Kapitel 1.2 - Lyra

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Das nervtötende Geräusch eines Weckers riss mich unsanft aus dem erholenden Schlaf. Benebelt und verschlafen taumelte in Richtung Bad, um die Müdigkeit mit dem warmen Wasser unter der Duschbrause zu vertreiben.

Viel zu früh, schritt ich die Stufen zum Gemeinschaftsraum hinunter und erblickte drei von der Morgenröte verschlungene Gestalten. Angeregt unterhielten sie sich, bis ihr Blick sich hob und auf den meinen traf. Gespräche verstummten und eine unangenehme Stille zog sich durch den Raum. Unbeholfen räusperte ich mich, um die drei nicht länger anzustarren.

„Du bist die Neue, von der Dumbledore uns berichtet hat." Das Mädchen mit den lockigen Haaren stand auf und kam lächelnd auf mich zu. „Ich bin Hermine, das sind Ron und Harry." Sie zeigte auf die beiden Jungs, die mir still als Begrüßung zunickten.

„Freut mich sehr. Vielleicht könntet ihr mir sagen, wo ich den Klassenraum für Verteidigung der dunklen Künste finde?" Ich wühlte durch die Blätter in meiner Hand, die mir eigentlich helfen sollten, mich hier zurecht zu finden, aber meiner Meinung nach eher Hieroglyphen glichen.

„Wir gehen nachher auch gleich dorthin. Wenn du magst, kannst du uns begleiten." Dankbar für ihre Freundlichkeit nickte ich ihr zu und gesellte mich zu der kleinen Gruppe.

Durch unzählige Gespräche über Geschehenes und fremden Schülern, fiel mir erst jetzt der feinsäuberlich, aber doch markanter Schnitt, im Gesicht des Jungen vor mir auf.
Niemand anderes als Harry Potter saß mir gegenüber und blickte ungeduldig um sich. Der Junge, mit der magischen Narbe auf seiner Stirn. Eine Narbe, die viel Leid mit sich brachte, dem war ich mir sicher, auch wenn ich nicht allzu viele Details darüber wusste. Die Neugierde war zu groß, um nicht doch öfter und länger als nötig auf diese Wunde zu schauen, selbst wenn ich mich zwang, es nicht zu tun. Harry bemerkte mein Starren und schien sich sichtlich unwohl in seiner Haut zu fühlen.

Die drei gaben sich viel Mühe um mich zu integrieren, auch wenn ich ab und zu das angespannte Getuschel unter ihnen bemerkte, als sie nicht wollten, dass ein Fremder wie ich zuhörte. Sie informierten mich über die Abläufe und Regeln dieser Schule und ich stiefelte ihnen wie ein blindes Huhn über den Tag hinweg, in jeden Raum hinterher. Den staunenden Blick kaum von dem magischen Gemäuer abgewandt, überfluteten mich die neuen Reize regelrecht. Wie in einem Museum bestaunte ich jedes noch so winzige Detail. Musterte Verzierung, dessen Bedeutung tief in ihnen schlummerte und darauf warteten entdeckt zu werden.

Jede weitere Unterrichtsstunde begrüßte mich ein neuer Lehrer freudig und empfing mich mit einem Monolog ihres wertvollen Unterrichts. Immer wieder lagen die Blicke meiner Klassenkameraden auf mir. Manche tuschelten unter hervorgehaltener Hand, anderen wiederum schien jegliches Interesse an mir, davongewichen zu sein. Gerötete Wangen ließen meinen Blick Richtung Boden wandern. Ich mochte es nicht im Mittelpunkt zu stehen, es war einer der Sachen, mit denen ich nicht umgehen konnte und daher es mied, auffällig zu sein. Ich mochte es, mich an einen ruhigen Ort zu verkriechen und sich mit einem Buch zurückzuziehen und in Welten einzutauchen, die fernab von dieser waren.

Desto glücklicher war ich, dass das Interesse immer mehr schwand, umso mehr Zeit verging und die Schüler wieder in ihr gewohntes Verhalten zurückstießen.

Zutiefst froh darüber, dass ich Anschluss bei den drei Köpfen gefunden hatte, lief ich ihnen stillschweigend zum Speisesaal hinterher. Hermine, deren Freundlichkeit mir einen Großteil meiner Unsicherheit genommen hatte, versuchte so viel wie möglich nebenbei zu erwähnen. Währenddessen die beiden Jungs mehr mit sich und ihrer eigenen Welt beschäftigt zu sein schienen.

Der riesige Saal übertraf meine noch so kühnsten Vorstellungen. Den Kopf im Nacken blickte ich zu der Wolkendecke, dessen Wetter sich dem von draußen anpasste. Auch heute hatten sich graue Wolken ausgebreitet und verschloss die herbeigesehnten Sonnenstrahlen. Wie ein nebliger Schleier wandten sie sich durch den gesamten Saal. Die vier langgezogenen Bänke unter ihnen, wurden sichtlich den Häusern unterteilt und so saßen die farblich getrennten Gruppen an den ihnen zugewiesenen Tischen. Lautes Leben und Regen herrschte in diesem Gemäuer. Immer weiter liefen wir nach vorne, entlang an den Schülern. Fast in Hermine hineinlaufend bemerkte ich das die drei stehen geblieben waren. Harry's Ruf ließ mich zu ihm herumdrehen und ich schaute ihn fragend an. Ein leichtes lächeln auf seinen Lippen deutete mir, dass er mir mein Fehlverhalten, ihn heute Morgen regelrecht anzugaffen, verziehen zu haben. Tatsächlich fragte er zum ersten Mal an diesem Tag, wie es mir ging. Ob die Nervosität am ersten Tag sich zügelte. Und obwohl, der Alltag bei den anderen wieder im vollen Gange war, war die Aufregung in mir immer noch wild am Toben und schwer zu bändigen. Etwas beruhigend redete er mir Mut zu, dass es bisher jedem so ergangen war, an seinem ersten Schultag. Schon bald würde es sich Normalisieren. Es war, als hätte das Eis zwischen uns zum ersten Mal Risse bekommen. Der Junge mit der Narbe, schien sein Misstrauen mir gegenüber etwas abgelegt zu haben und ließ von dem angespannten Körper ab, den er in meiner Gegenwart angenommen hatte. Doch mitten im Satz hielt er inne. Mit einem Mal, war die Freundlichkeit aus seinem Gesicht gewichen und versteinert schaute er über meine Schulter an mir vorbei. Härte war nun hervorgetreten, starr fixierte er einen Punkt hinter mir. Ignorierte mich, als wäre ich transparent geworden und die unwichtigen Dinge, die uns umgaben, vorübergezogen. Verwirrt versuchte ich ihn zu deuten, dessen gesamte Körpersprache sich nun in Abwehr umpositioniert hatte. Nach einem kurzen Zögern drehte ich mich herum, verfolgte den eisigen Blick von Harry.
Und da waren sie. Die wohl dunkelsten Augen, in die ich je blickte. Als würde mein Blick brennen, wandten sie sich von Harry ab und stießen auf mich. Faszinierend erkundete ich die Schwärze in ihnen. Die Kälte die auf ihnen lag, schien der Überraschung zu weichen. Angezogen wie die Motte vom Licht wollte ich näher an sie herantreten, noch mehr von ihnen sehen. Erkunden welch Tiefe in ihnen ruhte. Doch der Anblick wurde mir im nächsten Moment entrissen, bevor ich einen weiteren Gedanken erfassen konnte. So schnell wie dieser Augenblick gekommen war, war er auch schon verflogen. Er hatte sich von mir abgewandt und war schnellen Schrittes davon gegangen. Die angehaltene Luft verließ nun voller Drang meine Lungen. Überforderung stieß wie saure Magensäure auf. Ich rieb mir an die Stirn, als würde sie schmerzen, um die Situation besser zu erfassen und wieder klare Gedanken hineinlassen zu können. Was war das gewesen?

„Jetzt hast du Bekanntschaft mit Snape geschlossen." Kam es zähneknirschend hinter mir von Harry. Noch einmal blickte ich auf die nun leere Stelle am Lehrertisch. Professor Snape. Ein Name der immer wieder in meinem Kopf hallte. Noch einmal spürte ich die tiefe seiner Augen auf meiner Haut und die Faszination die sie in mir ausgelöst hatten. Sie verbaten es mir, aus meinen Gedanken zu verschwinden und tauchten mit aller Kraft immer wieder auf und ließen mir den Atem weg.

Für Immer ab Jetzt (Severus Snape Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt