26. Nicht gut genug

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Zugegeben, es war nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte

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Zugegeben, es war nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Auch wenn Tommys Reserviertheit mich zunehmend verunsicherte und auch etwas ärgerte. Es war immerhin sein Vorschlag gewesen, das zu machen.

Ich hatte mir Schuhe und Socken ausgezogen und bewegte meine nackten Zehen im warmen Gras. Das letzte Mal als ich draußen barfuß war, musste vor meinem Unfall gewesen sein. Ich konnte mich nicht genau erinnern, wann und wo, was mich traurig stimmte. Vermutlich als ich mit meinen Freunden hier am Bach baden war oder als ich mit Charlie auf der Wiese hinterm Haus Federball gespielt hatte. Dinge, die ich jetzt nicht mehr tun konnte. Die Strömung des Bachs würde mich sofort umreißen und allein die Vorstellung, einem fliegenden Ball nachzujagen, war inzwischen sogar noch utopischer für mich.

Diese Wahrheit schmerzte.

Garve hatte Tommy dazu überredet, sich mit ihm die Füße im Wasser abkühlen zu gehen und jetzt staksten sie mit hochgekrempelten Hosenbeinen wie Störche darin umher. Es war eigentlich ziemlich süß mitanzusehen. Sie gaben ein schönes Paar ab. Und ein Teil von mir wollte ihnen das gönnen, eine normale, unbeschwerte Beziehung, ohne irgendwelche Einschränkungen. Ein anderer Teil von mir war einfach nur fuchsteufelswild vor Eifersucht. Und so saßen ganz klischeehaft Teufel und Engel auf meinen Schultern und schrien sich gegenseitig an. Ich bekam Kopfschmerzen und massierte mir die Schläfen. Was mache ich nur? Wenn ich nur diesen beschissenen Unfall nicht gehabt hätte, wenn mein Körper nicht einfach dauerhaft in den Sparmodus verfallen wäre ... es war zum Verzweifeln frustrierend.

Ich wollte wieder normal sein. Tommys Zuneigung ganz normal für mich gewinnen. Eine ernsthafte Konkurrenz für Garve sein und nicht nur den Mitleidsbonus genießen.

Und ja, ich wusste eigentlich, dass er nicht nur aus Mitleid mit mir flirtete und dass es nicht meine Behinderung war, die ihn abschreckte eine Beziehung mit mir einzugehen. So war er nicht und das mochte ich auch so an ihm - aber der Schock darüber, dass meine beste Freundin mich genau deswegen abserviert hatte, hallte immer noch tief in mir nach und hatte vergangene Ängste, die sich kurz nach meinem Erwachen im Krankenhaus in mir manifestiert hatten, wiederaufleben lassen. Ich hatte panische Angst davor, zurückgelassen zu werden; nicht mehr gut genug zu sein.

Ich sah zu, wie Tommy in Garves unmittelbaren Nähe seine Abwehrhaltung fallenließ und sich entspannte. Ihn anlachte und sogar neckte.

Das war eine ziemlich bittere Erkenntnis. In der Schule, wo ich war, verzog er sich in sein Schneckenhaus und mied jede Kommunikation und bei ihm wurde er ausgeglichen und locker, die Version, die ich versuchte dauerhaft aus ihm heraus zu kitzeln.

Also was ... war ich das Problem? Aber wieso? Was machte ich denn so anders?

Ich verstand es einfach nicht.

Wir tickten so komplett anders.

Mein erster Impuls war auch jetzt wieder ihn sofort damit zu konfrontieren - aber das lief bei ihm nie besonders gut. Er fetzte nicht zurück, wie ich es gewohnt war, sondern machte augenblicklich dicht und ging auf Abstand. Und das war das Letzte, was ich wollte, wir hatten lange genug nicht miteinander geredet. Also was ... musste ich diese Nähe zwischen ihnen einfach tolerieren, weil ich ihn sonst vielleicht für immer verlor?

KilianWo Geschichten leben. Entdecke jetzt