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Mom und Callahan war nun schon bestimmt seit einer Stunde oder einem Jahr weg, während ich auf dem Boden lag, zusammen mit meinem Chemiebuch, rauchte ich meinen drierten – ich war mir sicher, dass so eine Zahl existierte – Joint.

Nach einer Trennung war es gut sich von allen Dingen zu lösen, die einen an den Ex erinnerten, weshalb die Joints zu rauchen, das einzig richtige war.

Theoretisch wäre es natürlich auch eine Möglichkeit gewesen, sie weg zu schmeißen, aber das wäre Verschwendung. Und ich hasste Verschwendung.

Lernen war jedoch eine Verschwendung meiner Zeit, also sollte ich es wohl lieber lassen. Oder schneller werden, damit ich es endlich hinter mir hatte.

Speed, Ecstasys, Crack, was auch immer mir dabei helfen würde diesen scheiß hinter mich zu bringen, ich brauchte es. Nur leider war ich pleite und ich konnte nicht mehr Lucian fragen, ob er mir das Zeug besorgte.

Ob es helfen würde, wenn ich die Buchseiten aß? Dann wäre das ganze Wissen in mir. Eigentlich logisch, beinahe brilliant.

Engelsglocken erklangen, als würde die Kirche läuten. Nur ein wenig beschwingter, leichtfüßiger und...drängender. Wahrscheinlich waren die Engel sauer, weil ich nicht richtig lernte. Oder weil ich bereits den Teil der Seite abgeknabbert hatte, auf dem die Seitenzahl stand. Wie auch immer, Mathe konnte mir auch nicht schaden.

"Hurricane, bist du da?", erklang eine Stimme, die sich nach einem Clown anhörte, ehe wieder die Engelsglocken erklangen. "Ich will dir nur eben deine Sachen geben, die du bei mir vergessen hast!"

Als die Engelsglocken von einem Donnern abgelöst wurden riss ich die Augen auf. "Gott?!"

Fuck. Ich war schon länger nicht mehr in der Kirche und eigentlich wusste ich auch nicht, ob ich jemals in einer war. Moment...gab es hier in St. Lavenville überhaupt eine Kirche?

"Äh, nein. Nur Ocean. Kannst du bitte die Tür aufmachen, ich glaube deine Nachbarin stalkt mich schon durch den Türspion und das...ähm...wird irgendwie immer unangenehmer für mich."

Schnell rappelte ich mich auf und bemerkte schwanken dass die Welt sich drehte. Während ich zur Tür ging, vor der, der Gott des Ozeans stand, dachte ich über den merkwürdigen Namen nach. Ocean.

"Sicher, dass du nicht Poseidon oder so heißt?", nuschelte ich mit geschlossenen Augen, da die Bewegung einfach zu viel für mich war.

"Ziemlich sicher", lachte der Gott und ich hätte schwören können, das von diesem Laut die Erde zu beben begann.

"Shhhh", machte ich und fasste mir an den Kopf, da ich ein Erdbeben gerade wirklich nicht gebrauchen konnte.

Warum zur Hölle war ich nochmal aufgestanden?

"Posi?", sprach ich Poseidon zögernd an und öffnete langsam die Augen um ihn ansehen zu können, woraufhin er stark die Luft einzog.

"Shit, Hurricane, deine Pupillen!" Ohne auf meine Aufforderung zu warten, trat er ein, schloss die Tür hinter sich und nahm mein Gesicht in seine Hände, um mich dazu zu zwingen, dass ich ihn ansah. "Du musst ins Krankenhaus."

Ich schüttelte die den Kopf, doch das machte es nur noch schlimmer. Scheiße. "Wenn ich da bin, rufen die Mom an und dann bringt sie mich um", erklärte ich, auch wenn ich mir da nicht so sicher war. Ich war diesen Aufwand schließlich nicht wert. Nicht für sie.

Und als mir das langsam klar wurde, begann ich zu weinen, was da Dröhnen in meinem Kopf verstärkt. Warum musste ich nur so laut sein?

"Holy Shit", murmelte ich und hatte immer mehr das Gefühl mich übergeben zu müssen. "Fang mich bitte, Ocean", brachte ich gerade nich so heraus, als meine Beine unter mir nachgaben und ich mich an den Meeresgott lehnte, um dem Schwindel entkommen zu können.

Starke Arme packten mich und legten mich dann langsam auf dem Boden ab. "Du musst ins Krankenhaus", sagte er, diesmal etwas nachdrücklich und ich lächelte innerlich. Froh, daß zumindest Gott sich um mich sorgte.

"Nein", nuschelte ich dennoch und stieß ein leises Wimmern aus.

"Was hast du genommen?", fragte Ocean fachmännisch und legte mich irgendwie seitlich hin.

"Nur 'n paar Joints."

"Wie viele?"

"Weiß nicht mehr", gab ich zu und unterdrückte den Reflex zu würgen.

Der Gott atmete tief ein und aus. "Wie viel wiegst du?"

"Irgendwas unter hundert", murrte ich genervt. Hatte ihm denn niemand beigebracht, dass man Frauen solche Fragen nicht stellte? "Ich glaub irgendwas mit zweiundachtzig."

"Du wiegt niemals zweiundachtzig Kilo", Ocean schnaubte. "Das passt niemals mit deine Größe zusammen."

"Ich bin ein bisschen Übergewicht", gab ich leise zu.

"Das glaub ich dir nicht. Du siehst eher Untergewichtig aus", murmelte Gott Ocean leise, ehe er lauter fortfuhr, während seine tiefe Stimme mich müde werden ließ. "Im worst-case-Szenario hättest du jetzt bereits einen Herzstillstand erlitten. Das ist gut, weil das bedeutet, dass du keine.."

Gottes Worte verschwammen vor meinem Auge und formten sich zu bunten Lichtern, die wie ein Kaleidoskop vor meinem inneren Auge herumtanzten.

Und ich schlief ein, während ich Oceans Körperwärme dicht bei mir fühlte und glaubte, dass er mir gerade erklärte, ich würde nicht sterben. Immerhin etwas.
















HurricaneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt