8. Kapitel

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Um uns keine Vorbereitungszeit auf unseren Gegner bei der Kampfprüfung von Harry und Jones zu geben, wurde dieser uns erst in den letzten Unterrichtsstunden am Vortag der Kampfprüfung mitgeteilt.
Da meine Knochenbrüche allerdings gerade erst verheilt waren, lag ich während des Kampftrainings noch immer auf der Krankenstation.
Der Krankenpfleger hatte mir jedoch versichert, dass ich morgen Nachmittag für die Prüfung wieder hundertprozentig fit sein würde.
Tatsächlich wirkte das Zeug, was er mir gespritzt hatte, wie eine Art Wundermittel und ich konnte die Nacht glücklicherweise in meinem eigenen Zimmer verbringen.
Auch wenn das bedeutete, Flynns lautstarkes Schnarchen ertragen zu müssen...
"Hey, warte mal!", rief Damien, der mir im Flur entgegenlief.
"Wir müssen reden"
Ich zog die Augenbrauen hoch.
"Ach ja?!"
Damien bedeutete mir mit einem Kopfnicken, ihm zu folgen und lief zur Bibliothek, wo wir ungestört waren.
Ich verschränkte misstrauisch die Arme.
"Was willst du?"
Damien schluckte.
"Wir wurden für die Prüfung zusammen eingeteilt", sagte er schlicht.
Ich zuckte die Schultern.
"Dann ist es ja gut, dass ich wieder fit bin."
"Ist es eben nicht", knurrte er leise, woraufhin ich entnervt die Augenbrauen zusammenzog.
"Ich darf diese Prüfung nicht verlieren", sagte er so leise, dass ich Mühe hatte, ihn zu verstehen.
"Dann streng dich eben an", brummte ich und verlor langsam die Geduld.
"Du verstehst das nicht", beteuerte er und wirkte nahezu verzweifelt. "Mein Dad wird sich die Prüfung ansehen. Ich darf ihn auf keinen Fall enttäuschen"
Ich schnaubte.
"Und du erwartest von mir, dass ich dich gewinnen lasse? Weil du willst, dass dein Dad stolz auf dich ist?!"
Damiens Blick verfinsterte sich.
"Ich will, dass du mir einfach eine Chance gibst, okay?! Du weißt, dass du der Beste von uns Nyx bist. Und du hast keine Ahnung, wie es ist, einen Vater zu haben, der immer bloß alles kritisiert, was du tust!"
Ich hielt inne, weil ich zum ersten Mal ehrliche Angst in seinen Augen sah.
Angst vor seinem Vater.
"Ich werde dich nicht allzu schwach aussehen lassen", erwiderte ich nach einiger Zeit des Schweigens.
Damien nickte und presste die Lippen zusammen. Es erstaunte mich, wie angespannt er wegen des bevorstehenden Aufeinandertreffens mit seinem Vater war. Doch nach allem, was ich über Mr. Hadley gehört hatte, war er wohl kein besonders freundlicher Mensch geschweige denn ein guter Vater.
"Danke", murmelte Damien leise, als ich schon fast die Bibliothek verlassen hatte.
Ich wandte mich abermals um und nickte ihm zu, ehe ich den Gang hinunter lief.
Die folgende Nacht fiel ich in einen tiefen, traumlosen Schlaf - höchstwahrscheinlich wegen des Schmerzmittels.
Als ich mich mit den anderen Schülern in der Aula versammelte, saßen bereits einige der älteren Schüler in den steinernen Rängen, um sich das Spektakel anzusehen.
Ich entdeckte Damien, dessen Augenringe mir verrieten, dass er nicht so gut geschlafen hatte wie ich. Sein Blick zuckte immer wieder nervös zu einem vornehm gekleideten Mittvierziger, der Professor Rutherford zu textete, die dabei nicht sehr erfreut aussah. Der Mann hatte die gleichen dunklen Augen wie Damien, dieselbe selbstsichere Körperhaltung und ebenso breite, muskulöse Schultern wie sein Sohn. Er wirkte jedoch viel mehr wie ein Teil der Elite als Damien und schien seinen bedeutenden Rang als Richter des höchsten Gerichts allzeit zur Schau zu stellen.
In seinem falschen Lächeln lauerte etwas Dunkles, etwas, mit dem man auf keinen Fall Bekanntschaft machen wollte.
Ich wandte den Blick von Mr. Hadley ab, als Aline zu mir herüber kam.
"Ich bin echt aufgeregt", murmelte sie nervös und fuhr sich durch die Haare.
"Das wird schon", beruhigte ich sie schmunzelnd. "Du steckst sie doch eh alle locker in die Tasche!"
Sie nickte, jedoch nur halb überzeugt.
"Ich hab einfach ziemlichen Druck, weil ich die letzte Prüfung ausgleichen muss, die ich so vermasselt habe"
Ich legte ihr die Hände auf die Schultern und blickte ihr tief in die Augen.
"Ich weiß, dass du es kannst!", beteuerte ich.
Sie wollte etwas erwidern, als Eve sie ungeduldig zu sich winkte.
"Okay, dann bis später", sagte sie und drückte meine Hand. "Viel Glück."
Ich erwiderte ihren Händedruck, dann sah ich ihr hinterher, während sie zu den anderen Artemis zurück lief.

"Shadow gegen Damien Hadley", verkündete Professor Rutherford.
Aline hatte ihre Prüfung bereits hinter sich gebracht und Argon hatte soeben bewiesen, dass er den Eunomia, dessen Namen ich nicht kannte, in Sekundenschnelle besiegen konnte, ohne auch nur annähernd so zu wirken, als würde es ihn anstrengen.
Zuerst stand der Teil der Kampfprüfung an, in der wir unsere Kräfte nicht benutzen durften und auf die uns Harry die letzten Wochen ausgiebig vorbereitet hatte.
Doch Damien war seit Anfang an der beste Kämpfer von uns allen gewesen und ich wusste, dass ich ohne Magie keine reale Chance gegen ihn hatte.
Ich lief betont lässig nach vorne und schüttelte Damiens Hand, wie es vor einem Kampf üblich war.
Damien sah kurz zu seinem Vater, ehe er seine Kampfhaltung einnahm.
Ich stellte mich ihm gegenüber und ging im Kopf Damiens typische Kampfabläufe und die Fehler, die er dabei meist machte, durch.
Dann ertönte auch schon der Startpfiff von Harry und Damien stürzte auf mich zu.
Blitzschnell ließ er seine geballte Faust auf mich zusausen. Ich duckte mich, sodass er bloß meine Schläfe streifte, und versuchte es mit einem seitlichen Konter.
Doch Damien blockte meinen Schlag gekonnt ab und beförderte mich mit einem kräftigen Tritt zu Boden.
Ich rollte mich zur Seite und kam wieder auf die Beine.
Hätte ich wenigstens eine Waffe benutzen dürfen, wäre Damien mir womöglich nicht überlegen gewesen - doch da es um bloße Kraft und Kampfgeschick ging, hatte ich keine Chance.
Es dauerte keine zwei Minuten, bis Damien mich zum wiederholten Mal zu Boden schleuderte und mir ein Knie auf die Brust presste, während seine linke Hand auf meine Kehle drückte und mir die Luft zum Atmen nahm.
Ein lauter Pfiff ertönte.
"Der Kampf ist zu Ende", hallte Harrys tiefe Stimme an den steinernen Rängen wieder. "Damien: 100%. Shadow: 20%."
Auch wenn ich mit dieser miserablen Benotung meinen Platz an der Akademie gefährdete, erfüllte es mich mit Genugtuung, dass Harry Damien mit einhundert Prozent benotet hatte. Argon stierte ungläubig nach vorn, denn seine 95 Prozent waren soeben von einem Nyx übertrumpft worden.
Damien streckte mir grinsend die Hand entgegen. Ich rang mir ebenfalls ein mattes Schmunzeln ab und ließ mich von ihm hochziehen.
Professor Rutherford trat nach vorn und gab uns beiden eine weiße Kapsel, die nachdem wir sie geschluckt hatten, dafür sorgen sollte, dass jegliche Erschöpfung und unsere Verletzungen geheilt wurden, damit wir für den nächsten Teil der Kampfprüfung gleichermaßen bereit waren.
Wieder starrte Damien zu seinem Vater herüber. Dieser musterte seinen Sohn aus kalten Augen und ließ keine Freude über Damiens hundert Prozent erkennen.
"Bitte gib mir eine Chance", flüsterte Damien leise, als Professor Rutherford und Harry sich von uns entfernt hatten.
Ich schnaubte.
"Hast du mir etwa eine Chance gegeben?"
Damien zog zerknirscht die Augenbrauen zusammen.
"Du weißt, dass das etwas anderes ist, Shadow...!"
Sein flehender Blick beunruhigt mich irgendwie.
Warum auch immer er solch eine Angst vor seinem Vater hatte, irgendetwas sagte mir, dass Damien Probleme bekommen würde, sollte er im zweiten Teil elendig versagen.
Andererseits wäre es gut, wenn ich ihn in den ersten paar Sekunden schlagen und so meine schlechte Benotung ausgleichen könnte...
Professor Jones betrat die Bühne und funkelte uns aus seinen zusammengekniffenen Augen an.
In diesem Moment wusste ich, was ich tun würde.

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