Perry Cox drückte die schwere Holztür auf, als der Summer ertönte. Er hatte mit etwas schäbigeren gerechnet, doch die Eingangshalle des Obdachlosenasyls wirkte wie die Kulisse eines alten Schwarzweißfilms. Die Dame hinter dem Tresen betrachtete ihn forschend. Schnellen Schrittes trat der Oberarzt auf sie zu.
»Guten Abend, was kann ich für Sie tun? Wenn Sie ein Bett brauchen, dann muss ich Sie enttäuschen. Wir sind leider voll«, sagte Sandra.
»Nein ich brauche kein Bett. Ich suche jemanden. Er ist hier reingegangen. Ich glaube, er arbeitet hier«, fragend sah Cox zu der älteren Dame. Die runzelte die Augenbrauen.
»Also heute Nacht bin nur ich hier und Chuck, der Sicherheitsmann. Aber den meinen Sie sicher nicht.«
»Nein, sein Name ist J.D. ... also John Dorian«, versuchte Cox zu helfen.
»Meinen Sie Johnny? Der wohnt hier«, die Dame sah über den Arzt hinweg zu J.D., welcher sich auf der Couch möglichst klein gemacht hatte. Cox drehte sich um und erblickte den Assistenzarzt.
»Sag mal Flachzange, was genau tust du hier?«, Perry ging auf den Dunkelhaarigen zu, der leicht zurückschreckte.
»Ähm ... ich also ... ich...«, stotterte er. Inzwischen war Sandra hinter ihrem Tresen vorgekommen und stand nun neben Cox.
»Sag mal John, soll ich den Typen rauswerfen lassen?«, wollte sie wissen, aber J.D. schüttelte schnell den Kopf.
»N-Nein schon okay Sandra«, Sandra schnaufte, funkelte Perry wütend an und ging dann wieder zurück.
»Ich höre Claire. Was machst du hier? Warum wohnst du in einem Obdachlosenasyl?«, in der Stimme des Oberarztes lag weniger Wut oder Hohn, es war viel mehr Besorgnis. J.D. war irritiert, sollte der Mann sich wirklich um ihn sorgen?
»D-Das ist kompliziert«, sagte J.D. und richtete sich etwas auf. Perry verschränkte die Arme und sah auf den jungen Mann vor sich. Was tat er überhaupt hier? Was ging es ihn an? Aber er konnte kaum leugnen, dass er sich Sorgen machte und der seltsame Knoten in seinem Magen wollte nicht verschwinden.
»Na schön. Mitkommen!«, sagte Cox, nachdem sie beide eine Weile geschwiegen hatten. J.D. sprang auf, es war mehr ein Reflex, als sein Wille, aber Cox' Blick ließ keinen Widerstand zu. Der Oberarzt ging zum Tresen.
»Hören Sie Sandra. Danke, dass Sie sich um Flach- ... um John gekümmert haben. Ich nehme ihn mit, wenn das okay ist?«, die Dame sah ihr Gegenüber lange an, dann nickte sie.
»Ich glaube ich weiß, wer Sie sind. Sie sind Johnnys Chef. Er hat viel von Ihnen erzählt. Also schön, ich weiß nicht warum, aber ich habe das Gefühl, der Junge ist bei Ihnen gut aufgehoben. Besser als hier oder auf der Straße. Also dann, mach's gut, Kleiner und ich will dich hier nicht so schnell wiedersehen!«, Sandra sah über Cox hinweg zu J.D., der immer noch an der Couch stand.
»Danke Sandra für alles«, sagte J.D. und lächelte. Perry lief nun zum Ausgang, warf J.D. einen auffordernden Blick zu und öffnete die Tür.
Der frische Herbstwind pfiff den beiden Ärzten um die Ohren. J.D. zog den Reißverschluss seiner viel zu dünne Jacken noch höher.
»Komm schon Anabel, es ist nicht weit«, sagte Cox und versuchte, den inneren Drang zu unterdrücken, dem dünnen frierenden Jungen vor sich, einem Arm, um die Schulter zu legen. Er lief voraus und versicherte sich aus dem Augenwinkel, dass J.D. ihm folgte. Zehn Minuten später standen sie wieder vor Perrys Porsche.
»Steig ein!«, sagte Cox knapp und J.D. tat es nur zu gerne, denn inzwischen war er durchgefroren. Perry gab Gas und beobachtet den Dunkelhaarigen, der eindeutig zitterte. Er drehte die Heizung höher und fuhr noch etwas schneller. Es war bereits zwei Uhr morgens und kein Mensch war mehr auf der Straße.
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Mein Licht in dunkler Nacht
FanficVon einem Tag auf den anderen ändert sich für J.D. alles. Er redet nicht darüber und versucht alles irgendwie alleine zu schaffen, aber da hat er die Rechnung ohne Perry Cox gemacht. Dem Oberarzt ist sein leitender Assistenzarzt längst nicht so egal...