Ich werde zu spät kommen.
Der schwarze SUV parkte direkt auf der abgesenkten Bordsteinkante. Und wenn ich direkt sage, meine ich direkt.
Meine Arme taten bereits weh, weil ich mir hier einen abmühte, trotzdem auf den Bürgersteig zu gelangen. Da es sich heute aber um einen meiner eher schlechteren Tage handelte, führte mein Bemühen nur dazu, dass mein Kopfschmerz, der mich seit heute Morgen peinigte, sich nahezu verdoppelte und meine Laune quasi ungebremst kilometerweit in den Keller krachte.
Einfach unfassbar, wie ignorant manche Leute waren. Ich knirschte wütend mit den Zähnen und trommelte mit den Fingerkuppen aggresiv gegen die Räder meines Rollstuhls. Der Wagen stand ziemlich schief und ein Reifen hing lose in der Luft.
Wirklich klasse.
Der Schmerz war von apokalyptischem Ausmaß, also schluckte ich eine Schmerztablette, die ich immer in meiner Hosentasche parat hatte und wartete auf die Wirkung. Mehr hatte ich auch nicht zu tun.
Als ich wieder Richtung Schulgebäude schaute, sah ich wie die schlanke Silhouette einer Person zwischen zwei parkenden Autos hindurchhuschte. Ein einzelner Nachzügler, der scheinbar telefonierte, zumindest bewegten sich hin und wieder geschäftig seine Lippen. Während er auf das Schulgebäude zulief, zuckten seine Augen ganz kurz in meine Richtung und ich erkannte ihn; Tommy Walker. Wir gingen in eine Klasse, aber ich hatte bisher noch nie wirklich was mit ihm zu tun gehabt. Er hielt inne, warf einen längeren Blick über seine Schulter und drehte sich langsam zu mir um. Dabei zog er die Stöpsel aus den Ohren und wickelte sich das Kabel um die Finger. „Brauchst du ... Hilfe?"
Ich nickte ergeben. „Die Scheißbordsteinkante."
Er sah mich einen Moment lang mit ausdrucksloser Miene an, bevor er den Kopf leicht zu Seite neigte und sich eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht blies.
„Wenigstens hab ich jetzt eine gute Ausrede fürs zu spät kommen."Ja, klar. Schön, dass ich helfen konnte. Mein Trommeln wurde aggressiver. Jetzt fiel mir auch wieder ein, warum ich nie viel mit ihm gesprochen habe.
Er ging um mich herum und drückte mich vorsichtig herunter, sodass er mich einfacher auf den Bürgersteig manövrieren konnte. Mühsam rutschte ich mich zurecht und als ich mich wieder an Tommy wandte, klang meine Stimme leicht atemlos: „Danke." Mein Brustkorb hob und senkte sich kräftig. Mist, nicht jetzt ...
Mir war furchtbar schlecht und ich hatte das unangenehme Gefühl, mich gleich übergeben zu müssen.
Wie bescheuert war das eigentlich? Die Nebenwirkungen meiner Schmerztabletten waren weitere Schmerzen. Ein Schmerztausch quasi. Echt super. Ich kann gar nicht oft genug erwähnen, wie lieb ich meine Ärzte doch hab ...
„Geht's dir gut? Du siehst blass aus."
Angesäuert wie ich war, meinte ich bloß: „Alles bestens. Den Rest schaff' ich auch allein." Meine Rollen ratterten über die Rillen, die sich im Bürgersteig befanden. Tommy ging schweigend neben mir her. Es war keine angenehme Stille, eher ... drückend.
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Kilian
Romance𝐊𝐚𝐧𝐧 𝐋𝐢𝐞𝐛𝐞 𝐰𝐢𝐫𝐤𝐥𝐢𝐜𝐡 𝐚𝐥𝐥𝐞𝐬 𝐛𝐞𝐳𝐰𝐢𝐧𝐠𝐞𝐧? 𝐒𝐨𝐠𝐚𝐫 𝐝𝐢𝐞 ü𝐛𝐞𝐥𝐬𝐭𝐞𝐧 𝐃ä𝐦𝐨𝐧𝐞𝐧 𝐝𝐞𝐫 𝐕𝐞𝐫𝐠𝐚𝐧𝐠𝐞𝐧𝐡𝐞𝐢𝐭? Nach dem Unfall ist alles anders. Nicht nur Kilians Körper hat ihn im Stich gelassen und fesselt i...