2 Soulfood für Zwei

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Schlaf zu finden war für Stiles noch nie leicht gewesen und der Grund hierfür war sein ADHS. Sobald ihn irgendetwas beschäftigte, und sei es nur eine Kleinigkeit, konnte es passieren, dass er sich stundenlang unruhig in seinem Bett herum wälzte und darüber nachgrübeln musste.

Genauso war es auch in dieser wieder.

Was ihn so hartnäckig wach hielt? Es war einfach zu lächerlich, denn es war lediglich die Frage, was er am nächsten Tag für Derek kochen könnte,

Er hatte keine Ahnung, was dem alten Griesgram wohl schmecken mochte, doch unbescheiden wie Stiles eben war, musste es etwas ganz besonderes sein, etwas dass ein Lächeln auf Dereks Gesicht zauberte. Die Frage, ob es nicht auch eine Nummer kleiner ginge, wäre an dieser Stelle wohl durchaus berechtigt gewesen, denn wenn man den Werwolf kannte, dann wusste man, Derek Hale lächelte schon aus Prinzip nicht.

Als würde er sich einen Zacken aus der Krone brechen, bloß weil er einmal die Mundwinkel Richtung Norden zog!

Doch so wie Derek momentan aufgelegt war, standen die Chancen auf ein sonniges Grinsen noch einmal deutlich schlechter als gewöhnlich.

Dennoch, Stiles hatte es sich in den Kopf gesetzt, also musste er einen Weg finden, dies auch zu erreichen. Basta!

Nur auf die Frage WIE er das anstellen wollte, hatte er bislang eben noch keine Antwort gefunden.

Als er es satt hatte, sich fortwährend zu drehen, zu wenden und seine Kissen zu Tode zu wühlen, setzte er sich schließlich auf, knipste seine Nachttischlampe an und nahm sein Handy zur Hand, um das Internet nach Kochrezepten zu durchforsten. Es dauerte eine Weile, doch irgendwann stellte er fest, dass ihn dies auch nicht weiter brachte. Im Gegenteil, nun war er ratloser als vorher, denn es gab einfach viel zu viele Möglichkeiten. Das einzige was jetzt anders war, war die Tatsache, dass ihm die Bilder von appetitlich angerichteten Tellern einen Mordshunger gemacht hatten, also stand er auf, schlich sich in die dunkle Küche und knöpfte sich eine Tüte Cheese Doodles mit einem großen Glas Cola vor.

Mit wohlig gefülltem Bauch kehrte er in sein Zimmer zurück und da kam ihm mit einem Mal die Erkenntnis.

Derek war traurig.

Derek fühlte sich einsam.

Was brauchte man, wenn man sich so fühlte?

Selbstverständlich Trostfutter! Es war so einfach!

Nun wusste Stiles was zu tun war, konnte sich getrost wieder in sein Bett legen und endlich in den Schlaf finden.

Am kommenden Tag nach der Schule machte Stiles kurz Halt an einem Supermarkt, um all das Zeug von seiner Einkaufsliste zu besorgen. Dann ging es weiter in die Küche im Hause Stilinski und er machte sich ans Werk. Spaghetti mit Tomatensauce und Fleischklößchen und zum Nachtisch Chocolate-Chip-Cookies – die Spitzenklasse unter den Comfort-Foods. Wenn dieses Essen Derek nicht glücklich machte, dann schaffte es gar nichts. Stiles selbst lief bereits das Wasser im Munde zusammen, doch er riss sich zusammen, naschte nicht, sondern verstaute alles in Frischhalteboxen und machte sich auf den Weg.

Als er zwanzig Minuten später Dereks Loft betrat, fand er dessen Bewohner in den Klamotten vom Vortag auf dem Sofa liegend, damit beschäftigt Löcher in die Luft zu starren. Der Werwolf blickte sich müde zu ihm um, als er seine Ankunft bemerkte und brummte:

„Du machst deine Drohung also tatsächlich wahr und kommst jetzt regelmäßig, um mich zu nerven? Stiles, ich will nichts essen. Ich will auch keine Gesellschaft. Ich will einfach nur meine Ruhe. Ist das denn echt so schwer zu begreifen?"

„Papperlapapp! Du hast doch überhaupt keine Ahnung, was gut für dich ist." widersprach Stiles energisch: „Und eines kann ich dir sagen: Hier herumzuliegen, dich in deinem Selbstmitleid zu suhlen und dabei still und leise Schimmel anzusetzen ist sicher nicht das, was du brauchst! Apropos... wann hast du eigentlich zum letzten Mal geduscht, Alter? Hier drinnen riecht's nämlich langsam wie in einem Pumakäfig!"

Der Junge stellte die Tasche mit den Lebensmitteln ab und schritt hinüber zum Fenster, um eine Klappe zu öffnen und ein wenig frische Luft hereinzulassen. Er wischte dabei versehentlich mit dem Ärmel über die trüben Scheiben und betrachtete sich den Dreck anschließend angewidert:

„Bro, das ist wirklich ekelhaft! Du solltest hier echt mal wieder saubermachen, Mann! Wie kannst du bloß so leben?"

Derek hatte sich mittlerweile aufgesetzt und pöbelte:

„Wenn's dir nicht gefällt, wie es hier aussieht, dann gebe ich dir einen Hinweis: Da ist die Tür! Verschwinde einfach, Stiles. Ich habe dich schließlich nicht eingeladen. Oder ein Gegenvorschlag: Wenn dir meine Haushaltsführung nicht passt, dann mach' es doch selbst. Ich habe gerade jedenfalls echt andere Sorgen."

Die Worte prallten einfach so von einem unbeeindruckten Stiles ab:

„Keine Sorge, ich verschwinde wieder, aber erst, wenn wir gegessen haben."

Er begann damit, den Tisch zu decken: Zwei Teller, Besteck und die Tupperdose mit der immer noch warmen Pasta mit Fleischbällchen. Er füllte für sie beide je eine reichliche Portion auf:

„Moment mal, erwartest du etwa, das ich das alles esse?" fragte Derek entsetzt: „Willst du mich mästen? Weißt du eigentlich, wie viele leere Kohlenhydrate das sind? "

„Dann ist es ja genau das richtige für dich. Du hast durch deinen komischen Hungerstreik mindestens sieben Kilo verloren. Es dauert nicht mehr lange, dann bist du so mager wie ich und die anderen Werwölfe und Ungeheuer lachen dich aus. Das willst du doch nicht! Und jetzt rutsch' mal rüber, damit ich sitzen kann."

Stiles ließ sich neben Derek auf das Sofa fallen und begann zu essen. Als er bemerkte, dass der Werwolf noch zögerte, schimpfte er:

„Worauf wartest du denn noch? Es schmeckt nicht, wenn es kalt wird, also ran an den Speck!"

Er drückte seinem Sitznachbarn Messer und Gabel in die Hand und durchbohrte ihn mit einem strengen Blick, bis Derek wunderbarerweise tatsächlich zu essen begann. Erst dann setzte auch der Jüngere selbst seine Mahlzeit fort.

Und es geschahen offenbar noch Zeichen und Wunder, denn Derek leerte seinen Teller tatsächlich bis zum letzten Bissen:

„Sehr gut! Dann kann ich ja jetzt den Nachtisch servieren." erklärte Stiles zufrieden:

„Nachtisch?" fragte Derek entsetzt und immer noch kauend. Doch sein Gast ließ sich davon nicht beirren, sondern stellte ganz einfach den Teller mit den weichen, fettigen, duftenden, noch ofenwarmen Chocolate-Chip-Cookies auf den Tisch, sowie zwei große Gläser Milch.

Stiles nahm sich den ersten Keks, seufzte zufrieden, lehnte sich zurück und ließ es sich so richtig gutgehen.

Derek hingegen zögerte noch, warf den ein, oder anderen begehrlichen Blick auf die himmlischen Kalorienbomben, knurrte leise, doch schließlich brummte er:

„Ach was soll's!" nahm sich ebenfalls einen Cookie, spülte mit einem Schluck Milch nach und dann geschah das Unfassbare - der Werwolf lächelte!

Stiles platzte beinahe vor lauter Selbstzufriedenheit, doch er sagte nicht einen Ton. Man fing ja schließlich auch nicht lautstark an zu singen, sobald Bambi zu einem auf die Lichtung trat, um sich dort selbstvergessen am Löwenzahn zu gütlich zu tun, nein, man hielt einfach mal die Fresse!


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