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Wie lange steht er denn hier? Mein Vater wirkte genauso geschockt. „Bitte entfernen sie sich von ihr" Nun waren auch noch Polizisten dazugekommen. Doch mein Vater bewegte sich kein Stück. In seinem Gesicht konnte man sichtlich erkennen, dass er nervös wurde. Er nahm in Spitzengeschwindigkeit ein Messer aus seiner Tasche und hielt es mir an den Hals. „Lassen Sie das Messer fallen!!!" Denkt nicht mal dran. Es wäre nicht mein Vater, wenn er diesen Bitten einfach so nachkommen würde. „Das letzte Mal: legen sie bitte das Messer weg!!!" Ich spürte schon, wie er anfing zu drücken. Es rann mir auch schon warm den Hals runter. Jetzt war für mich genug. Das ging zu weit. Ich würde mir nun nie wieder etwas von ihm gefallen lassen. Entschlossen ballte ich meine Hand zur Faust. Ohne darüber nachzudenken, nahm ich meine ganze Kraft zusammen, holte aus, und schlug ihm mit voller Wucht ins Gesicht. Er taumelte zurück und hielt sich die Nase. Es rann ihm sofort Blut heraus. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich jetzt nicht mehr hier. Es musterte mich mit solchem Abschaum, dass ich ihm nur noch den Mittelfinger zeigte. Diesen Moment nutzten die Polizisten aus, um ihn festzunehmen.

„Omg Nika gehts dir gut? Du hast ja Blut am Hals!" Ich nickte nur, grinste aber noch vor Stolz. Hatte ich gerade wirklich meinem Vater eine runtergehauen? Badass. „Wieso grinst du so?" „Ach, ich hatte gerade nur so einen Gedanken..." „Komm mal mit in den Behandlungsraum" Genervt atmete ich auf. „Wieso machst du dir eigentlich Sorgen um mich?" „Weil du a) gerade sehr viel mitmachst, und b) ich auch nur ein Mensch bin und Gefühle habe." Mit hochgezogenen Augenbrauen starrte ich ihn an. Wieso redet er jetzt Bitteschön über seine Gefühle? Auch wenn er total nervt, ist er irgendwie auch nett...

Er zog scharf die Luft ein. „Tut es sehr weh?" „Nö, fast gar nicht..." „Ich weiß, dass du nicht sehr begeistert sein wirst, aber das muss genäht werden. Da kommen wir nicht drumrum." Auch wenn ich da jetzt gar kein Bock drauf hatte, ließ ich es ohne Widerrede machen. Irgendwie ist er ja auch ganz sympathisch. Schließlich macht er sich Sorgen um mich, was sicher nicht jeder machen würde. Er schien fast schon Angst um mich zu haben. „So fertig." Oha. Das ging aber schnell. Er begleitete mich noch bis zu meinem Zimmer, wo ich dann sofort in einen erholsamen Schlaf fiel.

„Das Jugendamt wird dann übermorgen kommen." Ich wurde von vielen Stimmen geweckt. Jugendamt? Nun fiel mir alles wieder ein: sie hatten ja mich und meinen Vater erwischt. Naja wohl er meinen Vater. Ich hatte ja nichts mit der Sache zu tun. Aber... Was soll ich jetzt tun? Mum liegt im Koma, und so wies jetzt aussieht werde ich wahrscheinlich nicht mehr bei meinem Vater wohnen. Also musste ich hoffen das ich meine Mutter nicht verliere, denn wenn ich das tun würde, wäre ich ganz allein und hätte niemand mehr. Aber jetzt liegt sie ja noch im Koma. Solange sie noch am Leben ist, zähle ich auf jeden Funken Hoffnung. Ich muss heute unbedingt fragen, ob ich sie besuchen darf. Dann kann ich ihr endlich mal erzählen, was alles passiert ist. Es heißt ja, dass Menschen die im Koma liegen, einen manchmal noch hören können. Dann würde sie wenigstens wissen, dass es mir jetzt gut geht.

Sie hatten anscheinend noch nicht bemerkt, dass sie mich geweckt hatten. Gut so. Dann konnte ich sie noch in Ruhe weiterbelauschen. Aber Moment. Diese Stimme kannte ich doch. Alex. Er war zu mir zurück gekehrt. Wieso? In letzter Zeit hängen alle so an mir... „...dann können wir sie in ca. einer Woche ins Heim verlegen..." Heim? Wollen die mich jetzt ernsthaft ins Heim stecken?„DAMIT DAS KLAR IST: ICH GEHE NICHT INS HEIM!!!" Erschrocken musterten mich die zwei Polizisten, ebenso Alex. „Nika, du bist ja wach. Wie geht es dir?", versuchte Alex auf mich einzureden. „DIESE GEREDE KANNST DU DIR SPAREN!!!" „Ich frag ja nur..." Vielleicht habe ich etwas überreagiert. War halt ne Kurzschlussreaktion. Und wie hatten sie erwartet, dass ich reagiere? Dass ich losjuble? Aber wieso können sie nicht verstehen warum ich nicht ins Heim will? Apropos Heim, wenn sie mich ins Heim bringen wollen, heißt das ja... NEIN! Nun war meine ganze Wut verflogen und schaute traurig auf die Decke. Das konnte doch nicht sein. „Alles in Ordnung?" „Sie... Sie ist tot, oder?" „So leid es mir tut: ja." Ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten und heulte los. Dann passierte jedoch etwas unerwartetes: Alex nahm mich in den Arm. „Sch. Alles wird gut. Ich bin ja da." Es schien ihm nichts auszumachen, dass ich sein T-Shirt vollrotzte. Ich wollte die Welt ausblenden. Nur noch weg von hier. Was habe ich falsch gemacht? Warum nur ich? Doch dann verfiel ich ins endlose Reich der Träume.

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Aus welchem Land kommt ihr?

Kiss,

euer Toni 🌵

ASDS//Das Leben endet, die Liebe nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt