"Lizzy! Wach auf!" Langsam öffnete ich meine Augen und sah Caytlynn, die sich über mich beugte.
"Fünf Minuten... Müde...", murmelte ich und wollte mich auf die Seite drehen, als jemand plötzlich meine Decke wegriss.
"Nichts da fünf Minuten! Wir kommen noch zu spät zur Schule... Darf ich dich daran erinnern, dass du erst gestern gesagt hast, dass du perfekte Noten haben willst?", rief Blade aus dem Badezimmer und der Undeutlichkeit seiner Worte nach zu urteilen tat er das mit einer Zahnbürste im Mund. Seufzend öffnete ich meine Augen und sah Caytlynn mit meiner Decke.
"Steh auf und zieh dich um, deine Mutter hat schon Frühstück gemacht", sagte Caytlynn und warf die Decke zurück auf das Bett. "Blade! Beeil dich!"
"Lizzy, hast du einen Föhn?", fragte Blade, als er aus dem Badezimmer trat. Seine schwarzen Locken hingen ihm nass ins Gesicht. Ich zeigte nur auf einen Karton, während ich aus einem anderen eine verwaschene Jeans und ein schwarzes T-Shirt rausfischte. Ich sollte wirklich mal meine Möbel aufbauen.
"Die Steckdose ist unter meinem Schreibtisch." Ich schob mich an Blade vorbei ins Badezimmer, warf meine Kleidung auf den Boden und schloss die Tür ab. Da ich keine Zeit hatte noch zu duschen und tägliches duschen sowieso nicht gut für die Haut ist, zog ich mich nur schnell um und band meine roten welligen Haare in einen hohen Pferdeschwanz. Mein Blick blieb an Caytlynns Wimperntusche hängen, die unter dem Badezimmerspiegel lag. Normalerweise schminkte ich mich nicht, dafür schlief ich viel zu gerne, aber man könnte doch eine Ausnahme machen und Caytlynn hätte sicherlich nichts dagegen...
"Lizzy Larkens, komm da sofort raus! Ich habe Hunger!", hörte ich Caytlynn schreien, gefolgt von einem "seit wann isst du denn Frühstück?" von Blade. Darauf folgte ein "autsch, Mädchen du musst mich doch nicht sofort schlagen!", auch von Blade. Hastig verließ ich das Bad, denn ich hatte heute morgen keine Zeit, Leichen zu entsorgen. Außerdem wollte ich unbedingt sehen, ob Caytlynn wirklich stärker als ihr Bruder war und das konnte ich durch die Tür eher schlecht.
Aber hoffentlich würden sie sich nie gegenseitig umbringen.
Gemeinsam liefen wir nach unten, wo Mums berühmte Pfannkuchen auf uns warteten. Zu Caytlynns Freude stand auf dem Tisch auch eine große Kanne Kaffee, die sie fast alleine leertrank. Während ich über Blades Witz lachte, warf ich einen Blick auf die Uhr, die an der Mikrowelle lehnte, weil natürlich keiner einen Nagel in die Wand geschlagen hat, und erschrak.
"Fuck!", fluchte ich. "Wir müssen los!"
Auf dem Weg zur Schule schwor ich mir, nie wieder irgendwo zu spät zu kommen, wenn Caytlynn dabei war. Ich musste fast rennen, um mit ihr Schritt zu halten, weil ich sonst riskieren würde, dass sie mir noch den Arm ausreißt.
"Cayt, wir. Kommen. Nicht. Zu. Spät.", keuchte Blade und blieb wie aus Protest stehen. Leider verlor es etwas an Wirkung, da wird bei der Schule angekommen waren.
"Klar werden wir pünktlich sein, schließlich haben wir mich." Blade verdrehte die Augen und ich war sehr kurz davor, es ihm gleichzutun.
"Der Unterricht fängt in zehn Minuten an und oh, guck mal, wir sind schon da! Also kannst du aufhören, uns so zu ziehen. Ich glaube ich spreche da auch für Lizzy, wenn ich sage, dass wir unsere Arme gerne behalten würden." Cayt warf einen Blick auf ihr Handy-Display und ließ tatsächlich meinen Arm los.
~~~
Obwohl Chemie zu meinen Lieblingsfächern gehörte, ertappte ich mich ständig dabei, wie meine Augen langsam zufielen. Ich schob einen Zettel zu Caytlynn.
Heute gehen wir definitiv früher schlafen. Keine Gruselgeschichten, keine anderen Gespräche, keine Filme. Nur Schlaf. Caytlynn las meinen Brief und grinste.
Klaaaaaar wir gehen pünktlich um zehn schlafen. Du weißt doch selber, dass du die erste sein wirst, die vorschlägt, einen Film zu gucken. Ich lächelte, Caytlynn kannte mich jetzt schon ziemlich gut. Zumindest in diesem Punkt.
Werde ich nicht, versprochen. Ich will schlafen.
"Liz, Caytlynn, wollen Sie vielleicht die Klasse in euren zweifelsfrei interessanten Briefwechsel einweihen?", fragte uns Mrs. Parx. Ich hielt meine Notizen hoch und sagte, dass ich nur eine Frage bezüglich der Redoxreaktion hatte. Überraschenderweise glaubte sie mir das sogar.
Den Rest der Stunde trauten wir uns nicht, weiter Zettelchen zu schreiben. Glücklicherweise war die Stunde schnell vorbei und ich lief mit Blade zum Sportplatz.
"Caytlynn hat morgen Geburtstag", sagte Blade aus dem nichts. Ich riss erschrocken die Augen auf.
"Warte, was?! Warum hat mir keiner etwas gesagt? Was soll ich ihr noch kaufen? Wo soll ich ihr überhaupt was kaufen? Warte, ihr seid doch Zwillinge! Was soll ich dir schenken? Wie-" Ich wurde von einer Hand unterbrochen, die sich auf meinen Mund legte. Blades Hand. Ich versuchte das Kribbeln zu ignorieren, dass sich bei dieser Berührung in meinem Bauch ausbreitete.
"Lizzy, beruhig dich", sagte er und lächelte amüsiert. "Ganz vielleicht habe ich einen Freund von mir, der Cayt schon lange mag, überredet, dass er sie heute nach einem Date fragt. Und ganz vielleicht mag sie ihn auch, also wird sie nicht nein sagen. Und ganz vielleicht habe ich das Auto meines Vaters ausgeliehen, um mit dir in die Stadt zu fahren. Und nope,", Endlich nahm er die Hand von meinem Mund. "Ich habe morgen nicht Geburtstag. Cayt und ich sind zwar Zwillinge, aber sie wurde kurz vor Mitternacht geboren, ich kurz nach Mitternacht."
Ich sah ihn nur mit aufgerissenen Augen an. "Du- Du hast wirklich alles durchgeplant!" Ich war mir selber nicht sicher, ob ich begeistert, beeindruckt oder genervt, weil mir keiner etwas gesagt hat, war.
"Ts, ts, ts. Da macht man einmal was nettes und bekommt nicht einmal ein 'danke, du bist der Beste'. Typisch." Blade schüttelte den Kopf und sah mich gespielt enttäuscht an, doch seine Lippen umspielte ein Lächeln.
"Armer, kleiner Blade", mit gespieltem Mitleid strich ich über seinen Arm. "Armer, armer Blade. Ganz traurig, dass die böse, böse Lizzy weis, dass du nur mit mir in die Stadt fährst, damit ich auch dir ein Geschenk kaufe."
"Da hast du nicht so ganz recht... also schon, aber nein..."
"Du gibst also zu, dass du nur ein Geschenk für dich wolltest? Böser Blade, arme Caytlynn!"
"Jaaa, böser, böser Blade. Aber was willst du machen, mir Netflixverbot erteilen?"
"Nahhh, dann darf ich ja selber nichts gucken. Ich bin mir sicher, dass mir eine andere Strafe für dich einfällt." Sofort wurde mir bewusst, wie falsch es klang. Warum konnte ich auch nicht nachdenken, bevor ich sprach?!
Auch Blade schein die Zweideutigkeit meiner Worte bemerkt haben, denn auf seinen Lippen breitete sich ein breites Grinsen aus.
"So, so? Andere Strafe also? Ich freue mich schon darauf..." Ich schlug ihm auf den Arm.
"Warum denken Jungs immer gleich?!"
"Was meinst du?", fragte er gespielt unschuldig. "Ich freue mich schon auf das Handyverbot, weil ich dann keine Ablenkung mehr habe und mich ungestört auf mein Buch oder meine Hausaufgaben konzentrieren kann."
Wir kamen bei den Umkleiden an.
"Du bist manchmal echt ein Idiot!", rief ich Blade lachend hinterher, als er in der Umkleide verschwand.
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Aeternitas - Prophezeiung der Götter
FantasyEigentlich sollte der Umzug nach Bergston der Beginn eines neuen Lebens sein. In gewisser Weise wurde er das auch, nur war es nicht gerade das, was ich mir vorgestellt hatte. Ich hatte eher an ruhige Nachmittage gedacht, an denen ich mich mit einem...