Was ist, wenn ich sterbe?

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Was ist, wenn ich sterbe? Würde es jemanden interessieren? Würde mich jemand vermissen? Wäre jemand traurig? Ich legte den Stift auf meinen Nachttisch. Ich atmete tief durch. Dann trocknete ich meine Tränen. mit einem Taschentuch und faltete das Blatt Papier. Darauf schrieb ich 'Was ist, wenn ich sterbe?' und legte es dann in meine Gedankenbox. Darin bewahrte ich all meine aufgeschriebenen Gedanken auf. Es half mir sehr, sie aufzuschreiben, denn dadurch konnte ich sie frei lassen und fühlte mich etwas besser.

Nachdem ich die Box geschlossen hatte, nahm ich mein Kissen und drückte es fest an meinen Kopf. Einige Minuten verblieb ich in dieser Position und vergaß alles um mich herum.

Plötzlich wurde ich durch das Klingeln meines Handys unterbrochen. Ich stieg aus meinem Bett und nahm an.

„Johanna?", ertönte eine männliche Stimme.

„Ja? Wer ist da?", antwortete ich.

„Hier ist Shawn. Wir wollten doch zusammen das Referat für Geschichte vorbereiten", erinnerte er mich.

„Oh, natürlich. Tut mir leid, das hatte ich ganz vergessen", erklärte ich ihm.

Wir verabredeten uns für halb vier bei mir Zuhause.

Ich zog mich um und räumte noch ein wenig auf und schon klingelte es. Ich lief zur Tür und öffnete sie.

„Hey", sagte ich nur. Ich war sehr nervös.

„Hey", entgegnete Shawn.

Wir gingen in mein Zimmer, um das Referat zu bearbeiten. Ich war sehr nervös und konnte meine Angst, etwas falsch zu machen, förmlich riechen.

„Ich muss mal auf die Toilette", sagte ich und verließ mein Zimmer. Eigentlich wollte ich bloß schnell weg, um nichts mehr falsch machen zu können. Ich hatte es gar nicht verdient, dass er bei mir war. Als ich mich beruhigt hatte, ging ich zurück in mein Zimmer und traute meinen Augen nicht. In meinem Zimmer saß Shawn gekniet auf dem Boden, hielt ein klein gefaltetes Blatt Papier in der Hand und in seinen Augen waren Tränen.

„Was ist passiert?", fragte ich vorsichtig.

„Johanna, so darfst du nicht denken! Wenn du stirbst, bricht die Welt zusammen! Wenn du stirbst, sind alle Träume verloren! Wenn du stirbst, wird dich niemand vermissen, man wird dir folgen! Wenn du stirbst, sind wir nicht traurig, unsere Herzen sind gebrochen! Johanna! Du bist ein wunderbarer Mensch und niemand kann dich ersetzen! Viele fragen sich, was du wohl denkst, weil du so wenig redest, aber als ich das hier gesehen habe, ich konnte es nicht glauben! Du hast doch nicht vor, zu sterben, oder?"

Ich war sprachlos. Ich weinte. Shawns Worte berührten mich sehr.

„Nein", antwortete ich. „Jetzt nicht mehr."

„Johanna, ich liebe dich!", sagte er und wischte seine Tränen weg.

„Meinst du das ernst?", fragte ich ungläubig.

„Ja!", antwortete er mit einer Überzeugung, die konnte man nicht vortäuschen.

„Ich liebe dich auch, Shawn! Ich dachte nie im Leben, dass du mich lieben würdest! Du bist das Beste, was mir je passiert ist!", gestand ich ihm.

„Das bist du, Johanna!"

Wir umarmten uns. Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so glücklich.

ENDE

One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt