Aufwachen à la Leroy

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15.11.2022 | Sultan-Qabus-Sportzentrum | Maskat, Oman


„Wie geht's dir mittlerweile?" Leroy betrat mit besorgtem Blick das Hotelzimmer, in welchem sich heute Morgen ein kurioser Vorfall nach dem anderen ereignet hatte. „Mein Arsch tut weh and it's your fault", lautete die Antwort, die er daraufhin von einem offenbar ziemlich genervten Jamal Musiala erhielt. „Was das angeht", begann Leroy lachend, „ich glaube, das komplette Team denkt jetzt, wir hätten was miteinander."

„Bitte was?" Jamal sah ihn leicht amüsiert an, weshalb sein Zimmergenosse erklärte: „Hansi wollte wissen, wo du bist. Dann hab ich gesagt dir geht's nicht so gut, du kannst nicht richtig laufen und offenbar haben die das alle so verstanden, dass das an zu hartem Sex lag." Leicht verstört schlug Jamal sich die Hände vors Gesicht, um seine sich dunkelrot färbenden Wangen zu verdecken. Leroy schien, was solche Themen anging, offenbar kein Blatt vor den Mund zu nehmen, während der Jüngere zugeben musste, dass ihm das tatsächlich etwas unangenehm war.

„Oh Gott", meinte Jamal und drehte sich aus seiner auf dem Bauch liegenden Position auf den Rücken, was er jedoch sofort bereute. „Leroy reicht, du musst mich nicht als Gott bezeichnen", lachte dieser nur, fügte jedoch freundlicherweise hinzu: „Soll ich dir mal ein neues Kühlpack holen, das von vorhin kann doch nicht mehr kalt sein."

Nur wenige Minuten später kam er Jamal zuliebe mit einer frischen Kühlkompresse wieder zurück aufs Zimmer, welche dieser sich direkt auf sein Steißbein legte und ein leises „Thanks" murmelte. „Ist doch das Mindeste, was ich tun kann", meinte Leroy schmunzelnd, „immerhin bin ich schuld daran, dass du so leiden musst."

„Tu mir einen Gefallen und mach das morgen früh nicht nochmal", flehte Jamal den Älteren nahezu an, doch dieser protestierte sofort: „Ich hab doch selbst noch halb geschlafen. Außerdem wenn du mir nicht zuerst die Decke wegziehst und fünf Minuten später auf mir liegst, muss ich dich auch nicht wieder aus dem Bett schubsen." „Vielleicht ist mein Steißbein gebrochen", erwiderte der Jüngere, „Es gibt nettere Arten, um morgens geweckt zu werden." „Ich kann dir gerne einen nassen Waschlappen ins Gesicht klatschen oder soll ich dir lieber ein Ständchen singen? Wenn du willst, kann ich dich auch wach küssen, so dornröschenmäßig. Was immer du wünscht."

Jamal schüttelte nur lachend den Kopf und begab sich in eine halb sitzend, halb liegende Position. „Gibt's nicht seit ein paar Minuten Mittagessen?" „Soll ich dir jetzt was davon aufs Zimmer bringen wie beim Frühstück oder was willst du mir damit sagen", wollte sein Gegenüber daraufhin wissen, doch Jamal meinte: „Ich sag nur, I'm hungry und wäre dir sehr verbunden, wenn du mir wenigstens beim Laufen helfen könntest, after you broke half my back." „Du musst ja nicht gleich übertreiben. Gebrochen ist da bestimmt nichts und ich bin mir sicher, morgen kannst du wieder normal laufen." Lachend half Leroy seinem Zimmergenossen beim Aufstehen, woraufhin dieser einen Arm um seine Schultern legte, damit er sich beim Gehen etwas abstützen konnte.

Das erste, was die beiden zu hören bekamen, als sie für das Mittagessen zum Rest ihrer Mannschaft stießen, war: „Und? War's gut?" „Wenn du meinst, dass mein Steißbein gebrochen sein könnte, dann nein", antwortete Jamal und Manuel, von welchem auch schon die erste Frage gekommen war, wollte wissen: „Leroy, was hast du denn bitte mit ihm angestellt?"

„Der Ärmste ist aus dem Bett gefallen", erwiderte der Angesprochene und sah Jamal bemitleidend an. „Du hast mich aus dem Bett geschubst", meinte dieser, erhielt jedoch sofort als Begründung: „Weil du meine Decke geklaut hast."

Das restliche Team sah die beiden ziemlich amüsiert an, bis Serge schließlich der Erste war, welcher in schallendes Gelächter ausbrach. Auch die anderen konnten nicht anders und so war der Raum von lautem Lachen erfüllt, als Hansi Flick diesen kurz darauf betrat.

Es dauerte einige Zeit, bis das Team mit dem Essen begann, denn sie brauchten allein schon fünf Minuten, um sich vor Lachen wieder einzukriegen und die darauffolgende Ansprache des Bundestrainers nahm ebenfalls etwas Zeit in Anspruch. Doch als die Mannschaft sich dann endlich auf das Essen stürzen konnte, schien niemand zu merken, dass sie schon wieder nicht vollständig waren. Dies fiel ihnen erst auf, als Nico Schlotterbeck zehn Minuten später mit verheulten Augen den Saal betrat und sich zwischen Kevin Trapp und Christian Günter auf den letzten freien Stuhl fallen ließ. Christian warf ihm einen fragenden Blick zu, doch Nico mühte sich lediglich ein Lächeln ab und wischte sich einmal über die Augen, um auch die letzten Tränenreste zu beseitigen. „Wenn du reden willst oder so, sag Bescheid." Der Freiburger sah ihn besorgt an, hatte jedoch keine Ahnung, was mit der Nummer vier der Dortmunder los war. Nico schüttelte einfach nur den Kopf und murmelte: „Alles okay", auch wenn das nicht hundertprozentig der Wahrheit entsprach.

Madness, Love and Football - Qatar 2022Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt