𝐷𝑟𝑒𝑖

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Vor mir hatte sich ein runder Raum aufgetan. Die Wände waren kunstvoll mit Säulen und Arkaden gesäumt und in der Mitte hatte sich ein Podest aus dem Stein hervorgetan.

Auf diesem lag etwas, was voll umhüllt war von Feuer. Es war so hell, dass ich meine Augen zu Schlitzen verengen musste, um die wahre Gestalt auszumachen. Zuerst erkannte ich nicht, worum es sich handelte. Ich musste wirklich genau hinsehen, um die bekannte Form ausmachen zu können.

Es war ein Herz. Ein blutrotes, feuriges Herz. Es schlug so kräftig, dass der Ton wie ein tiefer Bass durch die ganze Höhle getragen wurde.

Ich hatte noch nie ein menschliches Herz gesehen, doch ich nahm an, dass dieses hier größer als ein normales war. Was hatte es mit dem merkwürdigen Ding auf sich?

„Das hier, ist das Herz der Feuerbändiger. Unser Heiligtum, unser Lebenselixier, für das sich jeder opfern würde, um es zu beschützen", erklärte mir Jesper.

„Und was macht es?", fragte ich. Mein Freund trat ein paar Schritte auf das Herz zu, doch ich traute mich nicht, mich zu bewegen.

„Es kontrolliert das Feuer in uns Bändigern. Der Brandherd, den wir alle in uns tragen, ist mit ihm verbunden. Sollte es zerstört werden, würden auch wir alle sofort von unserem eigenen Feuer verbrannt werden."

Verstehe. Es war in etwa so, wie die Energiequelle von Tag- und Nachtreich. Ohne sie würden auch die Reiche sofort auseinanderbrechen.

„Wenn es so wichtig ist, warum beschützt ihr es dann nicht besser? Hier waren nirgends Wachen."

„Das Herz kann sich gut selbst verteidigen. Spürt es, dass von einer Person Gefahr ausgeht, schleudert es Feuerkugeln nach dieser. In den Jahrtausenden, in denen es existiert, haben mehrfach Menschen oder Natesim versucht, es zu zerstören. Doch immer hat das Herz selbst dafür gesorgt, dass ihm nicht passiert." 

Unwillkürlich trat ich einen Schritt zurück. Wenn das stimmte, warum griff mich das Herz dann nicht an? Immerhin war ich der schlimmste Feind, den es sich vorstellen konnte. Eine Auserwählte der Natesim.

„Keine Angst, es tut dir nichts. Es weiß, dass du nur neugierig bist."
Ich lachte künstlich. „Ich will dem Herz nicht zu nahetreten, aber mit einem gezielten Energiestrahl könnte ich es ausschalten und alle meine Probleme wären gelöst."
„Das stimmt nicht, und das weißt du auch. Dein wahres Problem sind nicht die Bändiger, sondern Sanna und Mano zu befreien."

„Warum hast du mir dann das Herz gezeigt?", fragte ich gespannt. Ich war ihm dankbar, doch ich fragte mich, ob mein Wissen keine Konsequenzen haben würde. Vielleicht hatte er immer noch den Plan, mich erst in alles einzuweihen und mich dann zu töten. „Du weißt doch sicher, dass ich den anderen Natesim davon berichten muss."

Jesper nickte. „Klar. Aber wie gesagt, dass Herz ist mächtiger als ihr alle zusammen. Wenn es wollte, könnte es die ganze Erde, mitsamt den Reichen, in Flammen aufgehen lassen. Alles Leben wäre sofort und für immer vernichtet."

„Warum tut es das dann nicht?"
„Weil es an das Gute in uns glaubt. Auch wenn die letzte Generation an Bändigern und Natesim viele Fehler gemacht hat, gibt es uns weiterhin eine Chance."
Langsam wurde es schwer, seinen Worten zu folgen. „Es gesteht ein, dass auch ihr Fehler gemacht habt?"

„Natürlich. So merkwürdig wie es klingt, das Herz ist auf unserer Seite. Also der Seite der Natesim und ihren Verbündeten. Die letzten Jahre war es immer kälter geworden, hatte sein Feuer fast ganz verloren. Doch seit ich ihm von unserem Plan berichtet habe, schlägt es so schnell und so stark wie nie zuvor."
„Was genau hast du ihm erzählt?"

SOON - Das Ende von Sonne und Mond (III)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt