Kapitel 9

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Dunkelheit.
Kräftig gähnend öffnete ich die Augen.
Immernoch Dunkelheit.
Rauer Stoff lag auf meinem Gesicht.
Ein Sack.
Ich wollte ihn von meinem Gesicht ziehen, doch meine Hände waren gefesselt. Ich saß mit ausgestreckten Beinen gegen eine Wand gelehnt.
Nein, ...  das war keine Wand. Harte Gitterstäbe drückten in meinen Rücken.
Zu meiner Missgunst waren meine Hände diesmal hinter meinem Rücken gefesselt.
Das Seil schnürte mir so fest ins Fleisch, dass es weh tat.
Nicht schon wieder, stöhnte ich innerlich. Auch mit den Fingern fühlte ich Gitterstäbe.
Verdammte Scheiße!
Ich strampelte um mich.
An meinen Füßen klirrte etwas.
War das etwa ... ?

Als ich meinen rechten Fuß hob und zur Probe schüttelte bestand kein Zweifel. Diese Mistkerle hatten mir doch tatsächlich eine Eisenkette angelegt. Ich versuchte meine Hände zu befreien, aber . . . vergeblich.
Immerhin spürte ich, dass der Käfig auf festem Boden stand und nicht in den Baumkronen hing.

Ich fühlte mich, als wäre ich nach einem langen Nickerchen wach geworden.
Was war passiert?
Das letzte was ich vor Augen hatte, ist eine Frau mit grü- Tinkerbell!
Sie hat mir irgendwas gegeben, was mich ausgeknockt hat.
Ich dachte, ich könnte mich auf sie verlassen. Schließlich hat sie mich gerettet. Hatte sie das wirklich?, fragte mich eine kleine zweifelnde Stimme in meinem Unterbewusstsein. Anscheinend ja nicht. Ich war wieder da, wo ich am Anfang gestanden hatte. MEMO an mich: Vertraue niemandem auf dieser Insel.
Während ich nochmal an meinen Handfesseln zerrte, hörte ich Schritte.
,,Wer ist denn da aus seinem Schönheitsschlaf aufgewacht?''
Durch den Sack hindurch, konnte ich die Stimme nicht genau identifizieren.
Etwas quietschte: die Tür wurde geöffnet. Der Sack wurde von meinem Kopf gerissen und ich blickte in die grinsenden Sommersprossen von Devin. Als ich ihn sah, erstarb etwas in mir. Es war der letzte Funke Hoffnung, der geglaubt hatte, dass ich doch nicht bei Pan gelandet war.
,,Schön dich wiederzusehen, Y/N.''
,,Ich wünschte, ich könnte dasselbe sagen.'' murrte ich vor mich hin. Mein Blick fiel auf seine Nase. Sie war stark geschwollen und getrocknetes Blut klebte am Philtrum.
,,Was macht deine Nase?'' fragte ich mit einem kleinen Anflug von Schadenfreude.
Devins Lächeln verblasste. Irgendwas gutes musste mein Fluchtversuch ja gebracht haben.
,,Tut es so weh, wie es aussieht?'' fragte ich mit einem selbstgefälligen Grinsen.
Seine Gesichtszüge wurden hart.
,,Halts Maul, Äffchen.''Er packte mich an den Schultern und zog mich aus dem Käfig. Die Eisenkette am Fuß klirrte, als ich raustrat.
Drei Schritte.
Als ich zu einem vierten Schritt ansetzte, erinnerte die Kette mich daran, dass meine Bewegungsfreiheit auf ungefähre wunderbare 1,80 Meter beschränkt war.

Es war nicht dieselbe Lichtung. Sie war kleiner, wurde aber mit Fackeln beleuchtet. Devin lief umher und entzündete jede von ihnen. Ich sah nach oben. Es war schon wieder Dunkel. War es nicht gerade noch hell gewesen?
Den Blick immernoch nach oben gerichtet fragte ich Devin:
,,Wie lange habe ich geschlafen?''
Der zuckte nur mit den Schultern.
,,Kommt drauf an, was Tink dir gegeben hat.''
Tink?
,,Ist sie auch deine beste Freundin?'' fragte ich bitter.
Devin grinste nur. Das genügte mir als Antwort.
,,Kidnapped ihr öfters unschuldige Jugendliche?''
Mein Blick war an zwei weiteren Käfigen hängen geblieben, die hoch in den Baumkronen hingen.
,,Kidnappen ist das falsche Wort.''
,,Wirklich?'' Ich sah ihn an und hob skeptisch eine Augenbraue. Er war nicht ganz bei Trost. Kidnappen war eine Unterteibung.

,,Und wie würdest du es nennen? Retten?'' fragte ich höhnisch.
Er zuckte wieder mit den Schultern.
,,Irgendwie schon.''
Mehr als ein fassungsloses wow fiel mir dazu nicht ein.
Devin hatte alle Fackeln angezündet. Wortlos lehnte er sich gegen einen breiten Baum, in dem die Käfige hingen und begann an einem Stück Holz zu schnitzen.
,,Hey, was ist mit mir?''
Er sah nicht auf, sondern schnitzte seelenruhig weiter.
,,Willst du mich nicht zu Pan bringen oder sowas?'' Könntest mich ja auch einfach freilassen, dachte ich bissig.
,,Weil das beim letzten Mal so gut geklappt hat?''
Er sah auf und ein ironisches Funkeln stand in seinen Augen.
,,Ja, genau, deshalb'' stimmte ich zu.
Mit einem kurzen Grinsen, sah er wieder auf sein Holzstück und schnitzte weiter.

Wie aufs Stichwort raschelte es. Blitzschnell ruckte mein Kopf herum.
Zwei Gestalten kamen den breiten Weg entlang. Einer von ihnen war Felix. Über seiner Schulter, die Keule. Unter seiner Kapuze sah man die strubbeligen blonden Haare. Die Narbe in seinem Gesicht war selbstredend und ich stellte mir plötzlich die Frage, durch wen oder was er sie erhalten hatte.
Neben ihm ein Junge in meinem Alter. Auch seine braunen Haare waren leicht zerwuschelt. Seine Kleidung hatte das Grün des Waldes und das Braun der Erde. Um seine Handgelenke lagen braune Reifen. Er war fast einen Kopf kleiner als Felix. Seine Kleidung war das Faszinierendste. Anders als bei Felix - dessen Kleidung aus normalen, grobgewebten Stoffen bestand - sahen seine Stoffe so aus, als wären sie aus dem Wald.
Die beide Jungs bildeten dann wohl meine Eskorte.
,,Gut geschlafen?'' fragte Felix zur Begrüßung.
,,Oh ja! Ich lass mich gern mit K.O.-Tropfen vollpumpen und anschließend mit einer Eisenkette fesseln.''
,,Die Sache mit Tink tut mir Leid.'' sagte Wald-Junge. ,,Allerdings wäre das alles nicht passiert, wenn du brav bei Devin geblieben wärst.'' Er machte einen Schritt direkt auf mich zu.
Was glaubte er eigentlich wer er war? Jetzt war es meine Schuld, dass ich Tinkerbell in die Arme gelaufen war? Mir gefiel es nicht wie er sich aufspielte. Er stand mir direkt gegenüber. Felix positionierte sich schräg hinter ihm.

,,Und du bist?'' fragte ich stirnrunzelnd.

,,Ich bin froh, dass du fragst.'' Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem bösen Grinsen.

,,Gestatten, Peter. Peter Pan.''

Peter Pans Gefangene | Once Upon A Time FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt