Glaube und Vertrauen

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Angst. Pure Angst. Ich wurde bis tief in den Wald verfolgt. Nun war ich allein. Es war dunkel. Plötzlich ging ein Licht an und ich erkannte, dass ich vor einer Psychiatrie stand. Ich hörte einen schrillen Schrei. In der Psychiatrie war jemand. Ich öffnete die Tür und schlich durch die breiten Gänge. Der Schrei wurde lauter und plötzlich blickte ich einem Eingewiesenen direkt in die Augen. „Hilf mir hier raus! Ich bin nicht verrückt!", rief er. Neben der Zelle war ein Schlüssel, ich nahm ihn und ließ den jungen Mann heraus. „Danke" „Wer bist du?" „Chase. Ich wurde eingesperrt, aber ich bin geistig vollkommen gesund. Und du?" „Josy. Ich glaube, ich bin ein Psycho, aber es hat nie jemand gemerkt." „Willst du reden, spazieren?" „Klar."

Wir verließen die Anstalt und liefen durch den Wald. „So lange habe ich mich nach Freiheit gesehnt. Ich brauche das..." „Mir ist Freiheit ist eigentlich egal, ob ich nun eingesperrt bin, oder nicht, macht keinen Unterschied, ich bin sowieso immer allein."

„Hast du schonmal über den Tod nachgedacht?", fragte er. „Ja, jeden Tag. Ich hab mal überlegt, wie ich wohl sterbe und weil ich keine Antwort gefunden habe, dachte ich, bevor ich nicht weiß, wie ich sterbe, oder mich wer anders tötet, mach ich's lieber selbst..." „Krass." „Ich hab aber mal fast jemand anderen getötet..." „Was?" „Ja, hatte so ein Gefühl, dass ich es tun muss..." „Du meinst Stimmen in deinem Kopf?" „Nein, es gab mehrere Hinweise, und dann dachte ich, es ist meine Aufgabe, aber es ist für die Person gut ausgegangen und es sah aus wie ein Unfall, deshalb hab ich keine Strafe oder so bekommen." „Wow... Vielleicht bist du echt ein Psycho..." „Kann sein"

„Gibt es noch weitere ungewöhnliche Dinge, die dir passiert sind?" „Ja, als ich sechs war, hab ich meine Hand in eine Fritteuse gehalten, um zu sehen, ob ich dabei etwas fühle..." „Und?" „Nein, gar nichts." Ich zog meinen Ärmel hoch und zeigt ihm meine verbrannte Hand." „Wow, das ist echt krass."

Wir liefen weiter durch den Wald und begegneten einem Raben. Er war so zutraulich, dass er sich auf meine Schulter setzte. Danach wich er nicht mehr von meiner Seite. „Hast du einen Freund?", fragte Chase eine Weile später. „Ne, ich bin ein Wrack." „Hey, ein Wrack ist ein Ort an dem ein Schatz schlummert...", entgegnete er lächelnd. „Das ist ein schöner Spruch"

„Ich hatte noch nie Freunde oder so. Ich war immer ein Außenseiter und ein Freak. Keiner wollte was mit mir zu tun haben. Aber ich hab auch zu keinem gepasst." „Viele Freunde hatte ich auch nicht, aber dafür die richtigen." „Willst du etwas krasses sehen?", fragte ich. „Ja" Ich zog meinen Pulli aus, darunter hatte ich einen BH. Ich drehte mich um. Über meinen ganzen Rücken war ein Brief von meinem Opa tätowiert. „Wow. Was ist das?" „Ein Brief von meinem Opa. Den hat er mir geschrieben, bevor er gestorben ist. Wir standen uns sehr nahe." „Das tut mir leid. Aber das ist wunderschön." „Es ist seine Handschrift. Hat auch nicht wehgetan, aber sehr lange gedauert." Ich drehte mich wieder zu ihm und sein Blick viel auf mein Schlüsselbein. Ein Drache, der sich von der einen zur anderen Seite des Schlüsselbeins schlängelte und der Name Sofia. „Was symbolisiert das?" „Sofia ist meine Mutter und der Drache symbolisiert Stärke und Kraft, meine Mutter hat mir diese gegeben. Der Drache spiegelt also sie und mich wieder." „Das ist wunderschön." Sein Blick wanderte etwas nach unten zu meiner Hüfte. Dort hatte ich eine vertrocknete Rose und ein Datum. „An dem Tag habe ich mein Bein verloren." „Was?" „Ja, hat auch nicht wehgetan. Es wurde in einem Auto eingeklemmt und war dann nicht mehr brauchbar, deshalb hab ich ein Ersatzbein bekommen, ich merke es gar nicht, dass es nicht meins ist. Die Rose stellt sozusagen meine Seele dar und das Leben, ich hätte dabei auch sterben können, weil ich ne Blutvergiftung hatte, bin ich aber nicht, deshalb zeigt diese Rose, dass ich zwar verwelkt, aber immer noch da bin." Ich zog den Pulli wieder an. „Du bist echt der Wahnsinn!"

Wir liefen weiter durch den Wald, es war inzwischen wieder hell, aber es störte uns nicht. Er war kurz verschwunden und tauchte dann mit einer verwelkten Blume wieder auf. Es war eine Rose. „Du bist der unglaublichste Mensch, den ich je getroffen habe. Du bist wie diese Blume, für andere mag sie verwelkt und unbrauchbar sein, aber für mich ist sie etwas Besonderes, weil sie all das erlebt hat, und immernoch da ist." Er gab mir die Rose. Ich nahm sie entgegen und sagte: „Das ist echt nett, aber ich kann nicht mit Gefühlen umgehen..." „Ist nicht schlimm, ich verstehe dich. Ich wünsche mir nur, bei dir zu sein, egal was passiert." „Okay. Aber du muss damit rechnen, dass ich sehr trocken sein kann und nur ganz selten Emotionen zeige... Ich will nicht, dass du verletzt bist wegen mir, das ist schonmal passiert. Da war jemand, der mich gerne mochte und wir haben viel Zeit zusammen verbracht und irgendwann hat er sich aufgeregt, dass ich nie was Nettes zu ihm gesagt hab, aber er hat mich auch nicht wirklich verstanden..." „Ist schon okay. Ich verstehe dich, und ich verstehe auch, dass du anders bist, als andere Mädchen, aber genau das bewundere ich so sehr." „Kann ich dich umarmen?" „Okay." Er umarmte mich. Das erste Mal in meinem Leben habe ich etwas auf meiner Haut gespürt. Es war irgendwie seltsam, aber auch angenehm.

„Ist ja echt ein lustiger Zufall, dass ich für einen Psycho gehalten wurde, obwohl ich keiner bin, und du bist einer, aber es hat keiner gemerkt.", stellte er fest, als wir einen steilen Abhang hinunter gingen. Ich zuckte nur mit den Schultern. „Ich an deiner Stelle wäre nicht in eine verlassene Psychiatrie gegangen und hätte erst recht keinen Insassen freigelassen." lachte er. „Hattest du gar keine Angst?" „Nein, ich hab nie Angst, außer wenn ich verfolgt werde, dann schon." „Wurdest du schonmal verfolgt?" „Ja, oft. Gestern, deshalb war ich im Wald, jemand hat mich über eine lange Strecke bin in den Wald vor die Psychiatrie verfolgt, und dann war er plötzlich weg." „Kann es sein, dass du dir das eingebildet hast?" „Ja, kann sein, aber es macht mir trotzdem Angst, wenn sowas passiert."

Wir setzten uns an einen kleinen See. Dort war es ruhig und ich wollte schwimmen. Ich zog meine Kleidung bis auf die Unterwäsche aus und sprang in den See. Ein paar Minuten war ich unter Wasser. Dann tauchte ich voller Schreck wieder auf. „Da unten liegt jemand..." Chase schaute mich entsetzt an.

ENDE

One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt