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Tatsächlich ließ ich mich überreden mit ihm essen zu fahren. Er war merkwürdigerweise ziemlich ruhig. Schien gar ernst.

"Hab ich was gemacht?" War meine einzige Vermutung das er vielleicht über irgendwas nachdachte was ich getan oder gesagt hatte.

"Nein. Es geht nicht um dich. Beziehungsweise nur teilweise." Jetzt machte er mich neugierig.

"Teils ...?" Er griff etwas fester ums Lenkrad und atmete tief durch. Dann lockerte er den Griff wieder. Sein Kiefer war aber immer noch angespannt.

"Ich war es. Der Schlüssel. Ich habe ihn dir in den Rucksack getan und andere Verdächtigt. Etwas aufsehen erregt. Du bist mit trotz, dass ich dich anders, besser behandelte aus dem Weg gegangen. Ich hatte öfter versucht mit dir zu reden. Oder zumindest Aufmerksamkeit zu bekommen. Und sicher hättest du mir unter normalen Umständen nicht geglaubt, oder gar unterschrieben." Ich war etwas entsetzt. Und irgendwie sauer, so wie gleichzeitig überrascht und geschmeichelt. Was sieht er an mir?
Ich war in dem Moment auch Sprachlos. Aber er unterbrach die Stille mit weiteren Erklärungen.

"Du kennst mich nur als Boss. Du weißt wie ich anfangs war. Ich habe gern mal weggesehen. Mich nie eingemischt. Ich hatte ja alles erreicht und wollte nur das man seinen Job macht. Und dafür entschuldige ich mich. Denn ich wurde geblendet. Hing mit den falschen Leuten rum. Die, die glaubten besser zu sein. Für die Ehrlichkeit und Freundlichkeit nur eine Fassade sind um zu bekommen was sie wollen. Und wenn man nicht mehr in ihre heile Welt passt, ist man auch schnell ein Opfer. Selbst in der eigenen Familie. Ich weiß, dass entschuldigt nicht, was ich mit Menschen tat. Aber diese haben mich zu oft enttäuscht. Bis ich dich traf. Du warst anders. Immer bereit alles zu geben. Die Tiere liegen dir wirklich am Herzen und trotz der Schikanen und des Mobbings hast du stets weiter gemacht. Sogar deinen Peinigern teils geholfen. Da schwor ich mir DIR zu helfen. Menschen wie di sind viel wert und haben besseres verdient." Geld haben heißt wohl nicht zwangsläufig Glücklich sein. Menschen sind grausam, egal welche Soziale Schicht. Ich kenne nur solche Menschen. Außer Anthony. Und an den dachte ich in dem Moment. Mir fielen auch wieder Dinge ein. Sachen, die ich mit ihm erlebte und fragte mich warum ich diese so stark verdrängte. Aber dann fuhr Dean fort mit seinen Fragen.

"Warum wolltest du springen? Ich versteh dich da immer noch nicht. Du duldest alles. Lässt alles mit dir machen. Willst deinen Eltern gefallen, aber will man dir helfen gibst du auf?
Ziemlich Masochistisch, meinst du nicht? Wovor hast du Angst? Wenn du willst, ich kenne bessere Möglichkeiten dich zu peinigen, ich brauche nur ein Bett und Handschellen." Wieder wäre ich am liebsten im Erdboden versunken. Wieso musste er so pervers sein?! Er konnte nicht ernst bleiben. Obwohl mir dann der Gedanke gefiel. Ich schüttelte diesen aber schnell ab.

"Kannst du ... Ich weiß es nicht. Ich versteh mich selbst manchmal nicht. Die Gedanken kommen oft wie sie wollen." War meine ernüchternde Antwort.

"Borderline würde ich fast behaupten. Auch deine Stimmung und das zusammen mit den Ereignissen und Personen. Beziehungsweise bist du ziemlich Instabil wenn es um Gefühle geht. Kannst schnell impulsiv werden und dich nicht wirklich kontrollieren. Und in einen zum anderem plötzlich springen, obwohl du vorher noch dankbar erschienst. Du scheinst dich selbst auch völlig falsch wahrzunehmen. Hast du dich schon mal selbst verletzt?" Will er jetzt Doktor spielen? Ich brauche keinen Psychiater. Sondern einen, der mich versteht und damit umgehen kann. Mich nicht ändern will. Das Gefühl hatte ich immer noch bei Dean, dass er genau das wollte.

"Du bist wieder unsicher und gleichzeitig Wütend oder? Ich bin vielleicht oft zu direkt. Mit den Kopf durch die Wand. Ja, ich bin nicht gerade feinfühlig, aber irgendwie muss man dir helfen. Und einer wie Anthony, der wohl ein ähnliches Problem hat, wäre die definitiv nicht geholfen. Wenn er dich aber beruhigt, können wir gern mal Hallo sagen." Sein ernst? Er verblüffte mich immer wieder.

"Freu dich nicht zu früh. Er hat trotzdem Regeln. Und an die sollte er sich halten. Außerdem, ich vertraue ihm nicht. Aber du anscheind und er dir, oder?" Das wusste ich ehrlich gesagt nicht. Da er sehr verschlossen war. Mich ja auch oft abwehrte. Ich wusste selbst nicht, wie ich ihn einschätzen sollte. Was ihm dazu machte, was er war. Viele verlieren ihre Eltern. Oder haben die Narben eine große Story, was ihm dazu brachte so vorsichtig, unglaublich skeptisch zu werden. Fast schon ängstlich. Er versteckte sich mehr als ich und hatte es gar nicht nötig.

"Willst du nun? Oder lieber nicht. Wenn, würde sich die Zeit verlängern. Dann dürftest du ihn auch öfter sehen. Müsstest aber bei mir wohnen bleiben. Als Freund könnte ich ihn akzeptieren, für mehr nicht." Ich verdchrenkte die Arme. Ich fand dieses tu das für dies und ohne Regeln geht gar nichts, echt nervig. Konnte er mir nicht einfach ein gefallen tun, ohne etwas dafür zu verlangen oder Regeln aufzustellen?

"Du willst dich doch ändern. Dann tu was, ohne immer etwas dafür zu verlangen. Sondern einfach weil du es aus dem Herzen tutst. Aus Überzeugung. Einfach weil du helfen willst und dabei mal nicht an dich denkst."

"Ich denke dabei an dich, sonst würde ich es nicht tun." War seine sehr geschickte Ausrede. Für mich war es eher für ihn. Damit er einen Grund hatte mich länger bei sich zu behalten.

"Ich frage nicht ein drittes Mal. Für dich vielleicht eine Gelegenheit etwas raus zu kommen. Oder willst du nur bei mir rumsitzen oder auf Arbeit?" Ich verschränkte die Arme. Er braucht gar nicht versuchen mich zu beeinflussen.

"Nein. Aber nicht wegen Anthony. Du versuchst irgendwie alles so zu drehen, dass es dir in den Kram passt. Hör auf zu planen, oder Regeln aufzustellen. Ich würde gern fahren. Denn er bräuchte auch etwas Hilfe. Vielleicht wäre es gut sich auch um ihn zu kümmern. Einfach so, ohne dafür was zu wollen. Entweder wir wollen weil wir es wollen, uns nicht weil wir was dafür verlangen." Er grinste Kopfschüttelnd.

"Du und deine selbstlose Art. So lange ich ihm nicht vertraue möchte ich Regeln. Ihm im Auge haben." Ich rollte mit den Augen, was ihn wieder gar nicht passte.

"Du lernst es wohl nicht." Ich wollte ihm erst die Zunge raus strecken, aber als ich den intensiven Blick sah, den er aufsetzte, schluckte ich schwer. Vielleicht doch keine gute Idee gewesen.

Until Dawn - Bis zum MorgengrauenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt