5 If you like pina coladas... - Teil 1

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Die heutige Begegnung zwischen Stiles und ihm ließ Derek mit einer gewissen Ruhelosigkeit zurück, doch er konnte nicht den Finger drauflegen, was genau ihn derart beschäftigte. Er sah einfach bloß ständig diesen panischen Gesichtsausdruck des Jüngeren vor sich, in jenem Moment da sie über seine Sexualität gesprochen hatten, als habe dieser sich auf seiner Netzhaut eingebrannt.

Derek fragte sich, ob er noch etwas anderes zu Stiles hätte sagen, oder irgendetwas hätte tun sollen? Hatte er Stiles mit seiner Angst allein gelassen?

Er spürte jedenfalls sehr genau, was er gern getan HÄTTE. Er hätte ihn festhalten wollen, so wie gestern, als Stiles ihm auf der Treppe zwangsweise in die Arme gerannt war; ganz fest, bis alle Furcht und Nervosität den Jungen verlassen hätten, doch so etwas tat man einfach nicht, richtig?

Derek dachte daran zurück, wie er Stiles damals bekämpft hatte, nachdem sie sich kennengelernt hatten. Der Mensch war ihm ganz einfach im Weg gewesen, als er auf der Suche nach einem neuen Rudel, versucht hatte Scotts Vertrauen zu gewinnen. Derek hatte Stiles damals noch nicht verstanden, sondern hatte ihn lästig, überdreht, anstrengend und ziemlich nutzlos gefunden. Vieles war seither geschehen. Derek hatte hinter die Fassade aus Sarkasmus und Selbstüberschätzung des hyperaktiven Teenagers blicken können und hatte Klugheit, unbedingte Loyalität, Tapferkeit und große Verletzlichkeit erkannt. Sie hatten sich mehr als einmal gegenseitig in der Not beigestanden, ja sich sogar das ein, oder andere Mal das Leben gerettet. Derek hatte zuerst gelernt, Stiles zu tolerieren, später ihn zu akzeptieren und ihn schließlich gar zu respektieren. Sicherlich gab es immer noch diese kleinen Frotzeleien zwischen ihnen, doch diese waren irgendwie sanfter und harmloser geworden, beinahe ein wenig familiär.

Als seine Beziehung zu Jolene geendet und Derek beschlossen hatte, seiner Familie und seinem Rudel den Rücken zuzukehren, war es ihm tatsächlich gelungen sie alle loszuwerden, nur eben nicht Stiles. Und war nicht genau dies so typisch für diesen Jungen? Sein starker Wille und diese gehörige Portion Frechheit.

Natürlich hatte Derek dieses Eindringen in seine selbstgewählte Einsamkeit zunächst überhaupt nicht gefallen, doch Stiles hatte ihn wohl irgendwie mürbe gemacht mit seiner beharrlichen, distanzlosen Fürsorge.

Und sie waren sich dabei noch einmal näher gekommen.

Ziemlich nah sogar.

Wenn Derek ehrlich zu sich selbst gewesen wäre, dann hätte er sich vielleicht eingestehen können, dass er ihr morgiges Wiedersehen kaum erwarten konnte.

Es war Samstag und da Stiles heute nicht in die Schule musste, schlug er schon um die Mittagszeit bei Derek auf:

„Stör' ich?" wollte er wissen, als er den überraschten Blick des Hausbewohners sah:

„Überhaupt nicht." versicherte Derek und es füllte Stiles Brust mit Wärme, weil er auch ohne Werwolfsohren deutlich hören konnte, dass es aufrichtig gemeint war:

„Was schleppst du denn heute wieder alles an?" wollte Derek wissen und deutete auf die beiden großen Taschen in den Händen des Jüngeren.

Stiles begann den Inhalt des ersten Behältnisses auf dem Tisch vor dem Sofa aufzubauen, auf welchem es sich Derek bereits erwartungsvoll gemütlich gemacht hatte:

„Ich habe Sandwiches gemacht. Hast du Hunger?"

„Wie ein Wolf!" bestätigte der Ältere: „Aber ehrlich gesagt wundere ich mich ein bisschen über dich. Tagelang bekochst du mich, als seist du die Reinkarnation von Paul Bokuse und heute gibt es einfach nur Schnittchen?"

Derek lachte:

„Na ja, es sind nicht einfach bloß langweilige Schnittchen." rechtfertigte sich Stiles halb verunsichert, halb beleidigt: „Wir haben Büffelmozzarella mit hausgemachtem Pesto, schweizerischen Gruyère-Käse auf Vollkorntoast, original italienische Mortadella, Pastrami mit Remoulade nach meinem eigenen Rezept..."

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