Jungkooks "Ey, yo...", hallte viel zu lange in meinem Kopf nach. Er hatte es mitbekommen. Er hatte mitbekommen, wie wir die Wörter BTS und ARMY ausgesprochen hatten.
Ich hätte nie gedacht, dass gerade er- der doch immer so schüchtern und zurückhaltend wirkte- tatsächlich im Türrahmen stehen würde und in dieses Zimmer lugte. Aus Frust und Verzweiflung über die gesamte Situation kniff ich meine Augen zusammen, sah dann jedoch zu ihm herüber. Der Blickkontakt der folgte, löste eine Welle Adrenalin in meinem Körper aus. Ich fühlte mich unendlich ertappt und verzweifelt, weil ich nicht wusste, was ich nun tun sollte.
"Are you crying?", fragte er unerwartet und ich musste sogar selbst kurz überlegen, ob ich Tränen vergossen hatte. Mit meinen Fingern prüfte ich tupfend meine Wange und stellte fest, dass sie zum Glück trocken war. Das hätte mir auch noch gefehlt. Ich war niemand, der schnell weinte, aber es war heute schon einmal fast passiert. Die Wahrscheinlichkeit, dass an diesem Tag doch noch Tränen fließen würden schien ziemlich hoch. Und dann noch vor Jeon Jungkook. Er hätte mich bestimmt nicht verurteilt dafür, aber mein Gesicht sah absolut jämmerlich aus, wenn ich weinte. Er gehörte definitiv zu einer der letzten Personen auf diesem Planeten, denen ich dieses Gesicht zeigen wollte, auch wenn das bis gestern sicher nie infrage gekommen wäre. Ja, wer hätte schon gedacht, dass ich meinem Bias jemals gegenüberstehen würde?
Zugegeben war ich erstaunt darüber, wie souverän ich eigentlich die Situation im Griff hatte, was das betraf. Bisher hatte ich ihn nicht ein einziges Mal angestarrt, wie ich es sonst tun würde, wenn ich irgendwelche Videos schaute. Und auch mein Herzklopfen hielt sich mittlerweile in Grenzen, seit der erste Schock halbwegs überwunden war. Mein Gewissen sagte mir, dass ich einen gesunden Abstand zu ihm gehalten hatte und das auch weiterhin sollte. Ich war nur irgendwer für ihn und kannte bloß das Persona Jeon Jungkook. Der richtige Mensch hinter dieser Fassade war mir völlig fremd.
Wieso sollte ich mir also Gedanken darüber machen, dass es mich überraschte, ihn an der Türschwelle dieses Zimmers zu sehen? Ich fasste mir ein Herz und richtete mich auf, bevor ich kurz Luft holte, um mich zu sammeln und ihm dann zu antworten.
"No, but we... had a fight", meinte ich ehrlich und machte eine einladende Bewegung mit der Hand, weil er dort wie bestellt und nicht abgeholt stand. Es sah fast ein wenig witzig aus. Vielleicht würde es ja gut tun, ein wenig mit ihm zu reden.
Er setzte sich neben mich auf das Bett und knetete unsicher seine Finger. Durch die Sprachbarriere hatten wir alle nicht so viel miteinander geredet, wie wir es wahrscheinlich getan hätten, wenn wir der Sprache der Anderen mächtig gewesen wären. Ich wusste, dass er fleißig Englisch lernte, deshalb war ich doch ganz froh, dass er es jetzt war, der in diesem Zimmer neben mir saß.
"Yeah, I heard... Sorry, I was in my room and heard you talking", entschuldigte er sich etwas unbeholfen. Jungkooks und Taehyungs Zimmer war schräg gegenüber von unserem. Wie konnten Sandra und ich nicht damit rechnen, dass irgendjemand durch diese dünnen Wände unser Gespräch mitbekam? Wahrscheinlich hatte er nicht nur das Ende unseres Streits mitbekommen, sondern alles von Anfang an. Kraftlos ließ ich meine Schultern sinken und blickte auf den Boden.
"I'm sorry you had to hear all this. I am really sorry", war alles, was mir darauf einfiel.
"No, no... I... Uh...", er stotterte etwas und ich sah aus meinem Augenwinkel, wie er sich mit der Hand durch seine Haare fuhr, bevor er laut seufzte. "I wish I could talk better english", sagte er dann. Für einen kleinen Moment brachte mich diese Aussage zum Schmunzeln. Nicht nur ich machte mir also heimlich einen Kopf darüber, ob meine Englischkenntnisse reichen würden, um mich nicht zu blamieren oder mich gut genug mitteilen zu können. Irgendwie lockerte es auf eine ganz seltsame Weise den Knoten in meinem Bauch. Nicht viel, aber ein klein wenig. Und es reichte dafür, dass ich mich mutig genug fühlte, eine geradere Haltung einzunehmen und ihn kurz anzusehen.
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moheom island » bts
FanficEs ist bloß eine Wunschvorstellung, plötzlich mit seiner Lieblingsband auf einer verlassenen Insel aufzuwachen. Doch wenn das wirklich passiert, wie reagiert man dann? Sandra und Krissi staunen nicht schlecht, als sie völlig aus ihrem Alltag geriss...