2. Kapitel

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Strahlend schloss Legolas die Tür hinter sich. Er konnte es noch gar nicht glauben. Er konnte nicht richtig denken. Er hatte die wunderbarste Elbin von Mittelerde geküsst. Er hatte gesagt, er liebte sie. Warum er es gesagt hatte, wusste er nicht, aber was er wusste war, dass es wahr war. Auch wenn er wusste, dass es für ihn keine Zukunft mit Lalwen geben würde, im Moment war er einfach nur überglücklich. „Legolas?" Und schon schwand die Euphorie. Thranduils ernster Gesichtsausdruck verjagte das Strahlen. „Ich muss mit dir reden." Legolas folgte seinem Vater in einen eher kleinen Raum. Der König starrte aus dem Fenster, drehte sich dann seufzend zu seinem Sohn um. „Wie ist ihr Name?" Bei dieser Frage fiel Legolas aus allen Wolken. Das konnte doch nicht wahr sein! Er konnte doch nicht von Lalwen wissen! Der Prinz brachte keinen Ton heraus, so überrumpelt war er. „Legolas, wie ist ihr Name?" „Woher weißt du...?", stammelte Legolas nur. „Mein Sohn, ich bin zwar alt, aber nicht dumm. In der letzten Woche hast du dich sehr verändert. Du warst kaum noch ansprechbar, schienst immerzu zu träumen. Du bist zwar zur selben Zeit wie immer fortgegangen, doch du konntest es jeden Tag kaum erwarten. Du bist zum selben Ort gegangen wie immer, jedoch nicht mehr allein. Ich habe gesehen, wie du dort so ungeduldig auf sie gewartet hast. Wie aufgeregt du warst, wenn sie endlich auftauchte. Das war meine Antwort. Auf deine warte ich noch immer." Legolas sah seinen Vater verwirrt an. Thranduil überraschte ihn immer wieder. Er seufzte. „Lalwen" Thranduils Augen weiteten sich. „Lalwen ... Ethuils Tochter?" „Ja, warum?" Darauf erhielt nun wiederum Legolas keine Antwort. Thranduil sah an ihm vorbei, starrte lange ins Leere. Beide sagten nichts. Bis der König in ungewohnt scharfem Ton sprach. „Halte dich fern von ihr!" Legolas sah seinen Vater entsetzt an. „Und weshalb sollte ich das tun?" „Weil ich es sage." Das wollte er sich nicht gefallen lassen. „Nein. Das werde ich nicht tun. Du hast mir einmal gesagt, es wäre dir egal, was ich mit wem mache, bevor ich heirate. Du hast gesagt, es wäre nichts Schlimmes dabei, sich in eine Elbin aus dem Volk zu verlieben. Du kannst mir nicht verbieten, sie zu sehen! Ich bin erwachsen, Vater! Ich-" „Meine Entscheidung hat weder mit ihrem Stand noch mit deiner Reife zu tun.", wurde er jäh unterbrochen. Hatte es nicht? Legolas war ratlos. Was konnte seinen Vater sonst dazu bewegen, sich selbst so zu widersprechen? „Was ist es dann?", fragte er, wieder ruhiger. Thranduil sah seinem Sohn tief in die Augen. „Die erste Liebe ist schon etwas Wunderbares.", meinte er dann nur. Der Prinz war verwirrt. Wollte sein Vater ihm damit nun etwas sagen oder nur vom Thema ablenken? Konnte es vielleicht sogar sein, dass das seine Erklärung gewesen war? Dass er Legolas von Lalwen fernhalten wollte, weil er selbst -? „Ihre Mutter?", fragte Legolas leise. Auf Tranduils Lippen schlich sich ein Lächeln. „Du bist gar nicht dumm, mein Sohn. Aber nein, ich meine nicht ihre Mutter." Ein fragender Blick von Legolas. „Ich meine", er holte tief Luft, als ob ihm etwas äußerst schwieriges bevorstand, „Ich meine Ethuil." Der Sohn starrte seinen Vater ungläubig an. Das konnte doch nicht sein Ernst sein! Ethuil. Wollte Thranduil ihn veräppeln? Hoffentlich! Denn wenn das stimmte, wenn Thranduil wirklich einmal Ethuil, Lalwens Vater geliebt hatte ... Ausgerechnet Lalwens Vater! Und nein, nicht einmal Lalwens Mutter hatte es sein können, sondern ihr Vater! Ein Mann! Das machte das Ganze noch schlimmer. Sein Vater hatte einen Mann geliebt! Unbegreiflich ... Ausgerechnet Thranduil ... „Vater ... Ist das dein Ernst?" „Warum um Himmels Willen sollte es das nicht sein?" „Ich kann es nicht glauben." „Die Liebe, mein Sohn, ist nicht darauf angewiesen, ob an sie geglaubt wird, ob man lieben will, oder ob man denjenigen, den sie auswählt, lieben will. Sie tut, was ihr gefällt. Hast du dir etwa von vornherein Lalwen ausgesucht? Es ist einfach so geschehen, und es hat uns beide gelehrt, in Zukunft voneinander fern zu bleiben. Das hat bisher auch ganz gut funktioniert." Legolas schüttelte leicht den Kopf, seufzte. „Wann?" „Lange bevor es dich gab, mein Sohn." Legolas war verstört. Er konnte seinen Vater nicht mehr ansehen. „Kann ich gehen?" Der König von Düsterwald nickte nur.

Verstört wie er war rannte er zu dem Stall, in dem sein Pferd stand. Er musste weg! Egal wohin, einfach weg. Mit einem Bogen, den dazugehörigen Pfeilen und einem seltsamen Gefühl im Bauch ritt er schließlich los, entschlossen, den Düsterwald zu verlassen. Er konnte nicht mehr klar denken, sein einziger Gedanke war sein bester Freund, der Mensch Aragorn. Er war sich sicher, dass Aragorn Rat wusste. Der Mensch war zwar um Weiten jünger als Legolas, er war einer der wenigen übrigen Menschen, denen ein ungewöhnlich langes Leben beschert war, doch er hatte Erfahrung, er verstand ihn und allein seine Gegenwart würde ihm auf seltsame Weise helfen können. Nur wusste er nicht, wo er Aragorn finden konnte. Denn der Mensch hatte auf sein Königreich verzichtet und sich für ein Leben im Exil, als Waldläufer, entschieden. Streicher wurde er auch genannt. Diese Lebensweise hatte zur Folge, dass er sehr schwer zu finden war. Also ritt der blonde Elb mehr oder weniger planlos durch den Düsterwald. Bis die Erkenntnis wie eine Bombe einschlug. Wie hatte er das vergessen können? Das musste an dem Schock liegen, den Thranduil verursacht hatte. Elrond war die Lösung. Er würde nach Bruchtal reiten, Elronds Tochter Arwen würde sicherlich wissen, wo Aragorn sich aufhielt. Wenn er nicht sogar bei ihr war. Und wenn nicht, was unwahrscheinlich war, Aragorn machte keine Reise ohne Arwen genauestens darüber zu informieren. Legolas ritt wie wild durch den Düsterwald, bis er schließlich zum Waldrand kam. Das einzige, was er sah, waren Berge. Sonst nicht, außer ein paar Bäumen hier und da. Bis er in Bruchtal ankommen würde, würde es seine Zeit dauern. Ihm stand eine lange, einsame Reise bevor. Und sie dauerte sehr lange. Das Wetter war allem Anschein nach gegen ihn, ebenso gewissen Wesen, die seine Pfeile zu spüren bekamen. Während Legolas also durch den Regen ritt und seltsame Wesen erschoss, bemerkte sein Vater im Düsterwald, dass sein Sohn und auch dessen Pferd verschwunden waren.

I never meant to cheat on you (Deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt