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„Es ist nie zu spät"


„Alles gut?" JJ schaute mich mit Besorgnis an. Das mich das Gespräch noch weiterhin mitnimmt, merkte er wohl ein wenig, doch ich gab mein Bestes, davon abzulassen. Sofort lies ich von seiner Hand los, verschränkte meine Arme und lief in Richtung Chateau. Dabei folgte JJ mir leise hinterher, sodass ich mich ein bis zweimal umdrehen musste um zu schauen, ob er überhaupt mit mir lief.

Die Tür knarrte und die Stille die zwischen uns lag wurde von dem Geschreie meiner Freunde übertönt. „JJ hat sich also nicht getraut seinen Mund aufzumachen, sonst würden die nicht so eine depressive Miene ziehen" murmelte Pope, als wir reinkamen, nur hatte er dabei nicht gerechnet, dass wir ihn hören. Konzentriert und voll im Spiel drinnen starrten John B und Pope auf den Fernseher, wobei ich stirnrunzelnd auf JJ schaute. Dieser erwiderte meinen verwirrten Augenkontakt nur schwach. Er schien nervös. „Halt's maul Pope."

Da somit die Atmosphäre nur noch unangenehmer wurde, setzte ich mich auf das veraltete Sofa und kratzte mir dabei den Oberarm. Kie schnappte sich einen schnellen Hilfeblick von mir ein, den sie zum Glück ernst nahm. Vielleicht etwas zu ernst. Zügig setzte sie sich auf und zog den weißen Kabel aus der Steckdose, sodass der Bildschirm schwarz wurde. „Was zum fick, Kie?" John B schmiss aufgebracht seinen Controller auf den Boden.
„Ja, was zum fick?" wiederholte Pope genervt und drehte sich in ihre Richtung. „Kommt schon, hört auf zu heulen. Wir haben einen ganzen Sommer vor uns, der nicht dafür da ist, den ganzen Tag vor der Glotze zu sitzen."

Fragwürdig wechselte JJ seinen Blick von mir zu Kie. „Wolltest du nicht gerade mitspie-"

„JJ" unterbrach ihn Kie knapp und streng. Anscheinend verstand er, warum sie dies getan hatte, da er keine Widerworte von sich gab.

-

Wir konnten nicht surfen gehen-
schlechtes Wetter.

Wir konnten nicht im Wreck essen-
meine Eltern waren auf dem Festland.

Wir konnten keine Party schmeißen-
wir könnten, aber ich glaube alle wollten seit letzter Nacht so ein Chaos vermeiden.

Also entschieden wir uns, alleine, zu fünft, Spaß zu haben. JJ rauchte irgendwo in der Ecke an der Hängematte, Kie und John B tanzen den selben Tanz von gestern, Pope schaute zu, wobei er ein Bier trank und ich dachte. Ich dachte über das was vorhin passiert war nach.

Nur Freunde.

Einerseits kann ich seine Entscheidung verstehen, aber andererseits auch nicht. Wie nahm er das so auf die lockere Schulter? Ich meine, Gefühle zu unterdrücken, ist nicht gerade einfach. Wenn sie stark genug sind.
Zumindest ist es nicht einfach für mich.

Es zeigt mir nur, dass JJ vielleicht nicht genauso stark fühlt, was mir ehrlich gesagt ein bisschen das Herz bricht. Dass er nur Freunde sein will tut weh, ist aber verständlich, nur wie einfach er damit klarkommt, schmerzt eben sehr. Man sagt ja : Freundschaften zwischen Jungs und Mädchen enden immer so, dass mindestens einer Gefühle entwickelt. In meinem Fall hat sich das auf jeden fall bestätigt, nur ist es schwerer, wenn die andere Person deine Gefühle erwidert, sie aber nicht ausleben will.

Die Kopfschmerztablette musste an Wirkung verloren haben, da mein Kopf wieder begann zu pochen. Das ganze Nachdenken machte mich verrückt.

„Habt ihr schon miteinander geredet?" Ich hob meinen Kopf und schaute Pope ins Gesicht „Was?" „Du und JJ. Gestern?" Mit ein paar Stichwörter versuchte er mir zu helfen, auf die Sprünge zu kommen. Ich ging davon aus, dass Kie ihm mein gestriges Verhalten und die Auseinandersetzung erzählt hatte. „Ach so. Ja, haben wir." „Warum denkst du dann noch so viel nach?"  fragte er, als hätte er mein Gesicht lesen können. Schulterzuckend sah ich ihn an. Keine Ahnung. Warum denke ich noch darüber nach, ist doch alles geklärt?

Pope neigte seinen Kopf ungeduldig zur Seite.
„Komm schon, was hat JJ gesagt." Nur Freunde. Diese zwei Wörter flogen mir wieder durch den Kopf. „Keine Ahnung" ein weiters Schulterzucken meinerseits. „Hör auf Keine Ahnung zu sagen, wenn du es ganz genau weißt. Ich seh's in deinen Augen." Seine Aussage brachte mich zum schmunzeln.
„Kannst du Gedanken lesen oder was?" Er rollte ebenfalls schmunzelnd seine Augen.
„Nein ernsthaft jetzt, du willst nicht einfach so weitermachen, oder?"

„Vielleicht" ein weiteres Mal gehen meine Schultern von oben nach unten. „Warum hast du es ihm nicht gesagt?" Empört hob ich meinen Blick und schaute in seine neugierigen Augen. „Und was wenn ich es gesagt hätte? Seine Meinung hätte es nicht geändert." ein kleiner Seufzten verlies meine Lippen.

„Und was wenn schon?" Popes Augen forderten much heraus. Er versuchte wirklich meine Meinung zu ändern. Der braunäugige hob unauffällig seinen Finger und zeigte in die Richtung, in der JJ weiter hinten in der Hängematte lag. „Es ist nie zu spät." Minutenlang kämpfte ich mit mir selber, zu JJ rüber zu gehen. Was, wenn das alles kaputt macht? Aber so wie Pope sagte, es ist nie zu spät es ihm zu sagen, also warum nicht jetzt.
Entschlossen stütze ich mich an meinen Beinen ab und stand auf.

Auf dem Weg zu JJ spürte ich, wie sich ein riesen Klumpen in meinem Hals bildete. Verzweifelt versuchte ich diesen mehrmals herunterzuschlucken, erfolglos. Was sollte ich sagen? Ich war mir nicht mal sicher, ob ich überhaupt etwas aus dem Mund bekommen würde. Nervös drehte ich mich noch einmal zu Pope um und zeigte ihm meine Sorge mit meinen Augen. „Du schaffst das, Amaya" war das einzige, was ich von seinen Lippen ablesen konnte.

Ja, ich schaffe das.

Es lag zwar viel auf dem Spiel, aber dafür, dass ich mich danach nicht mehr so verrückt machen muss, war es das Wert. Lieber sag ich ihm die Wahrheit, dass ich es versuchen möchte. Dass es für mich schwer sein wird, nur Freunde zu bleiben. Was er damit macht, ist dann ihm überlassen.

Wenn er es nicht annimmt, werde ich es verstehen müssen. Es wird schmerzhaft, vielleicht sogar mehr als jetzt, aber wenigstens wäre ich dann rein mit mir selber. Ich bin mir sicher, dass ich zusammen mit den Anderen darüber hinweg kommen würde, auch wenn es lange dauert.

𝐁𝐮𝐭𝐭𝐞𝐫𝐟𝐥𝐢𝐞𝐬 | 𝐉𝐉 𝐌𝐀𝐘𝐁𝐀𝐍𝐊Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt