Tanz Aus Der Reihe - 3

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Habt einen schönen Abend mit Clueso und Johannes!

Eure Reniawen

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Die zwei Tage mit Johannes allein im Outback sind für Clueso Segen und Fluch zugleich. Sie sind ein Segen, weil Clueso ohnehin kein Social Media-Mensch ist und generell nur das Nötigste postet oder teilt. Während Elif, die Jungs von SDP oder Lotte ständig mit dem Handy unterwegs waren, alles gefilmt oder fotografiert haben, hat Clueso die Umgebung ohne Linse vor den Augen in sich aufgesogen und nur wenige Erinnerungsfotos geschossen.
Aber sie sind auch wie ein Fluch, weil Johannes und er sich schon in den ersten Stunden viel zu nahe sind. Zwar wandern sie meist schweigend durch die atemberaubende Natur, nur manchmal deutet der Ranger vor ihnen hierhin und dorthin. Aber allein die viele Zeit, die sie jetzt miteinander haben, lässt Cluesos Herz flattern. Diese verdammten Gefühle für Johannes waren von Anfang an da, auch wenn Clueso natürlich von Ina weiß. Bisher konnte er es gut kontrollieren, es war okay, weil sie sich nie über einen so langen Zeitraum wie jetzt gesehen haben. Aber natürlich war auch das ein Grund, warum er Johannes‘ Anfrage für Sing meinen Song nicht sofort angenommen hat. Denn ihm war sehr bewusst, dass die Gefühle sofort wieder da sein würden. Er hat sich schon immer wohl in Johannes‘ Gegenwart gefühlt, hatte immer das Gefühl, dass er ihm alles anvertrauen könnte. Wenn sie sich trafen, wurden ihre Gespräche immer schnell intensiv, zusammen haben sie oft die Zeit vergessen. Gequatscht, Musik gemacht, in Songsessions vertieft, bis es zu spät zum schlafen gehen war und sie doch die Nacht durchmachten.

Und natürlich ist das heute auch so, denn später am Abend, nachdem die Zelte aufgebaut sind und das Essen so gut wie es eben hier geht gemacht ist, schürt Johannes das Lagerfeuer. Sie haben Muscheln gesammelt, und es hat großartig geschmeckt.
»Na, dann zeig mal, was du drauf hast, du Pfadfinder«, kann Clueso nicht anders als Johannes aufzuziehen. Nur so kann er diesen Abend ertragen – und mit viel Bier. »Du hast hoffentlich dafür gesorgt, dass wir genug zu trinken haben?«
»Hab ich«, schmunzelt Johannes und deutet zu den Sachen, die das Drehteam besorgt hat. »Ich hoffe, das ist genug.«
»Werden wir sehen«, grinst Clueso beim Anblick der Sixpacks, die wohl im Jeep hierher gekarrt worden sind.
Das Kamerateam dreht noch ein paar Sequenzen und Clueso genießt jede Minute dieses so wunderschönen Abends. Aber bei jedem Blick seines Freundes stolpert sein Herz, fühlt Clueso wohlige Wärme in seiner Brust, und er weiß, dass er mehr Bier braucht, um diesen Abend zu überstehen.
Irgendwann, Johannes hat gerade erneut ein paar mitgebrachte Scheite ins Feuer gelegt, fängt Clueso seinen neugierigen Blick auf. »Sag mal… du hast letztens gesagt, dass du noch nie Ich liebe dich gesagt hast«, stellt Johannes dann eine Weile später die Frage, vor der Clueso sich gefürchtet hat. Dieser Satz kam genauso unbedacht über seine Lippen wie vorhin seine Freude über ihren Trip, als ihm vor laufenden Kameras herausplatzte, dass das hier »wie Glück, wie Knutschen« sei. Clueso weiß schon, warum er TV-Auftritte so vehement wie möglich meidet.

Clueso seufzt über seine eigene Dummheit. Er meidet Johannes‘ Blick, fährt sich in einer fahrigen Handbewegung durch die kurzen Haare. »Naja, es… war noch nicht der Richtige da, offensichtlich«, entscheidet er sich dann zu einem Teil der Wahrheit. Johannes weiß einer der wenigen in seinem freundschaftlich-beruflichen Umfeld von Cluesos Homosexualität, denn genauso wie sein Privatleben hat auch das nichts in der Öffentlichkeit zu suchen.
Ein langer Blick ruht auf ihm, Clueso kann es spüren. »Echt niemand?«, bohrt Johannes weiter. »Also niemand, den du echt geliebt hast? Von ganzem Herzen, meine ich?«
Clueso zuckt die Schultern, schaut jetzt doch auf, in Johannes‘ atemberaubende Augen. Wenn er wüsste… »Nein, echt nicht.«
»Das ist… traurig«, stellt Johannes fest, während Clueso das Bier in einem Zug leert und sich gleich das nächste holt.
»Auch noch eins?«, hält er Johannes eine weitere Flasche hin.
Ihre Blicke treffen sich, Clueso hält die Luft an, weil Johannes lächelt. »Wie gut, dass ich genug besorgt hab«, schmunzelt er.
Clueso nickt. »Oh ja.«

Eine Weile sitzen sie schweigend nebeneinander, auch Johannes scheint die Lust zu Singen vergangen zu sein. Sie leeren ein weiteres Bier, dann irgendwann seufzt Johannes tief. »Ina und ich haben uns getrennt«, berichtet er dann unvermittelt und Clueso starrt ihn fassungslos an.
»Dein Ernst? Aber wieso… nach all der Zeit?«
Johannes zuckt ratlos die Schultern. »Keine Ahnung. Es hat sich nicht mehr angefühlt als wären wir noch ein Paar. Eher… engste Freunde. War alles ohne Streit oder Vorwürfe oder so, irgendwie hat es einfach nicht mehr gepasst.«
»Wow… krass. Also… tut mir leid.« Clueso weiß nicht wirklich, was er dazu sagen soll. Johannes und Ina waren so lange zusammen, dass es beide getrennt einfach nicht zu geben schien. Trotzdem klopft sein verdammtes Herz natürlich eine Nuance schneller, auch wenn das vollkommener Unsinn ist. Johannes hat nie irgendwelche Andeutungen gemacht, möglicherweise bi zu sein oder ähnliches, und dass Ina keine Fakebeziehung war, hat Clueso selbst gesehen. Das hätte Johannes auch nicht nötig. Er greift zu noch einer Flasche Bier – die wievielte es ist, weiß er nicht mehr. Spielt auch absolut keine Rolle.
»Ach, ist schon okay«, meint Johannes, schaut auf und ihre Blicke treffen sich. »Hab eh viel zu viel zu tun und bin einfach froh, dass das geklärt ist.«
Clueso kann nicht anders, als in diese schönen Augen zu sehen. Die Verbundenheit, die sie schon immer hatten, erfüllt seine Brust. Vielleicht steigt ihm allmählich nicht nur das Bier zu Kopf, sondern auch die Hitze des Tages und die Tatsache, Johannes so nah zu sein – und doch so weit von ihm entfernt.

»Mal schlafen?«, nuschelt Johannes, und Clueso fühlt sich jäh aus dem Moment gerissen »Haben morgen noch n Stück zu laufen.«
Und er wird abends wieder zurück ins Grootbos fahren. Johannes hat noch eine Woche Aufenthalt drangehängt, ein paar letzte Termine als Gastgeber, aber Clueso weiß dass er auch einfach Urlaub machen will. »Der Urlaub wird dir guttun«, meint er. »Und wehe, du stürzt dich danach wieder direkt in die nächste Fernsehproduktion.«
»Wird nicht passieren«, verspricht Johannes. »Bei The Voice bin ich ja ausgestiegen. Es gibt dann nur hoffentlich endlich die ganzen Nachholkonzerte.«
»Naja gut, das ist was andres«, schmunzelt Clueso. »Ich rede nur vom Fernsehen.«
»Habe ich nicht vor, aber natürlich tust du das«, lacht Johannes auf. »Dein persönlicher Endgegner, das böse Fernsehen.«
»Blödmann«, stimmt Clueso in das Lachen ein und boxt Johannes in die Seite. »Ich bin nicht fürs Fernsehen gemacht, ich verplapper mich ständig, vergeige Strophen, wie du gesehen hast…«
»Wobei hast du dich verplappert? Dass du erzählt hast, du hättest noch nie diesen Satz gesagt hast, war doch süß«, findet Johannes.
»Hör bloß auf«, seufzt Clueso.
»Dann lass mal echt schlafen«, grinst Johannes und legt ihm eine Hand auf die Schulter. Warmer Händedruck vernebelt Cluesos Sinne, natürlich auch der Alkohol, hier mit Johannes zu sein, alles zusammen.

Als sie aufstehen, verschwimmt kurz alles vor Cluesos Augen, und er merkt, dass er schwankt. Er sollte so schnell wie möglich ins Zelt kriechen und ja Johannes aus dem Weg…
»Wow, haben wir so viel gebechert?«, fragt Johannes da, ganz nah neben ihm, lacht und schwankt ebenfalls. Cluesos Herz hämmert gegen seine Brust, die Nähe verwirrt seine Sinne. »Scheiß Hitze hier, ich vertrag einfach nichts mehr. Aber danke, Mann, dass du mitgemacht hast. War ziemlich cool.«
Clueso verflucht kurz, dass er morgen schon wieder abreisen wird. Johannes‘ Augen glitzern im fahlen Licht des Mondes, sein Lächeln ist sanft und weich. »Ist doch klar«, räuspert Clueso sich verlegen. Was macht dieser Typ mit ihm? Sie sind befreundet, verflucht noch mal!
»Nein, echt, das war wirklich cool«, sinniert Johannes. »Machen wir viel zu selten, du und ich.« Er legt wieder eine Hand auf Cluesos Schulter, drückt warm zu.
Clueso kann nicht anders als in Johannes‘ Augen zu versinken. Seine Gedanken zerstreuen sich, er muss wissen, wie es sich anfühlt. Vernebelt vom Abend am Lagerfeuer und dem ganzen Tag mit Johannes, beugt Clueso sich vor, schaut zwischen Johannes‘ Augen hin und her, legt eine Hand an die kratzige Wange und seine Lippen auf Johannes‘.

Tanz aus der Reihe (SMS 2022)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt