Es ist gerade mal acht Uhr morgens, als ich vor dem Haus meiner Eltern parke und aussteige. Ich musste so früh los, damit Kyrell nichts davon mitbekommt, dass ich gehe.
Ich betrete die Veranda und klingel. Etwas später macht Maria, die Haushälterin auf.
"Nikolai, wollen Sie zu Ihren Eltern? Die schlafen noch", fragt sie erstaunt, lässt mich aber ins Haus. Maria war schon für uns tätig, als ich noch ein Kind war.
"Danke, ich warte im Salon. Vielleicht könntest du Ihnen Bescheid geben, dass ich da bin. Am besten nur meinem Vater."
Sie nickt und verschwindet.
Ich schaue mich kurz im Haus um. Es hat sich nicht viel verändert, seit ich das letzte Mal da war.
Ich setze mich im Salon auf das Sofa und warte eine Weile, bis Dad im Morgenmantel auftaucht.
"Nikolai? Was machst du so früh hier? Ist was passiert?!", fragt er.
"Nein, nein. Ich muss nur mit dir reden."
Ich stehe auf, weil es mich sonst nervös macht, wenn er steht und ich sitze.
"Worüber?"
"Es geht um Kyrell. Er darf die Herrschaft nicht übernehmen, Dad. Er wird die Marinos in die Ruinen treiben", sage ich leise. Ich will nicht, dass Mum etwas davon mitbekommt.
Dad seufzt und schüttelt den Kopf.
"Ich weiß, mein Sohn. Aber was willst du tun? Er ist nun mal der Nachfolger, ob es uns gefällt oder nicht. Wir können nur hoffen, dass er sein Amt ernst nimmt."
"Livia meinte, dass ich Einspruch einlegen soll. Sie meinte, dass ich auf die Rolle des Nachfolgers plädieren soll."
Dad reißt die Augen weit auf. "Tu das nicht, das würde einen Krieg geben! Aaron und Kyrell würden uns uns nicht verzeihen, dass wir sie überlisten wollen."
"Woher willst du das wissen? Vielleicht wären sie gar nicht so wütend!", erwidere ich.
"Doch, das wären sie. Genau das hat sich schon vor dreißig Jahren ereignet."
Dad senkt den Blick und tigert im Salon auf und ab.
"Warte, was? Vor dreißig Jahren? Das war, als Onkel Aaron Nachfolger wurde!", sage ich irritiert.
"Du wolltest der Chef werden?"
Mein Dad nickt. "Ich habe auf den Posten plädiert und habe verloren, da Aaron älter ist als ich. Wir haben uns so sehr zerstritten, dass wir einige Jahre keinen Kontakt hatten, was den Marinos nicht guttat. Wir machten uns durch den Streit verwundbar für andere."
Dad bleibt stehen und greift nach meiner Hand.
"Tu mir einen Gefallen und lass die Sache ruhen, mein Junge. Ich hoffe, dass wenn Kyrell die Macht über unsere Familie hat, ich nicht mehr lange leben werde."
Ich blicke in Dads glasige Augen. Er hat Angst. Angst vor Kyrell und dem, was er tun wird.
"Ich könnte ihn stoppen, Dad."
"Du würdest verlieren."
"Vielleicht nicht."
"Provozier es nicht, Nik. Ein Krieg innerhalb der Familie würde uns zerstören."
"Genau wie Kyrell! Ich fürchte ich habe keine andere Wahl!", erwidere ich aufgebracht.
"Man kann nicht nur sein ganzes Leben lang Angst haben, Dad."Ohne noch etwas zu sagen, verlasse ich den Salon und das Haus. Ich weiß nicht, was ich tun oder denken soll.
Dass Dad und sein Bruder vor mehreren Jahren denselben Streit hatten, wusste ich nicht.
Vermutlich hat Dad recht. Der Kampf um die Herrschaft würde Krieg bedeuten. Aber manchmal muss man eben Opfer bringen.
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The Midnight Caller - Gefährliche Liebe
Teen FictionPAUSIERT (A Mafia Story) Aria ist neu in der mystischen Stadt Ellesmere. Durch Zufall trifft sie auf den geheimnisvollen Nikolai Marino, dessen Familie sehr mächtig ist und zur Mafia gehört. Sie weiß, er ist nicht gut für sie. Kann sie ihm widersteh...