sie sich darüber keine Gedanken machen. Beide waren mit ihren Gedanken abwesend, weshalb Stille zwischen ihnen herrschte. Was sie aber keinesfalls als unangenehm empfanden. Sie genossen es einfach, dort zusammen sein zu können. So banal es auch klingt. Aber wann hatten sie dazu mal die Gelegenheit gehabt? Und wann werden sie dazu wieder Gelegenheit bekommen? Überhaupt jemals?

Christian prägte sich in der Zwischenzeit alle Gesichtszüge Roberts ein, sodass er ihn immer vor sich sehen könnte, auch wenn sie nicht zusammen waren. Zusammen sein konnten. Dabei starrte er ihn vermutlich etwas verträumt an. Robert musste zumindest auch etwas schmunzeln und sah ihn fragend an.

"Du siehst so entspannt aus, das muss ich mir einprägen. Wer weiß, wann es wieder so sein wird."

"Ja, da hast du wahrscheinlich Recht", lachte Robert. Er war tatsächlich entspannt, was er so schon wirklich lange nicht mehr war. Er konnte sich an so einen Moment zumindest nicht mehr erinnern. Musste vor dem Wahlkampf gewesen sein.

"Robert, was passiert jetzt heute Abend? Soll ich fahren? Kann ich hier irgendwie schlafen? Willst du das überhaupt?"

"Nein, du kannst natürlich hier bleiben. Immerhin bist du extra so lange hierher gefahren. Außerdem wäre es ja schon sehr spät, bis du wieder in Berlin wärst. Nur gibt es ein kleines Problem. Wir haben hier kein Gästezimmer und auf dem Sofa wäre es glaube ich sehr unangenehm zu schlafen. Du bist ja auch nicht gerade klein, von daher ist das schwierig. Also müsstest du damit vorlieb nehmen, neben mir im Bett zu schlafen. " Unsicher schaute Robert zu Christian.

"Wie könnte ich das ausschlagen?", lachte Christian, um seine Nervösität etwas zu unterdrücken. Robert erleichterte dies. Und er war froh, dass Christian augenscheinlich so gelassen mit der Situation umging. Denn irgendwie war es doch auch komisch, dass Alles auf einmal so schnell ging. Irgendwann setzten sie sich dann wieder auf das Sofa und Christian lehnte sich gegen Robert. Es fühlte sich einfach gut an. Sie fühlten sich geborgen und wohl mit dieser Nähe. Und sie genossen es einfach.

Und die Atmosphäre war einfach besonders. Hier, in dieser kleinen Holzhütte, so weit von ihrem Alltag und Leben entfernt. Einfach nur sie beide. Robert zog Christian, der mehr oder weniger in seinen Armen lag, erneut in einen sanften Kuss. Es fühlte sich so richtig an. Ihr Kuss wurde immer intensiver und Christian musste aufstöhnen, als Robert seinen Mund mit seiner Zunge erkundete. Wie sehr hatte er sich nur danach gesehnt, diese Zweisamkeit mit Robert zu erleben? Irgendwann fuhr Christian unter Roberts Pullover und spürte die warme Haut unter seinen Fingern. Er spürte die Muskeln, die sich dort verbargen. Am liebsten hätte er Robert hier und jetzt seine Klamotten vom Leib gezerrt, aber dafür war er sich zu unsicher. Zu unsicher, was Robert wollte und wie weit er gehen konnte. Auch wenn er ihm eigentlich ziemlich eindeutig zu verstehen gab, was er wollte. Nämlich ihn.

Deshalb nahm Robert dies auch mehr oder weniger in die Hand. Er zog Christian sein Shirt über den Kopf und kurz darauf folgte auch seine Hose. Beide waren mittlerweile wie benebelt von ihren Gefühlen. Und hatten sich nicht mehr wirklich im Griff. Irgendwann lagen auch Roberts Klamotten auf dem Boden verstreut und sie waren sich so nah, wie noch nie zuvor. Und gaben sich voller Leidenschaft dem jeweils anderen hin.

Erschöpft stand Robert auf und begab sich in das Badezimmer. Das war unfassbar gewesen. Er hatte so viele Gefühle gespürt und war wie in einer anderen Welt gewesen. Um irgendwie wieder in die Realität zurück zu gelangen, stellte er sich unter die kalte Dusche. Christian blieb in der Zwischenzeit im Wohnzimmer und er wollte ihm auch einen Moment für sich gönnen. Tausend Gedanken prasselten auf Robert ein, so wie die ganzen kleinen Wassertropfen es taten. Er war immer noch nicht so ganz bei sich, er sah vielmehr immer noch Christian vor sich. Und spürte seine Berührungen auf seinem ganzen Körper. Und er sah die diversesten roten Stellen an seinem Körper, die Christian ihm soeben zugefügt hatte. Und spürte seine warmen Lippen auf seinen. Das Grinsen aus Roberts wollte gar nicht mehr verschwinden. Er war noch so voller Adrenalin. Auch als er wieder zurück zu Christian kehrte. Er hatte seine Augen geschlossen und Robert zog ihn einfach wieder an sich, sodass sie bequem beieinander sitzen konnten. Christian gab einen Laut von sich, den Robert als Zustimmung einordnete.

Christians Kopf lag auf Roberts Oberkörper, welcher sich sanft hob und senkte. Sie hatten tatsächlich all ihre Gefühle füreinander ausdrücken können. Und jetzt waren sie einfach glücklich. Auch wenn eigentlich alles so kompliziert war. Wenn sie dachten, dass sie keine Zukunft hatten. Aber das war jetzt egal. Jetzt zählte ihre gegenseitige Zuneigung. Und Christian konnte sich nicht besser fühlen. Er war Robert endlich so nah und es war Realität. Es war kein Traum. Und er konnte zumindest eine Nacht direkt neben ihm verbringen. Das hätte er sich vor einem Tag auch nicht ausdenken können. Nein, definitiv nicht.

Christian merkte in diesem Moment, in dem er Robert einfach so nah sein konnte, dass die Trennung von Franca die richtige Entscheidung war. Dass er so nicht hätte mit ihr weitermachen können. Aber gleichzeitig fragte er sich, wie es mit ihnen weitergehen sollte. Denn nach diesem Tag wurden seine Gefühle für Robert nur noch stärker. Und sie verfestigten sich. Und jede Entscheidung, die gegen sie beide fiel, würde ihn umso mehr verletzen.

Und er hoffte einfach, dass Robert eine richtige Entscheidung fällen würde. Wobei er ihm keinen Vorwurf machen könnte, wenn er sich nicht für sie beide entschied. Aber nach heute? Nachdem, was an diesem Tag alles passiert ist? Christian hatte so eine große Hoffnung in sich, dass Robert nun gemerkt hatte, was richtig war. Oder besser gesagt, was er wirklich wollte. Und dass er dafür kämpfen würde, denn Christian würde es tun.

Er würde wahrscheinlich Alles tun, nur um Robert weiterhin so nah sein zu können. Oder wieder so nah sein zu können. Christian würde dafür viel riskieren. Das hatte er an diesem Tag gemerkt. Und ja, vielleicht müsste er dann politisch zurück stecken. Aber für Robert und sein eigenes Glück. Wie könnte er dies dann nicht tun? Doch gleichzeitig wusste er, dass am nächsten Tag einfach alles wieder vorbei sein könnte. Obwohl sie miteinander geschlafen hatten und jetzt so eng zusammen lagen. Aber Christian wollte sich einfach keine Gedanken über diese Möglichkeit machen. Stattdessen genoss er lieber Roberts Wärme.

"Wollen wir uns nicht einfach ins Bett legen? Da ist es nochmal viel gemütlicher als hier und so langsam merke ich auch, dass der Tag ganz schön anstrengend war."

"Mhh", brummte Christian. "Dann müssen wir ja aufstehen." Er wollte einfach weiter in Roberts Armen liegen. Egal wie ungemütlich und unbequem das Sofa auch war. Robert machte das alles wieder gut.

"Das heißt aber nicht, dass du im Bett Abstand zu mir halten müsstest. Im Gegenteil.", lachte Robert. Er hatte schon verstanden, warum Christian nicht aufstehen wollte.

"Na gut."

Gemeinsam verlagerten sie sich also in das kleine Schlafzimmer, in dem kaum mehr stand als das Bett. Christians Tasche hatte mit Glück noch etwas Platz gefunden. Aus dieser holte er sich bequemere Klamotten heraus, die er zum Schlafen anziehen wollte. Als er sich sein Shirt über den Kopf zog, spürte er den bohrenden Blick von Robert auf sich liegen. Er wusste, dass ihm gefiel, was er sah. Also ließ sich Christian extra lange Zeit, bevor er sich dann auf die eine Seite des Bettes legte. Robert kam kurz darauf dazu und zog den Jüngeren an sich. Es war ein befreiendes Gefühl, endlich das tun zu können, was sie sich bisher nicht getraut hatten. Aus so vielen Gründen.

Und es war ein absolut schönes Gefühl, als sie beide dort gemeinsam lagen, sich gegenseitig in die Augen guckten und wussten, dass sie etwas richtig gemacht hatten. Zumindest an diesem Tag, in dieser ganz anderen Welt. Robert schlief letztendlich mit einem Lächeln im Gesicht und Christians Kopf an seiner Schulter ein. In ihrer eigenen Blase fühlte er sich perfekt.

Doch gleichzeitig war absolut klar, dass eigentlich Andrea dort liegen sollte. Und dass er sie wieder betrogen hatte. Und dieses Mal nicht nur mit einem Kuss. Aber an diesem Tag war dies nicht von Relevanz.

Wahrscheinlich noch eins meiner Lieblingskapiteln :) Danke, dass ihr alle bis hierhin gelesen habt!

Der ganze Lärm um uns Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt