Madness, Love and Football - Qatar 2022

Ohne Konzentration gegen den Oman

16.11.2022 | Sultan-Qabus-Sportzentrum | Maskat, Oman

„Wem genau wollt ihr das da draußen eigentlich als gut verkaufen?" Sichtlich wütend stand der Bundestrainer vor seiner Mannschaft und versuchte seine Jungs innerhalb von 15 Minuten zu einem besseren Spiel zu motivieren, denn bisher spielten sie nicht gerade gut. Ob das nun an ihrer Chancenverwertung, Unaufmerksamkeit oder anderen Dingen lag, konnten sie alle selbst nicht genau sagen. Fakt war, sie waren unkonzentriert.

Für diese nicht vorhandene Konzentration hatten an sich eigentlich nur zwei der Spieler einen Grund. Als Ausrede für ein unscheinbares, wenn nicht sogar schlechtes Spiel galt dieser vermutlich nicht, denn eigentlich sollten sie ihre Leistung in den Spielen nicht von ihrem Privatleben beeinflussen lassen, doch zumindest hatten sowohl Leon als auch Leroy eine Erklärung.

Letzterer war in Gedanken durchgehend bei seinem Fast-Kuss mit Jamal am Morgen desselben Tages. Er verstand noch immer nicht wie und warum es dazu gekommen war und gleichzeitig wünschte er sich, die Situation hätte vielleicht anders geendet. Anders im Sinne von, Jamal wäre anschließend nicht ohne ihn zum Frühstück verschwunden und hätte ihn auch nicht mit dem Chaos in seinen Gedanken allein gelassen.

Leon hingegen war aus anderen Gründen unkonzentriert. Seine Gefühle spielten zwar an der ein oder anderen Stelle eine Rolle, doch im Großen und Ganzen hatte er wie so oft in den letzten Tagen einfach begonnen, über seine Beziehung nachzudenken. Und wenn dieses Thema einmal in seinen Gedanken war, verschwand es auch nicht innerhalb der nächsten zehn Minuten. Je häufiger er darüber nachdachte, desto öfter fragte er sich, ob er wirklich noch so glücklich war, wie er Thomas am vorherigen Tag beim Essen erzählt hatte. War diese Beziehung wirklich noch das, was er wollte? Dass es Liebe war, was er seinem Freund gegenüber empfand, das war ihm klar. Doch trotzdem kamen ihm vor allem seit ihrem kleinen Streit am letzten Wochenende, immer öfter Zweifel.

Was mit dem Rest der Mannschaft los war, wusste wohl niemand so genau. Sie wollten das Spiel gewinnen, logisch, und ihnen war auch klar, dass sich in der zweiten Halbzeit etwas ändern müsste. Leon war relativ erleichtert, dass er unter den vier Spielern war, die zur Halbzeit ausgewechselt wurden. So konnte er in Ruhe auf der Bank Platz nehmen und dort seine Beziehung überdenken.

Die zweite Halbzeit ähnelte der ersten. Der ein oder andere zweifelte bereits, wie man mit solchen Leistungen überhaupt in einer Woche bei der WM antreten könnte. So war das Tor in der 80. Minute eine regelrechte Erlösung für alle. Als das Spiel dann letztendlich aus war, hatte niemand wirklich Lust, darüber zu reden. Jeder im Team wusste, dass sie es mit solchen Spielen höchstens gerade so durch die Gruppenphase schaffen würden und genauso wussten sie, dass sie etwas ändern mussten. Doch was das eigentlich war, konnten sie sich auch nicht ganz erklären.