Mehrere Tage verstreichen, in denen ich mich in meinem Studio zurückziehe. Zwar hat mir Dan extra einen Bodyguard und einen Chauffeur zur Verfügung gestellt, weil es teilweise immer noch von Paparazzi in der Stadt wimmelt, aber aktuell meide ich die Öffentlichkeit lieber.
Zwischendurch leisten mir Amy und Ricardo Gesellschaft. Mal spielen wir betrunken Twister und mal veranstalten wir bloß einen Filmabend mit Popcorn.
Ich bin wirklich glücklich, zwei so gute Freunde hier in Perth gefunden zu haben.
Auch Miley meldet sich immer wieder bei mir, um sich zu erkundigen, wie es mir geht.
Aber ganz ehrlich? Ich habe keine Ahnung, was ich denken oder fühlen soll. Obwohl sich mein Herz regelrecht nach Dans Nähe verzehrt, erinnert mich mein Kopf ständig daran, dass ich aufpassen muss, um nicht erneut verletzt zu werden.
Da ich selbst nicht weiß, wie es jetzt mit mir und meinem Leben weitergehen soll, rufe ich Tilly an.
Es tut gut, ihre vertraute Stimme und ihre Sicht auf die Dinge zu hören. Schon immer habe ich viel Wert auf Tillys Meinung gelegt und das tue ich auch heute noch.
Ich brauche sie unbedingt hier bei mir in Perth. Zum Glück dauert es nicht mehr allzu lange, bis endlich die Semesterferien anstehen. Ich kann es kaum erwarten, einen Versuch zu starten, sie mit Ricardo zu verkuppeln.
„Weißt du, Stella, eigentlich ist die Situation doch ganz klar." Tilly macht eine kurze Pause. „Ich an deiner Stelle würde Dan verzeihen. Auf mich wirkt es so, als ob er wirklich keine bösen Absichten hatte. Das Einzige, was er dir verschwiegen hat, sind sein Berühmtheitsgrad und sein Kontostand. Das ist aber eigentlich nichts, was du ihm vorwerfen kannst. Außerdem hat er keine negativen Schlagzeilen und setzt sich stattdessen weltweit für Menschenrechte ein."
Ich schlucke schwer.
Während Tilly sagt, dass ich Dan verzeihen soll, ist Amy der Meinung, dass sich Dan ins Zeug legen muss und ich warten soll, bis er den nächsten Schritt macht.
Vielleicht ist Amy aber immer noch eingeschnappt, weil Tanja ihr verschwiegen hat, eine erfolgreiche Managerin eines Superstars zu sein, weshalb sie nicht ganz unvoreingenommen gegenüber Dan ist.
„Dan wollte dich beschützen, Stella. Das ist nichts Schlechtes, verstehst du?", spricht Tilly weiter. „Außerdem hast du ihm bestimmt auch nicht alles über dich und dein Leben in Sydney verraten, oder?"
„Nein", gestehe ich leise. Von meiner Vergangenheit weiß Dan noch nichts. Bei unseren Dates hat es sich einfach nicht ergeben, darüber zu sprechen.
„Na siehst du", sagt Tilly mit ihrem typischen besserwisserischen Unterton in der Stimme. „Gib dir einen Ruck und sprich nochmal mit Dan. So glücklich, wie in deinen Erzählungen hast du dich schon lange nicht mehr angehört. Es wäre dumm, Dan keine Chance zu geben, denn dann würdest du dich ewig fragen, was vielleicht mal aus euch geworden wäre, wenn dir dein Kopf nicht im Weg gestanden hätte."
Ich merke immer mehr, dass Tilly Recht hat.
Ich muss Dan verzeihen und ihm eine Chance geben. Einfach, weil sich mein Herz schon längst in ihn verliebt hat.
„Danke, Tilly", lächele ich erleichtert. „Du bist ein Schatz!"
Tatsächlich fühle ich mich nach unserem Gespräch sofort besser. Neue Energie lodert in meinem Körper und setzt einen Schwarm aus Schmetterlingen in meinem Magen frei.
Begleitet von einem zufriedenen Lächeln öffne ich WhatsApp und tippe danach auf den Chat mit Dan.
Das letzte Mal hat er mir vor drei Tagen geschrieben und gefragt, ob der Chauffeur und der Bodyguard bei mir angekommen sind. Daraufhin habe ich ihm nur mit einem erhobenen Daumen geantwortet.
Meine Finger zittern gefährlich, als ich nun auf der kleinen Handytastatur herumtippe.
Hallo Mister Lewis.
Wie geht es dir? Ich habe in den letzten Tagen viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Ich habe endlich verstanden, dass du keine bösen Absichten hattest und mich eigentlich nur schützen wolltest.
Was hältst du von einem schön romantischen Date? Als Wiedergutmachung sozusagen ...
Melde dich.
StellaIch zögere, doch dann schicke ich die Nachricht ab.
Amy wird mich zwar für diese Entscheidung umbringen, aber dieses Mal muss ich auf mich selbst hören. Ich möchte endlich wieder glücklich und verliebt sein und ich spüre, dass ich das mit Dan eventuell sein könnte.
Das Vibrieren meines Handys reißt mich aus meinen Gedanken in die Realität zurück.
Ein eingehender Anruf von Dan.
Sofort nehme ich den Anruf entgegen und schalte den Lautsprecher ein.
„Meinst du das wirklich ernst?", möchte Dan direkt von mir wissen, statt mich wie ein zivilisierter Mensch zunächst zu begrüßen. „Du gibst mir noch eine Chance, Stella? Womit habe ich das bloß verdient? Du bist viel zu gut für mich!"
Automatisch muss ich grinsen, da sich Dan gerade wie ein Kleinkind anhört, das an Weihnachten Geschenke auspackt.
„Natürlich ist das ernstgemeint", lache ich schließlich. „Du kannst dich bei meiner besten Freundin Tilly bedanken. Sie hat mir mehr oder weniger die Augen geöffnet."
„Das ist großartig!", freut sich Dan. „Du hast keine Ahnung, wie glücklich ich gerade bin!"
Oh doch, ich kann es mir vorstellen, immerhin geht es mir genauso.
„Was möchtest du bei unserem Date machen, Wattebäckchen? Es soll das schönste Date aller Zeiten für dich werden!"
Es ist süß, wie viel Mühe sich Dan gibt. Ich merke, dass es ihm wirklich wichtig ist, seine Chance zu nutzen und mich kein weiteres Mal zu verletzen.
„Na ja", überlege ich, während ich mir grübelnd mit dem Zeigefinger gegen die Schläfe tippe. „Überrasch mich einfach, Mister Lewis. Ich bin mir sicher, dass es ein unvergessliches Date werden wird. Einfach nur, weil du mit dabei bist."
„Einverstanden."
Ein paar Minuten reden wir noch über belangloses Zeugs, ehe wir das Telefonat beenden.
Mein Herz hüpft glücklich und auch die Schmetterlinge applaudieren, weil ich die richtige Entscheidung getroffen habe.
Am liebsten würde ich jetzt direkt zu Dan nach Hause fahren und so viel Zeit wie nur möglich mit ihm verbringen, aber leider ruft die Arbeit.
Da ich in den letzten Tagen so viel Stress wegen Dans Superstarleben hatte, haben sich einige Aufträge angesammelt, die ich unbedingt abarbeiten muss. Außerdem warten noch ein paar Vorlesungen aus der Uni auf mich.
Wenn ich mein Teilstipendium behalten möchte, was echt wichtig für mich ist, kann ich es mir nicht leisten, schlechte Noten zu schreiben.
Wie von selbst wandern meine Gedanken zu dem letzten Gespräch, das ich vor ungefähr zwei Jahren mit meiner Mutter geführt habe.
Damals hat sie behauptet, dass ich es niemals schaffen würde, auf eigenen Beinen im Leben zu stehen und mir meine Träume zu verwirklichen.
Heute kann ich stolz sagen, dass ich es sehr wohl geschafft habe!
Ganz im Gegensatz zu meiner Mutter und meinen Brüdern, die laut Tilly auf Hartz vier angewiesen sind.
Einerseits tut es mir leid, dass es meiner Familie so schlecht geht, aber andererseits haben sie es nicht anders verdient. Ich vergesse sie jeden Tag ein kleines bisschen mehr, denn in Tilly, Amy und Ricardo habe ich meine eigene richtige Familie gefunden.
Und wer weiß?
Vielleicht wird Dan auch schon bald dazugehören.
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Im Takt deines Herzens
ChickLitJahrelang hat sich Stella aufgeopfert, um ihre Mutter finanziell zu unterstützen. Ihre eigenen Träume und Ziele sind dabei immer weiter in den Hintergrund gerückt. Eines Tages fasst Stella einen Entschluss: Ab sofort nimmt sie ihr Leben selbst in di...