8. turbulence

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"Ausgerechnet du..? Und dann eine Ausländerin? Und wieso sagst du nicht Bescheid?", fragte dieser Mann in der Türschwelle, der mir irgendwie bekannt vorkam, ich aber nicht zuordnen konnte.

"Nein, ehrlich- das ist ein Missverständnis!", plädierte Yoongi und erhob sich nervös. "Dann ist sie hier eingebrochen?", alarmiert bäumte er sich auf und wollte einen weiteren Schritt in das Zimmer setzen. "Nein, das auch nicht... Wir... Äh...", stammelte der junge Mann neben mir und blickte zwischen mir und dem Kerl an der Tür hin und her. Dieser wusste offensichtlich nicht genau wohin mit sich. Ich konnte an seiner Körperhaltung erkennen, dass er eigentlich gehen wollte, aber ihn etwas zum Bleiben animierte. War dieser Mann ein Security-Typ oder ein Bodyguard? Und wieso duzte Yoongi ihn dann? Wie hatte er ihn noch gleich genannt..? Se... Seji...

"Ist mir auch eigentlich egal, was genau ihr da macht... Aber sie muss was unterschreiben. Du weißt schon", meinte er dann und machte kehrt, bevor er leise die Tür hinter sich schloss.

Und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Das war Manager Sejin.

Welcher dachte, dass Yoongi und ich intim miteinander waren. Dass er mich abgeschleppt hatte und ich deshalb diesen Verschwiegenheitsvertrag unterschreiben sollte, der einem in so einem Fall vorgelegt wurde. Es konnte alles nicht noch schlimmer werden, oder?

"Shibal", gab Yoongi von sich, stand auf und riss frustriert eine Seite der Vorhänge auf, als würde es irgendwas an der Situation ändern. Dieses Wort... war doch ein koreanisches Fluchwort, oder nicht? Wieso... verstand ich es nicht?

Er murmelte weiter irgendetwas auf koreanisch, das ich nicht verstand. Ich versuchte mich unendlich sehr anzustrengen, aber ich konnte ihn nicht mehr auf deutsch reden hören.

Dann erinnerte ich mich daran, dass er meine Entschuldigung vorhin auch nicht verstanden und mich danach auf koreanisch nach Wasser gefragt hatte.

"Yoongi, der Übersetzer... ich glaube er funktioniert nicht mehr!", stellte ich verzweifelt fest und erhob mich nun ebenfalls vom Bett. Das war eine Katastrophe. Alles hier war eine reinste Katastrophe, von der ich überhaupt gar nichts verstand. Weder wieso wir uns alle aufgelöst hatten, noch was diese Insel überhaupt war, wie ich hier landen konnte oder wieso ich Yoongi nicht mehr verstehen konnte. Und wenn es hier in Japan halb Eins Nachts war, dann war es in Deutschland halb Sechs abends. Würde das bedeuten, dass die Zeit stehen geblieben war?

Ich griff mit einer schnellen Bewegung nach der Digitaluhr auf dem Nachttisch und las das Datum. 16. Juli 2019. Durch die Zeitverschiebung war Japan meiner Heimat einen Tag voraus.

"Sie ist wirklich stehen geblieben... Die Zeit ist wirklich stehen geblieben...", murmelte ich zu mir selbst, stellte die Uhr zurück und griff mir mit größtem Unverständnis in die Haare.

"Na wenigstens das", antwortete Yoongi auf mein Selbstgespräch. Funktionierte der Übersetzer nun wieder? Bei all den Fragen, die ich momentan in meinem Kopf hatte, drang nicht eine einzige Antwort zu mir hindurch. Ich fühlte mich hundselend. Und dieses Wort reichte nicht einmal aus, um zu beschreiben, wie miserabel ich mich wirklich fühlte. Ausgelaugt, erschöpft, verzweifelt, hilflos. Für diese tausend Wörter die gerade meinen Gefühlszustand beschreiben könnten gab es keinen Sammelbegriff.

"Wo ist das andere Mädchen? Sandra?", fragte Yoongi nun und zog mit einem Ruck die andere Seite der Vorhänge ebenfalls auf.

"Ich weiß es nicht... Ich habe mein Handy nicht hier. Ich habe Nichts. Nicht einmal einen Ausweis. Wie soll ich bitte nach Hause kommen?!", stellte ich verzweifelt eine Gegenfrage. Sandra war offensichtlich nicht hier. Ich wollte mir auch keine Gedanken darum machen, wo sie stecken könnte, denn gerade waren mir meine eigenen Probleme ausnahmsweise wichtiger.

moheom island » btsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt