𝐸𝑖𝑛𝑠

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Ich zitterte, als ich wiederholt auf mein Handy sah, um meinen Standort zu überprüfen.

Mitsamt einem riesigen Rucksack stand ich am Rand eines Berges, mitten in Deutschland. Jesper hatte mir den Standort vor ein paar Stunden geschickt und ich war sofort aufgebrochen.

Nach dem Gespräch mit dem gefangen genommenen Jacob William hatte ich tagelang mit mir gerungen. Ich wusste, dass ich Jesper nicht vertrauen konnte, obwohl er mir entschuldigende Nachrichten schrieb. Trotzdem hatte ich mich schlussendlich dazu entschieden, zu ihm zu reisen.

Die Versuchung, an neue Informationen zu kommen, war einfach zu groß. Und dafür musste ich die Wahrscheinlichkeit, gefangen zu nehmen, einfach in Kauf nehmen.

Mir war kalt, ich hatte Hunger und ich musste aufs Klo. Die Reise zu den Feuerbändigern hatte mich vier Stunden gekostet. Und da ich nicht gewusst hatte, wie schnell mir die Natesim auf den Fersen waren, hatte ich mich beeilen müssen.

So wie es schien, hatte aber keiner schnell genug von meiner Abwesenheit mitbekommen, dass er mir hätte folgen können. Niemand schien mir gefolgt zu sein.

Irgendwann hatte ich aber gespürt, wie mehrere Seelen versucht hatten, sich mit mir zu verbinden. Zu diesem Zeitpunkt hatten Marie wahrscheinlich den Brief auf meinem Bett gefunden. Noch störte mich das Anklopfen der Seelen nicht. Meine Energiewand war mittlerweile stark genug, den Ansturm auszuhalten.

Was jedoch geschah, wenn zu viele Natesim gleichzeitig versuchten, in meinen Geist einzudringen, wusste ich nicht. Kamen sie mit genug Kraft durch die Wand durch? Wie vielen Natesim würde ich standhalten können? Wie schnell könnte mich jemand durch eine Seelenkontrolle dazu bewegen, zurück ins Nachtreich zu fliegen?

Leider hatte mich darüber bei den Unterrichtsstunden, die Marie und ich besucht hatten, keiner aufgeklärt. Es war damals nicht von Belangen gewesen.

Gerade wartete ich darauf, dass Jesper mich abholte. Ich wusste aus seinen Nachrichten, dass sich die Heimat der Bändiger unterirdisch befand, doch da ich nicht wusste, wo genau sich der Eingang befand, brauchte ich einen Höhlenführer.

Bedauerlicherweise machte mein Herz noch immer einen Satz, wenn ich an Jesper dachte. Ich hatte ihn zwar nur zweimal gesehen, doch sein Gesicht hatte sich in mein Gedächtnis gebrannt, als wäre es mein Lebensanker.

Hoffentlich ließ ich mich nicht zu irgendwas überreden, was ich schlussendlich bereute. Eigentlich hatte ich mir im Vorfeld überlegt, wie weit ich gehen wollte, um mir nicht erneut das Herz brechen zu lassen. Doch man konnte nie wissen. Vielleicht überraschte mich Jesper wieder. Im Positiven oder im Negativen.

„Hey Pia! Schön, dass du gekommen bist!"

Eine Stimme riss mich aus meinen Überlegungen und ich sah mich zu allen Seiten um. Jesper kam hinter einem Felsvorsprung hervor und winkte mir zu.

Sofort stahl sich ein Lächeln auf mein Gesicht und ich hasste mich dafür. Ich war hier nur für die versprochenen Antworten! Das durfte ich nicht vergessen.

„Hi Jesper", grüßte ich zurück. „Lass uns am besten sofort losgehen. Ich habe Angst, dass mir Natesim gefolgt sein können."

„Klar." Jesper suchte mit den Augen die Umgebung ab. „Sieht aber nicht so aus."
„Egal. Wir wollen lieber sicher gehen."

Der Plan für heute war, dass Jesper mich unbemerkt in sein Haus schmuggeln wollte. Da sein Vater gefangen genommen und seine Mutter gestorben war, hatten wir sturmfrei. So würden es die anderen Anführer der Feuerbändiger hoffentlich nicht bemerken, dass ich als ungebetener Gast in ihr Reich eindrang.

SOON - Das Ende von Sonne und Mond (III)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt