»Carla rette mich!«, Perry Cox warf stöhnend eine Akte auf den Tresen der Schwesternstation.
»Die Assistenten?«, fragte diese lächelnd und griff nach der Akte.
»Ich glaube, sie werden von Jahr zu Jahr dümmer. Ich frage mich, wie John das aushält«, sagte Perry und lehnte sich lässig an den Tresen.
»Tja, dein Mann war schon immer der Geduldigere«, sagte Carla und grinste.
»Apropos Mann, da kommt er«, sagte sie und wies mit dem Kopf den Flur hinunter. Perry folgte ihrem Blick und ging lächelnd auf John zu.
»Was machst du denn hier?«, wollte er wissen und küsste ihn kurz.
»Ich dachte, ich hole dich ab und wir gehen was essen«, sagte John Michael Cox und zwinkerte Carla zu.
»Ähm ja sicher, aber wo ist Jack?«, fragte Perry irritiert.
»Dreimal darfst du raten!«, sagte John und selben Moment kam Turk, der bereits seine privaten Sachen trug, um die Ecke gerannt und hatte den dreijährigen Jack auf den Schultern.
»Schau Daddy ich bin ein Flugzeug!«, rief dieser und quietschte vor Vergnügen.
»Gandhi mach meinen Sohn nicht kaputt«, rief Cox und schon stoppte Turk vor ihm.
»Käme mir nicht in den Sinn«, sagte er und hob den Jungen von seinen Schultern.
»Na Jacky Boy, wie war der freie Tag mit Dad?«, wollte Perry nun wissen und nahm seinen Sohn auf den Arm.
»Wir waren bei den Flamingos!«, sagte Jack mit leuchtenden Augen.
»Du warst mit ihm in einer Travestieshow?«, zweifelnd sah Cox zu John. Dieser schüttelte resigniert den Kopf.
»Im Zoo, Schatz, wir waren im Zoo«, sagte er.
»Also können wir?«, wollte er dann wissen und sah zu Turk. Dieser nickte und nahm Jack wieder auf seine Arme.
»Aha was soll das werden?«, wollte Perry wissen.
»Jack schläft heute Nacht bei uns und ihr macht euch einen schönen Abend. Nicht war Jacky?«, sagte Carla und wuschelte dem Dreijährigen durch die blonden Haare.
»Ja und dann darf ich mit Izzy spielen«, jauchzte Jack.
»Ist das wirklich okay?«, wollte Perry wissen.
»Natürlich. Wir haben den Kleinen gerne bei uns und Izzy freut sich darauf, ihn zu bemuttern«, sagte Turk lachend.
»Na schön, also dann sei artig Jacky! Dad und ich holen dich morgen wieder bei Tante Carla und Onkel Turk ab«, sagte Perry und gab seinem Sohn einen Kuss auf die Wange.
»Bis morgen Großer!«, sagte John und wuschelte seinem Sohn durch die Haare.
»Tschüss Dad!«, sagt dieser und Turk hüpfte mit ihm auf dem Arm zum Ausgang. Das Lachen des Kindes halte durch den Flur.
»Nun schau mal nicht so, es ist eine Nacht!«, sagte John und griff nach Perrys Hand.
»Mach dir keine Sorgen. Wir passen gut auf ihn auf und nun raus mit euch!«, sagte Carla und grinste.
»Ich fahre!«, sagte John und hielt die Hand auf, als sie auf dem Parkplatz standen. Mit hochgezogen Augenbrauen warf Perry ihm die Schlüssel für den Kombi zu. Seit Jack auf der Welt war, reichte der Porsche nicht mehr, sich von ihm zu trennen, kam Perry aber nicht in den Sinn. Er hatte ihn behalten und ab und zu fuhr er auch mit ihm, vor allem dann, wenn John und er nicht den gleichen Dienst hatten.
»Also sag schon, wo geht's hin?«, wollte Perry wissen, als sein Mann auf den Highway einbog.
»Überraschung!«, sagte dieser nur kryptisch.
»Ich hab es nicht vergessen!«, sagte Perry, nachdem sie eine Weile geschwiegen hatten. Überrascht sah John ihn an.
»Heute vor fünf Jahren bist du aus dem Koma erwacht«, sagte er und lächelte.
»Ich wusste, das du es nicht vergessen hast«, sagte John und Perry legte ihm eine Hand auf den Oberschenkel. Sie redeten nicht oft über die Ereignisse von damals. Aber John hatte, schnell eingesehen, dass auch er eine Therapie brauchte, um alles zu verarbeiten. Die Hintermänner wurden bis heute nicht gefasst, aber das war beiden nicht mehr wichtig. Der Wunsch nach einem Kind hatte auch bald Perry nicht mehr losgelassen und so entschieden sie sich für eine Leihmutter, genau wie Marc und Anton. Als Jack vor drei Jahren geboren wurde, war es für beide, der schönste Tag, seit sie denken konnten. Perry entwickelte sich zur richtigen Glucke, was Jack anging. Oft war es John, der ihn zügelte und ihm immer wieder klarmachte, dass weder er noch Jack einfach so verschwinden würden.
»Ähm ich dachte, wir gehen was essen?«, sagte Perry, als John den Wagen in der Einfahrt ihres Hauses stoppte.
»Tun wir«, sagte dieser.
»Aber wir sind zu Hause!«
»Ja, sind wir. Rate, wer gekocht hat? Aber wenn du lieber in ein Restaurant ...«
»Was? Nein, nein du weißt ich liebe dein Essen!«, sagte Perry schnell und warf die Wagentür zu.
»Okay, das war mehr als nur gut!«, sagte Perry und warf die Serviette neben seinen leeren Teller.
»Es gibt noch Nachttisch!«, sagte John und stand auf, aber Perry hielt ihn am Arm zurück.
»Ich würde sagen, um den Nachttisch kümmere ich mich«, sagte er, stand auf und zog seinen Mann dicht an sich.
»Was wird das?«, wollte dieser wissen.
»Ähm Nachttisch ...«, sagte Perry grinsend und zog John in das Schlafzimmer.
»Denkst du manchmal noch dran?«, wollte John wissen, als sie einige Zeit später Arm in Arm im Bett lagen. Perry drehte den Kopf und sah seinen Mann lange an.
»Du meinst, an die Zeit vor fünf Jahren?«, John nickte.
»Manchmal, aber eher selten. Weißt du, manchmal träume ich noch davon, dann sehe ich dich wieder dort auf dem Asphalt liegen, aber das liegt lange hinter uns, oder?«, wieder nickte John. Ja, es hatte sich viel geändert. Er war, so lange er denken konnte J.D. gewesen, aber Perry hatte ihn schon kurz, nachdem er aus dem Koma erwacht war, John genannt. Es war eine Art Kosename, weil er das doch recht abfällige »Flachzange« nicht mehr benutzen wollte. Auch Frauennamen hatte er ihm nie wieder oder sagen wir nur sehr, sehr selten gegeben. Sie hatten ein Haus mit Garten und einen kleinen Sohn, der alles irgendwie leichter machte. Jack war ihrer beider Therapie gewesen. Gedankenverloren fuhr John sich über die lange, mit den Jahren verblasste Narbe auf seiner Brust.
»Woran denkst du?«, wollte Perry wissen und beugte sich über John.
»Nichts weiter ...«
»Komm schon Johnny, ich kenne dich zu gut, also?«
»Denkst du, Jack würde sich über ein Geschwisterchen freuen?«, sagte dieser zögernd.
»Sicher würde er das«, sagte Perry und strich sanft über die Narbe auf der Brust seines Mannes.
»Und du?«
»Manchmal denke ich, ich wäre zu alt, aber eigentlich weiß ich, dass ich das alles schaffe, solange du noch da bist. Also ja, ein zweites Kind wäre toll!«, sagte Perry und küsste seinen Mann. Wieder lagen sie eine Weile schweigend nebeneinander.
»Bist du zu Hause?«, wollte John irgendwann wissen. Perry drehte wieder den Kopf zu ihm.
»Ja, mit dir und Jack überall und du?«
»Ja ich hatte nie ein schöneres Zuhause. Ich liebe dich!«, sagte John und lächelte.
»Ich liebe dich auch John Michael Cox«, sagte Perry und küsste Johns Schläfe. Ja, er liebte ihn und auch wenn er diese drei Worte früher nie gesagt hatte, so hatte Perry Cox sich geschworen, als John noch im Koma lag, ihm diese Worte jeden Tag wenigstens einmal zu sagen, und bis heute hatte er seinen Schwur nicht gebrochen.
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Mein Licht in dunkler Nacht
FanfictionVon einem Tag auf den anderen ändert sich für J.D. alles. Er redet nicht darüber und versucht alles irgendwie alleine zu schaffen, aber da hat er die Rechnung ohne Perry Cox gemacht. Dem Oberarzt ist sein leitender Assistenzarzt längst nicht so egal...