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Die Sonnencreme hat nicht einmal für meinen Oberkörper gereicht. Auf halber Strecke zum Oberschenkel, war sie aufgebraucht. Deswegen greife ich erneut zur Tube, nun aber um mein Werk zu vollenden. Meine Schultern werden extra dick eingeschmiert.
Seit ich einmal einen Sonnenbrand hatte reagieren sie empfindlich und werden schon nach wenigen Minuten in der prallen Sonne krebsrot. Ein Stück weiter dem Arm runter ist meine Haut fast von alleine resistent. Mein Bizeps und Triceps interessiert es kaum, ob sie von einer Schicht Creme bedeckt sind oder nicht. Für den Tag gerüstet, schnappe ich mir meinen Strohhut. Denn für heute bin ich im Garten eingeteilt, dass heisst ernten, giessen und das frische Gemüse geniessen. Glücklicherweise befindet sich an der Weggabelung ein Schild, welches mir in grell grüner Schrift die Richtung zeigt. Meine Füsse folgen dem Pfad, setzen die Solen geräuschlos auf und bringen mich so voran. Das Erste was ich sehe, sind grüne Bäume. Sträucher und Büsche soweit das Auge reicht. Obwohl ich mich auf einer Insel befinde, ist das Meer nicht sichtbar.
Wenn mich mein Orientierungssinn nicht im Stich gelassen hat, dann befinde ich mich jetzt fast im Zentrum der Feriendestination.
Die feinen Nadel massieren meine Fusssohlen, der erfrischende Schatten kühlt meinen aufgeheizten Körper und der harzige Geruch von frisch gefälltem Holz lässt mich tief einatmen. Mein gesamter Körper entspannt sich, jeder Muskel, jede Sehne, jedes Gewebe. Meine Schritte werden leicht. Ich fange an mich vom Boden abzustossen und verfalle in ein langsames Traben. Von selbst beschleunigen meine Beine, Feder sich vom Erdboden ab und verlängern meine Schrittweite. Ich wäre einfach losgerannt, hätten mich nicht meine Brüste daran erinnert, dass Joggen ohne BH keine gute Idee ist. Bei den wippenden Bewegungen wechseln sie ständig zwischen Schwerelosigkeit und Erdanziehung, was zu Folge hat, dass die Haut über meinem Schlüsselbein unangenehm gestraft wird. Deswegen verlangsame ich, behalte aber eine erhöhte Laufgeschwindigkeit bei.
Nun nehme ich auch die Umgebung um mich klarer war. Sehe die Rillen der Rinden, das Muster der Blätter und die unterschiedlichen Blütenformen der leuchtenden Blattmetamorphosen. Die Farben variieren von dunkel Blau zu rot bis hin zu einem hellen gelb. Selbst die weissen Exemplare strahlen in ihrer Reinheit, frisch gewaschen vom Regen der vergangenen Nacht. Das frische Wasser ist auch an den hellen Triebspitzen der Bäume ersichtlich. Das frische Grün zeugt von gesundem Wachstum, starken Pflanzen und optimalen Bedingungen.
Ein Blick auf meine Armbanduhr verrät mir, dass ich ein wenig zu früher dran bin. Weswegen eine kleine Lichtung mein nächstes Ziel wird. Das Gras umstreicht meine Waden und kitzelt an den Beinen. Sogar als mein Po die Wiese berührt, pruste ich kurz los. Es ist eine vollkommen neue Erfahrung. Völlig unbekleidet sitze ich im Schneidersitz, um mich rum das mystische Dunkelgrün des Moos und die Farbtupfer der Farne. Der Wind flüstert in den Bäumen, wiegt die Wipfel hin und her. Die Vögel zwitschern ihr Lied, begrüssen die Sonnenstrahlen. Hier im Wald sind sie erträgliche, wenn nicht schon notwendig um es unter den Blattkronen auszuhalten.
Hinter mir raschelt es. Vorsicht drehe ich meinen Kopf, darauf bedacht jede Bewegung ohne Hektik und sorgfältig auszuführen. Aus dem Augenwinkel sehe ich einen braunen Federhaufen. Der Kopf pickt imaginäre Körner vom Boden auf, die Füsse scharren in der Erde und ab und zu werden die Flügel gespreizt. In seinem Element vertieft, folg das Huhn dem Pfad. Es ist der Gleiche, welcher ich benutzt habe um hier her zu kommen. Denn dort wächst kaum Grad und die Humusschicht ist leicht zu erreichen. In der obersten Erdschicht tummeln sich die meisten Regenwürmer. Die Lieblingsspeise des Federviehs. Gerade hebt das Huhn den Kopf, im Schnabel ein Wurm. Kurze ruckartige Bewegungen und er baumelt hilflos in der Luft.
Nun hat sie mich bemerkt, lässt sich aber nicht aus der Ruhe bringen und verspeist ihren Fang. Dann setzt sie die Suche fort. Meine Wendigkeit erhebt sich langsam vom Sitzplatz. Möglichst sanft laufe ich auf das Huhn zu. Obwohl Hühner fliegen können sind sie im Wald nicht sicher. Auf Inseln ist die Gefahr vor Raubtieren auf dem Boden gering, weil diese meist nicht auf natürliche Weise hier her gelangen, trotzdem sollte speziell diese Huhn wieder zum Stall zurück. Den insgesamt hat das Ferienresort 8 von ihnen. Die Gäste kümmern sich während dem Aufenthalt um die Federkugeln. Als Dank dürfen Eier mitgenommen und gegessen werden. Zusätzlich halten sie den Garten von Ungeziefern frei. Das funktioniert auch mit Laufenten, nur würden diese bei den hohen Temperaturen leiden.
Mir sind Hühner sowieso lieber. Das geschäftige Scharren der Putput ziehe ich dem Geschnatter und Schnappen der Seebewohner vor. Zudem sich die Glucken in den Arm nehmen lassen, Canards versuchen sich mit ihren Schwimmhaut besetzten Füssen gegen jeden zu wehren, der versucht sie aufzunehmen, zumindest meiner Erfahrung nach.
Auch diese Exemplar lässt sich leicht in den Arm nehmen, unternimmt keinen Versuch erneut auf den Boden zu gelangen, sondern dreht den Kopf interessiert von einer auf die andere Seite und nimmt jede Bewegung wahr. So lässt es sich einfach transportieren und ich bringe es zum Gartentor. Der Zaun ist orange gestrichen, eine Vogelscheuche in blauer Latzhose bewacht das Gemüse und die Regentonne sticht mit ihrer roten Farbe direkt ins Auge. Ich setzte das Huhn sorgfältig ab, als hinter mir das quietschen der Scharnieren anzeigt, dass nochmals jemand den Garten betreten hat.

Ferien mal andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt