Prolog

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Sie war eine Närrin gewesen, naiv in dem Glauben, sie könnte ihr vertrauen. Was würde ihr Vater wohl sagen, wenn er erfuhr, was sich hier ereignet hatte? Seine mächtigste Schöpfung auf den Knien, ihr Fall herbeigeführt durch leeres Geschwafel und ein gebrochenes Herz.

Was hatte sie sich nur gedacht? Mit einer Entscheidung hatte sie alles versaut. Ihre Zukunft zerstört und ihre Familie – die ganze Welt sogar – ans Messer geliefert. Der einzige Ausweg, der jetzt noch blieb: extrem radikal. Ob ihr Vater ihr wohl verzeihen würde? Ob er ihre nächsten Schritte gutheißen würde? 

Ein schiefes Lächeln huschte über ihr Gesicht, flüchtig, doch ausreichend. Er würde es verstehen. Nicht akzeptieren, doch verstehen. Und das reichte aus. Mehr konnte sie nicht verlangen.

Fais ce que dois, advienne que pourra.

Tu, was du musst, komme, was wolle.

Weiße Stiefel traten in Olivias Sichtfeld, unberührt von dem Rauch der Flammen, der den Himmeln schwärzte und sich in ihrer Lunge stauchte. Mit gerümpfter Nase blickte Valerie auf sie herab. Olivia musste sich ein Lachen unterdrücken. Kontrolle war vor Verlangen zu Boden gesunken. Sie hatte immer gedacht, dass es sich andersrum abspielen würde. Dass es Valerie sein würde, die im Schlamm versank, während Olivia über ihr thronte. Wie sehr sie sich doch geirrt hatte.

„Gib zurück, was du gestohlen hast, solange wir noch gnädig gestimmt sind." Desinteresse lag Valeries Worten zugrunde. Sie wollte ihre Kapitulation nicht, nicht wirklich. Ob Olivia nun ihre Waffen senkte, ob sie ihr nun gab, was sie wollte oder sich aufrichtete - es würde keinen Unterschied machen. Valerie sehnte sich nach ihrem Blut und nur ein Narr würde Verlangen einen Wunsch verwehren.

Innerlich lachte Olivia. Wenigstens war sie noch für diese eine Sache gut. Ihre Stimme war rau, als sie sprach. „Du weißt, dass ich das nicht kann." 

Bereits jetzt konnte sie ihre Macht schwinden fühlen, während Valerie nur so von Energie strotzte. Ihr letzter Befehl, ihr letzter Akt als Kontrolle, hatte sie einfach zu viel gekostet. Doch der Gedanke an klirrende Glocken und silberne Peitschenhiebe machte es die Sache wert. Die Welt würde fortbestehen, ihre Geschwister leben und Olivia würde das ihre endlich wieder in die Arme schließen können. Wenn auch nur im Tod.

„All das und wozu? Um deine Zweifel zu bestätigen? Um die eine Person zu verunglimpfen, die dir alles geben wollte? Um dein Ego zu schützen?", zischte Valerie. 

Der Kampf war bereits entschieden und doch hoffte Olivia noch auf ein Wunder. Tief in ihr war die Schlacht jedoch bereits geschlagen. Eine Halbgöttin gegen elf ihrer Zunft? Sie konnte nicht gewinnen, nicht heute, nicht allein. Leicht machen würde sie es ihnen jedoch nicht. Wenn sie schon sterben musste, dann mit erhobenem Haupt. Ein letzter Akt des Trotzes, ein letzter Beweis, dass man Kontrolle nicht kontrollieren konnte.

„Du kennst mich schlecht, wenn du glaubst, dass es das ist, das ich versuche zu schützen." Mit wankenden Füßen hievte sich Olivia aus dem Schlamm, ihre eiserne Kette fest um die Finger geschnürt. Gemeinsam hatten sie bereits so manchen Gegner besiegt und obwohl ihre Macht mit jedem Atemzug schwand, würden die feinen Perlen sie nicht im Stich lassen. Doch die Leichtigkeit mit der selbst die schwächsten ihrer Geschwister sie auf Trab hielten, sprach Bände.

Sie konnte machen, was sie wollte, der Zauber ihrer Kette würde nicht wirken, würde die Magie ihrer Feinde nicht binden, solange Olivia sie nicht um sie wand.

Lang würde es nicht mehr dauern, bis ihr Körper versagte. Ihr Fleisch war bereits gebrochen, zu schwach um sie weiter zu beherbergen, und gab die Sicht auf die grelle Macht frei, die unter ihrer Haut schlummerte.

Verzweiflung brannte ihr in den Augen und raubte ihr die Luft, als ihre Magie an die Oberfläche stieg. Wankendes Grau füllte ihre Augen, instabil wie sie es nur selten erlebt hatte. In diesem Zustand würde es ihr nicht einmal gelingen, einen von ihnen abzuwehren. Sie würden ihren Leichnam hinter sich lassen, weiterziehen und jene einholen, der sie den Schlüssel zu all dem überlassen hatte. 

Sie musste mehr Zeit gewinnen und wenn sie sich dabei selbst verlor.

Der Boden schwankte gefährlich unter ihren Füßen, in ihren Ohren nichts als Ringen und dennoch preschte sie vorwärts. Auch jetzt kam ihr ihre Kontrolle noch zu Gute. Sie schärfte ihre Bewegungen und fokussierte ihre Gedanken, wo jeder Mensch bereits das Bewusstsein verloren hätte.

Eins, zwei, fünf, sechs. Einer nach dem anderen verlor sich in dem Gewirr ihrer Kette. Silk hatte, wie immer recht behalten. Eben noch zwang sie Micah in die Knie, packte seine Schultern, da bekam Valerie sie zu fassen. Mit starkem Griff nahm sie ihr jede Fluchtmöglichkeit.

Die Krieger und Soldaten, das Gefolge und Diener alle verstummten. Nur das Feuer knisterte drohend im Hintergrund. Waffen vielen zu Boden und Knie sanken in den Schlamm, als Olivia versagte.

"Olivia," erklang Valeries Stimme, als eiserne Perlen sich um ihre Handgelenke schlangen, "Kind des Todes, Halbgöttin der Kontrolle besiegt auf dem Schlachtfeld und dem Reich der Tiefe geweiht - eine letzte Chance sei dir gewährt. Gib auf und wir werden Gnade gegenüber deinen Mitverschworenen zeigen."

Olivia schüttelte den Kopf. Ihr Blick senkte sich. Jetzt war es endgültig vorbei.

"Dann tut es mir leid, doch du lässt mir keine Wahl." Wie ein Strick wand sich ihre Kette, um ihren Körper, zog ihre Arme auseinander und ließen sie zu Boden taumeln, als ihr eigener Zauber sich gegen sie richtete. Schallender Applaus halte um sie, Jubelgeschrei und wildes Pfeifen. Valerie hatte es nicht einmal befehlen müssen.

Tränen drangen in Olivias Augen. Sie wollte unsichtbar werden, sich in Rauch auf lösen und verschwinden.

'Großmutter', flehte sie in Gedanken, 'Schöpferin, der Schöpfer, Mutter Chaos bitte lass es nicht umsonst sein.'

Die Energie, die aus ihrem Körper quillte, begann sich zu stauen, brodelte ihr unter der Haut, als ihre Magie sich selbst ins Verderben stürzte.

Eine letzte Bitte entwich Olivia, eine letzte Warnung, doch es war zu spät. Sie wurde von ihrer Macht überwältigt. Ihre Körper verkrampfte, als grelles Licht durch ihre Poren strömte und ihre Haut zu Asche wandelte. Tränen fielen ihr von den Augen, doch ein Schrei blieb aus.

Stille herrschte, als Olivia zu Boden fiel und ihre Welt aufhörte zu sein.

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Hi! Na, auf welcher Seite seid ihr? Olivias, Halbgöttin der Kontrolle, oder Valeries, Halbgöttin des Verlangens? Wer glaubt ihr, liegt ihm recht?

Und welche Rolle meint ihr, wird Silk spielen? Ist Silk ein er? Eine sie? Beides? Weder noch?

Sagt, wie hat euch der Prolog gefallen? Ich bin für jede Anregung offen ^^

Schreibt gern was ihr euch denkt in die Kommentare. Theorien, Headcanons, Ships (falls ihr schon welche habt oder vermutet), so ziemlich alles was euch durch den Kopf geht! Ich lese jedes Kommentar und quatsche gerne mit euch.

 Theorien, Headcanons, Ships (falls ihr schon welche habt oder vermutet), so ziemlich alles was euch durch den Kopf geht! Ich lese jedes Kommentar und quatsche gerne mit euch

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