Teil 7

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„Elena? Bereit?" Ich nickte unsicher. Ich meine, ich hab ja kein Problem mit turnen, ich kanns ja auch wirklich, und ich war mir auch wirklich sicher, dass es da überhaupt kein Problem mit geben würde, aber nach dem Traum heute Nacht war ich mir dann doch unsicher. „Sehr gut. Die Jungs sind alle schon in der Halle, du gehst dich jetzt umziehen und aufwärmen und dann geht's los, ok?" Ich nickte noch einmal. Wir liefen in eine der zwei großen Turnhallen und vom Gang konnte ich die Jungs schon sehen. Und ziemlich viele von ihnen waren entweder bei Tim in der Mannschaft oder mit ihm und Justin befreundet. Schnell zog ich mich um und wärmte mich in einem extra Raum auf und dehnte mich. In dem Moment, in dem ich die Sporthalle betrat, verstummten die Jungs. Alle. Ausnahmslos. Manche musterten mich, manche schauten unsere Lehrer an, ein paar schauten überrascht. Relativ schnell entdeckte ich Justin in der Menge und er schaute mich überrascht mit hochgezogenen Augenbrauen an. Während unsere Lehrer den Jungs erzählten was der Ablauf war, schaute er auf mein Knie. Er stieß einen Kumpel an und flüsterte was, dann lief er raus. Sein Kumpel bedeutete mir hinterher zu gehen und ich sagte meiner Lehrerin Bescheid dass ich nochmal aufs Klo müsste. Als ich auf dem Gang stand sah ich Justin und lief hin. „Ja? Dein Freund hat gesagt ich soll zu dir.", sagte ich und musterte ihn fragend. Verlegen schaute er auf den Boden und sagte „Bei sowas hast du dir dein Knie zerfetzt? Und du gehst da nochmal drauf?" „Ja. Wo liegts Problem?" sagte ich und merkte, wie mich ein Schwindelanfall überkam. Langsam stützte ich mich gegen die Wand, schloss die Augen und atmete tief durch. „Elena. Du hast dein Knie zerfetzt, weil du bei deiner letzten Übung wegen einem Schwindelanfall während dem Abgang ohnmächtig geworden bist. Und du hast gerade einen Schwindelanfall. Was machst du wenn du heute wieder ohnmächtig wirst? Es bleibt garantiert nicht beim Knie."sagte er leise. „Justin, keine Ahnung woher du das alles weißt, aber es geht dich überhaupt nichts an. Wieso mischst du dich überhaupt ein? Kann dir doch egal sein?!" „Es ist mir aber nicht egal. Elli, bitte lass es..." „Kein Plan was mit dir los ist. Mein Leben, mein Körper, meine Entscheidung. Ich geh da hoch, Ende. Und jetzt hör auf dich einzumischen." Mit diesen Worten drehte ich mich um. Ich kannte diesen Jungen seit knapp anderthalb Wochen so richtig und ich stritt mich mit ihm, obwohl ich ihn eigentlich echt gern mochte... Schnell lief ich wieder in die Halle und lief auf den Bodenläufer zu. Ich merkte Cedrics fragenden Blick und hörte wie die Tür zu ging als Justin reinkam. Ich begann mit meiner Kür und alles klappte perfekt. Ich spürte die bewundernden Blicke der Jungs auf mir und turnte gleich am Reck weiter. Auch hier gab es keine Probleme und ich lief zum Sprungtisch. Ich holte tief Luft, rannte los und sprang mit einem Handstandüberschlag drüber. Und jetzt merkte ich, dass sich alles wieder drehte. Ich schloss die Augen und befand mich wieder in der Halle bei meinem Wettkampf. Unsicher suchte ich die Menge nach meinem Trainer ab, doch ich konnte ihn nicht sehen. Sollte ich hoch? Oder nicht? Es drehte sich immer mehr. Da sah ich ihn, er sah wütend aus. Er zeigte auf den Balken und bedeutete mir, sofort anzufangen. Ich versuchte ihm zu erklären, dass es mir nicht gut geht, doch er schaute immer wütender. Langsam ging ich ans Sprungbrett... Als ich meine Augen öffnete, traf ich Justins besorgte. Schnell schaute ich weg und trat an das Sprungbrett. Ich turnte meinen Angang und stand vorsichtig auf. Ich wackelte leicht, begann dann aber meine Kür durch zu turnen. Kurz vor meinem Abgang, schaute ich mich unsicher um. Ich wusste nicht, ob ich es schaffte. Ich wollte... Konnte ich? Meine Lehrerin schaute mich fragend an und kam auf mich zugelaufen. „Elena? Wieso turnst du nicht weiter?" „Mir.. mir ist schwindlig. Ich brauche einen Moment." „Willst du nicht lieber runterkommen? Nicht dass was passiert..." „Nein, alles super. Geht wieder. Ich turn den Abgang und dann bin ich ja durch." Mit diese Worten begab ich mich in Position und ging in meinem Kopf den Salto und die Schraube durch. Du schaffst das... Alles super, du schaffst das. Ich holte Luft, nahm Schwung und drückte mich von dem Balken ab. Salto, Schraube, Landung. Sobald ich wieder auf dem Boden war legte ich mich hin und weinte. Ich hatte es geschafft. Ich. Ganz alleine. Und dann wurde alles schwarz.

Justin P.O.VSie hat mich stehen lassen. Einfach so auf dem Gang. Wut übertraf meine Sorgen. Ich hatte mir wirklich Sorgen um ein Mädchen gemacht, dass ich seit 2 Wochen kannte. Ich hatte gedacht, meine Meinung würde sie wirklich interessieren. Langsam lief ich den Gang runter und wieder in die Halle und stellte mich neben Cedric, während Elena zum Bodenläufer ging. Ich merkte Cedrics fragenden Blick aber schaute stur gerade aus. Die Kür auf dem Bodenläufer klappte problemlos, die an Reck und Sprung auch. Sie ging auf den Balken zu, ich verfolgte jeden ihrer Schritte. Unsicher schaute sie sich um und blieb davor stehen. Grade als ich dachte, sie hätte sich dagegen entschieden, holte sie Luft und stellte sich an das Sprungbrett. Sie turnte ihren Aufgang und schwankte kurz. Ich stöhnte genervt auf. „Was ist los?" fragte Cedric leise. Ich schüttelte nur den Kopf und richtete meinen Blick auf sie. Den Rest turnte sie auch wieder gut durch, doch kurz vor dem Abgang schwankte sie und ging in die Hocke. Nach ein paar Sekunden ging ihre Lehrerin auf sie zu und sie wechselten ein paar Worte. Dann stand Elli auf und ihre Lehrerin ging mit einem besorgten Blick ein paar Schritte zurück. Anlauf. Salto. Schraube. Landung. Sie hatte es geschafft. Und dann wurde sie ohnmächtig. Geschockt stand ich auf, kämpfte mich durch die Menge und rannte auf sie zu. „Wir müssen einen Krankenwagen rufen." Sagte ihre Lehrerin geschockt und mein Lehrer nickte zustimmend. „Nein." „Wie nein?!" „Wenn wir jetzt einen Krankenwagen rufen, wird sie das nicht verzeihen. Weder Ihnen noch irgendjemand anderem in dieser Halle. Sie wusste was passieren kann und sie ist mit dem Wissen da drauf gegangen. In ein paar Minuten ist sie bestimmt wieder wach, wenn nicht können wir auch da noch einen Krankenwagen rufen." Sagte ich entschlossen. Ich wusste nicht woher das kam, aber ich wusste dass sie niemandem von uns verzeihen würde. Unsere Lehrer schauten mich fassungslos an während ich mich seelenruhig neben sie setzte und anschaute. Und tatsächlich wachte sie 3 Minuten später auf und flüsterte schwach „Ich hab Kopfweh. Was ist passiert?" Schnell erzählte ich ihr die Kurzfassung und fragte „Sollen wir einen Krankenwagen rufen?" „Ich habs geschafft. Ich. Ich habs ganz alleine geschafft. Ganz alleine." Flüsterte sie leise, während ihr ein paar Tränen über die Wangen liefen und sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitete. Ich lächelte sie an und sagte „Ja. Du hasts geschafft." Und strich ihr kurz über den Kopf. Mein Lächeln verging mir aber recht schnell als ich sah, wer da auf uns zugerannt kam..

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