Verloren

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Die Darkoner brachten Lennox und Alea unter Deck. Sammy, Tess, Ben und Siska waren bereits im Salon und starrten ihnen entgegen. Sammys Gesicht war käsebleich und selbst Tess gelang es nicht, mit ihrem Pokerface ihre Angst zu überdecken.

Ein Darkoner brachte Alea neben Ben und fesselte sie hinter ihrem Rücken. Lennox wurde am anderen Ende des Raumes dingfest gemacht. „Als Siska die Darkoner gehört hat, war es bereits zu spät", flüsterte Ben ihr zu und Alea schluckte. Wie lange waren wie bereits hier oben? Zehn Minuten, eine halbe Stunde? Sie bemerkte, wie Zeirus' Kopf bei Siskas Erwähnung zu ihnen rüber schellte. Dann zu seiner Tochter. Seine Gesichtszüge zeigten deutlich, wie entgeistert er war.

Orion schritt vor sie und klatschte einmal in die Hände. Aufmerksam schaute er jedes Cru-Mitglied an und blieb schließlich bei Alea hängen. „Was bist du nur für eine Elvarion", sagte er und schüttelte tadelnd den Kopf. „Erst erzählst du deinen Freunden, was für einen genialen Plan du hast. Dann stellt sich heraus, dass er gar nicht so toll war wie gedacht und lässt dich von anderen befreien. Irgendwie versuchst du den anderen einzutrichtern, dass ihr ja sooo stark zusammen seid und ihr alles schaffen könnt. Anschließend sagst du ihnen, wie leid es dir doch tut und überzeugst sie dann abermals bei irgendetwas mitzumachen, das sich wieder als ein Schuss in den Ofen herausstellt." Er schüttelte wieder den Kopf. „Weil du dich in allem einmischen musst, begibst du dich selbst und andere ständig in Gefahr. Ich muss sagen, du machst deinen Job als Anführerin wirklich gut." Er grinste hässlich. „Weil du letztendlich immer in meinen Fängen landest, meine Liebe."

Alea befand sich bereits im Elvarion-Modus, sodass sie alle unwichtigen Gefühle beiseite drängte und sich auf das Wesentliche konzentrierte. „Wie konnten die Darkoner Sie finden?", fragte sie, ohne sein vorheriges Geschwätz zu beachten.

Orion rieb sich unter seiner Brille die Augen. „Ihr seid viel zu naiv", sagte er. „Dachtet wohl, dass sie mich nicht finden könnten, sobald ich nicht mehr in Rom bin?" Das hatte Alea in der Tat gedacht. Sie schaute zu den anderen, aber sie sahen so aus, als hätte Orion ihnen noch nichts darüber erzählt. „Die Darkoner wissen immer, wo ich mich aufhalte", sprach der Doktor weiter. „Weißt du, Alea, es wäre ein viel zu großes Risiko, wenn sie das nicht täten. Bei dem kleinsten Missgeschick, das mich ungeplant woanders hinführt, wären sie nicht mehr an mich gebunden. Und das will ich schließlich nicht." Es stimmte also, dass die Darkoner ihm nach längerer Zeit nicht mehr hörig waren! Aber Aleas Frage war immer noch unbeantwortet. Oder hatten sie irgendeinen ‚inneren Kompass', der sie immer wieder zu Orion führte? Er redete allerdings weiter. „Schon kurz nachdem sie mir den Herrenschwur geleistet hatten, habe ich mir einen kleinen Sender gespritzt, der meine Position überall auf der ganzen Welt bis auf das kleinste Detail bestimmen kann. Somit müssen sie nur auf einen Monitor schauen, um zu wissen, wo ich bin. Es war nur eine Frage der Zeit, wann sie hier auftauchen würden. Ihr könnt also euren lachhaften ‚Plan' vergessen, ihnen ihren Willen wiederzugeben."

Orion lachte leise in sich herein, als wäre es schon Irrsinn, nur einen Gedanken daran zu verschwenden. Dann wurde er wieder ernst. „Nun aber zum Wesentlichen", sagte er und drehte sich zu Lennox um, der ihn finster anschaute. Orion übersah das. „Leider musstest du Alea ja den Herrenschwur schwören. Wenn du das nicht getan hättest, würde ich vielleicht noch Verwendung für dich haben, aber jetzt werde ich dich wohl aus dem Weg räumen müssen, genau wie deine Elvarion." Lennox stieß einen Schrei aus und trat mit aller Gewalt in seine Richtung, was den Doktor nicht zu beeindrucken schien. Er sah ihn nur wie einen unerzogenen Jungen an, der gerade eine Fensterscheibe eingeschlagen hatte. „Du hast wirklich alles falsch gemacht, das es nur falsch zu machen gab", schimpfte er. „Ohne dich wäre alles anders gekommen und eure kleine Bande könnte sorgenlos auf dem Meer herumschippern." Er wandte sich Tess, Sammy und Ben zu. „Mit euch weiß ich ehrlich gesagt nicht, was ich anfangen soll. Schließlich kann ich euch unmöglich ein weiteres Mal ungeschont davonkommen lassen. Vielleicht beseitige ich euch auch, wer weiß." Es klang so, als würde er über das Wetter reden. Nun richtete er sich an Siska. Orion begann nun richtig zu strahlen. „Was ich mit dir mache, liebes Darkonermädchen, hab ich allerdings schon genaustens geplant. Ich kann dir jetzt schon mal so viel sagen: Ich habe großartiges mit dir vor!" Er nickte begeistert und Alea wurde ganz flau im Magen. Siska würde ein weiteres Mitglied seiner Darkonermannschaft werden, die als Gretzer arbeitete, und würde dem Doktor sicher als hilflose Marionette dienen. Das war womöglich das Schlimmste von allem.

Orion fuhr fort: „Leider musstet ihr mich ja in Rom schnappen, bevor ich dafür meine Bestellungen machen konnte. Also wird es sich um ein paar Tage verzögern." Er nickte langsam. „Nun, darauf kommt es auch nicht mehr an. Jetzt sind wir erst einmal hier!" Orion lächelte in die Runde. „Ich würde vorschlagen, wir töten dich als erste, Alea. Das ist eine gerechte Strafe für Lennox, findest du nicht auch? Das, was er die letzten Monate am allermeisten beschützt hatte, darf vor seinen Augen sterben!"

Lennox grollte wie ein Raubtier. „Wagen Sie es nicht", spuckte er vor Orion aus.

Dieser lachte bloß. „Was willst du jetzt schon dagegen tun? Und außerdem: Ich habe keine Lust, mir die Finger zu beschmutzen. Das darf einer meiner Darkönerchen machen."

Alea rutschte das Herz hinunter. Doktor Orion war kein Mensch mit Gnade. Es war ihm egal, wie viele Menschen sterben, Hauptsache er erreichte sein Ziel. Und sein größtes Hindernis war nun mal sie.

Alea blickte zu den anderen, in dessen Gesichtern bloß noch die nackte Angst zu sehen war. Nur Lennox schaute sie verzweifelt an. Er konnte sie nicht beschützen. Er hatte versagt. Dabei war sie es doch, die alle in diese Lage gebracht hatte! Vor allem ohne ihr könnte die Alpha Cru ein völlig unbeschwertes Leben führen... Ihr fiel auf, dass Orion Recht hatte. Sie als Elvarion vermasselte alles und zog die anderen dann auch noch mit hinein. Und es tat ihr verdammt leid. Genau wie er gesagt hatte.

„Also, wer möchte sie beseitigen?", riss der Doktor sie aus ihren Gedanken. „Gibt es irgendwelche Freiwilligen? Niemand?" Er sah die Darkoner enttäuscht an. „Na gut", seufzte Orion. „Dann muss ich das wohl bestimmen." Er zeigte mit dem Finger abwechselnd auf jeden seiner Männer, als würde er sie auszählen. Schließlich blieb er an einem von ihnen hängen. Es war ein noch deutlich jüngerer Meermensch, den Orion nun zu sich befahl. „Na wunderbar!", rief er. „Da hätten wir ja schon einen." Der Darkoner richtete seine Waffe auf Alea. Sein Blick war undefinierbar, als der Doktor zu Lennox sagte: „Genieße besser noch den letzten Augenblick, in dem du sie lebend sehen kannst. Schließlich hast du dafür nicht mehr lange Zeit!" Als Lennox sie nur entsetzt anblickte, schüttelte Orion den Kopf und wandte sich wieder seinem Darkoner zu.

Alea blickte zu den anderen. „Schneewittchen", wimmerte Sammy und schaute sie angsterfüllt an. Tess neben ihm konnte nur mit offenem Mund die Waffe anstarren. Ben schüttelte langsam den Kopf und blickte nicht zu ihr, wahrscheinlich machte er sich Vorwürfe, dass er nicht auf sie aufgepasst hatte, wie er es Marianne versprochen hatte. Siska riss an ihren Fesseln, aber sie konnte sich nicht befreien. Aleas Blick wanderte zu Lennox. In seinen Augen sprachen tausende unausgesprochene Dinge, und seine Miene ließ sie deutlich erkennen, dass es ihm unendlich leidtat. Er konnte sie nicht mehr retten. Er hatte seine Aufgabe nicht erfüllt, und diese Tatsache schmerzte ihn wahrscheinlich noch mehr als sie.

Aber ihm stand auch der Hass ins Gesicht geschrieben. Hass auf Orion, seine Taten und die Dinge, die er noch tun würde.

Alea schloss die Augen und wünschte sich nur, dass sie Lennox bei ihrem letzten Atemzug nicht so gesehen hätte.

Mein Alea Aquarius 8Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt