Kapitel 8

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Im letzten Moment ducke ich mich unter Demjans Schlag weg, doch kriege schon direkt danach seine Faust gegen das Kinn. Meine Zähne schlagen hart zusammen und ich schmecke Blut. Er greift nach meinen Handgelenken und reißt sie nach oben. Er quetscht sie in eine Hand. Erinnerungen blitzen vor meinem inneren Auge auf, von dem Mann aus dem One Shot, er hätte mich damals beinahe vergewaltigt. Meine Sicht verschwimmt etwas. Warum musste ich genau heute dieses dämliche Essen mit dem verdammten Beruhigungsmittel essen? Ich spüre wie ein Schlag in meine Magengrube trifft und wimmere vor Schmerz. Auch das höllische Brennen an meinem Rücken kann ich nicht länger ausblenden. Tränen rinnen heiß über mein Gesicht, ich schließe die Augen und versuche damit auch meinen Geist vor dem Schmerz zu verschließen der kommen wird. Wieder und wieder treffen mich seine Schläge in die Rippen, doch ich gebe keinen Laut mehr von mir. Und dann ganz plötzlich lässt er mich los. Im selben Moment sinke ich an der Wand hinab. Vorsichtig öffne ich die Augen einen Spaltbreit. Er liegt da vor mir und fasst sich mit großen Augen an die Wange, die innerhalb von Sekunden anschwillt. „So geht man aber nicht mit einer Frau um", höre ich Levins düstere Stimme, die mir eine Gänsehaut über den Körper jagt. Er steht neben mir und sieht verachtend auf Demjan herab. „Entschuldige, ich wusste nicht das du sie noch ficken wolltest" beginnt dieser mit einem vorsichtigem grinsen herum zu stottern „Aber ihr Körper war vorher schon viel zu Mager und voller Verletzungen." Am liebsten würde ich eine giftige Antwort geben, aber mir bleibt immer noch die Luft weg. Levin knurrt, packt Demjan dann am Kragen und zieht in zu sich hoch. Er presst ihn gegen die Wand und obwohl Demjan nur ein kleines Stück kleiner als er ist, scheint Levin ihn zu überragen. „Verschwinde besser oder ich werde dafür sorgen, dass nicht nur dein Gesicht verunstaltet ist." knurrt er bedrohlich und lässt ihn los. Demjan nickt, dreht sich um und geht schnellen Schrittes davon. „Levin-" setze ich an, doch er unterbricht mich. „Gehen Sie zurück auf Ihr Zimmer, Sie sollten gar nicht hier sein, Miss Rivera." Damit dreht er sich um und geht. Die plötzliche Höflichkeitsform lässt mich kurz beben, allerdings fange ich mich und rappel mich unter Qualen auf, laufe ihm hinterher und greife nach seiner Hand, um ihn zu stoppen. Als seine dunklen Augen mich treffen, erschlagen sie mich beinahe. Er macht einen Schritt auf mich zu und beugt sich ein wenig zu mir hinunter, sodass unsere Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt sind. „Was ist?" Raunt er. „Ich...", versuche ich eine Erklärung zu finden. Eine Erklärung, die es nicht gibt, denn wenn ich ehrlich bin will ich einfach nicht das er geht und mich wieder alleine lässt. Ich will ihn bei mir haben. Und ich hasse mich dafür, dass ich es jetzt immer noch will. Nach all dem, was passiert ist. Plötzlich stehe ich mit dem Rücken an der Wand und er stützt einen Arm neben mir ab. Er ist mir jetzt so nah, dass ich seinen Duft einziehen kann und sein Atem ein Kribbeln auf meiner Haut hinterlässt. „Arila...", nennt er meinen Namen dicht an meinem Ohr und lässt damit ein heißes brennen in meiner Brust entstehen, welches sich in meinem ganzen Körper ausbreitet. „Hör auf damit", spricht er leise weiter, „Womit?", frage ich ihn zischend, auch wenn ich ganz genau weiß, was er meint. „Das mit uns hat schon lange ein Ende gefunden. Ich bin hier, um meine eigenen Interessen zu verfolgen und kann kein kleines Anhängsel gebrauchen, das mir dazwischen funkt." Seine Worte tun weh, mehr als es irgendein Schlag auf dieser Welt je könnte, aber ich habe mit nichts anderem gerechnet. „Das hatte ich nicht vor." Antworte ich also nur trocken. „Dann ist ja gut." Levin stößt sich von der Wand ab und geht. Dieses Mal lasse ich ihn und humpel selbst zurück in mein Zimmer. Wo Andrej ist, weiß ich immer noch nicht, aber in diesem Moment ist es mir auch so ziemlich egal.

Ich schlage die Augen auf und blinzel gegen das helle Licht an. Es scheint bereits Mittag zu sein. Warum hat mich niemand geweckt? Stöhnend richte ich mich auf und reibe mir die schmerzenden Rippen. Demjan hat mich ziemlich zugerichtet, Stellen meines Brustkorbes müssen mindestens geprellt sein. Ich trete mit zusammen gebissenen Zähnen auf den Flur hinaus und sehe mich um, jedoch ist keine Menschenseele zu sehen. Ich ziehe verwirrt die Brauen zusammen. Irgendwas stimmt hier nicht und es gefällt mir nicht. Ich gehe den Gang entlang, bis ich Stimmen vernehme. Ich folge ihnen und sehe vorsichtig um die nächste Ecke. Sofort erkenne ich Levin, der in einem Türrahmen lehnt und zu zwei Mädchen hinuntersieht, die ihn mit einem Wimpern Aufschlag beäugen. Die eine hat haselnuss braune Locken, die sie sich um den Finger wickelt. Die Haare der anderen sind fast schon weiß. Sie tragen dieselben dunklen Sachen wie ich. Er sagt etwas, was die beiden sofort los Lachen lässt. Die Blonde streicht sich eine Strähne hinters Ohr und als Levin sie anlächelt, wird sie knallrot. Da ist plötzlich so viel Wut in mir und wieder dieses unangenehme Stechen. Er zieht einen Mundwinkel hoch. Die Brünette greift nach seiner Hand. Da platzt etwas in mir und ich springe hinter der Ecke hervor. „Levin!", rufe ich seinen Namen, woraufhin sich alle drei zu mir drehen. Äh ja, jetzt muss ich mir etwas überlegen. Auf einmal spüre ich ein unangenehmes Stechen an meinem Hals. Ich keuche auf und sinke im selben Moment auf die Knie. Die beiden Mädchen reißen ihre Augen auf. Levin macht einen schnellen Schritt auf mich zu, stoppt sich aber als er hinter mich sieht. Alles wird plötzlich Schwarz und ich spüre den harten Flur unter mir. Dann verliere ich das Bewusst sein.

Langsam öffne ich die Augen. Ich fühle mich wie gelähmt und alles ist verschwommen. Ein moderiger Geruch nach Blut und Schimmel hängt schwer in der Luft. Nachdem ich ein paar mal geblinzelt habe, wird meine Sicht klarer. Ich liege auf einer harten Liege, der steinerne Raum wird nur von einer schwachen Glühbirne, die von der Decke baumelt, beleuchtet. An der Wand neben mir ist eine eiserne Tür und direkt daneben ein breiter Spiegel. Ich wende meinen Blick nach vorne. Vor meiner Pritsche ist eine weiter, auf der jemand liegt. Vorsichtig stelle ich mich auf meine zittrigen Beine und laufe zu ihr. Mein Herz rutscht mir in den Bauch, als ich ihn erkenne, als ich Louis erkenne. Als ich erkenne, was sie mit ihm gemacht haben. Er trägt nur eine zerrissene Leinenhose, die mit Dreck und braunen Blutflecken besudelt ist. Sein sonst muskulöser Oberkörper ist überseht von Blutergüssen und großen Fleischwunden, die sich scheinbar teilweise entzündet haben. Seine blonden Haare sind Blut verklebt. Er schläft. Zumindest hoffe ich das. Sachte rüttel ich an seiner Schulter und murmel seinen Namen. Panisch fährt er hoch und sieht sich um. Sobald er mich allerdings erkennt, weicht die Panik aus seinem Gesicht und macht etwas anderem platz. Hoffnung. Das ist gut, er hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Ich nämlich auch nicht. „Ari?", fragt er mit heiserer Stimme. Ich nicke unglaublich erleichtert, auch wenn ich etwas überrascht bin, dass er mir genau jetzt einen Spitznamen gibt. „Ja, ja! Ich bin es!" Schluchze ich, denn plötzlich kommen mir die Tränen. Ich ziehe ihn in eine Umarmung, bei der er heftig vor Schmerz auf keucht. Schnell lasse ich ihn wieder los. Ich ziehe mir mein Oberteil über den Kopf, um es in Streifen zu reißen. Vielleicht wäre es mir in einer anderen Situation unangenehm gewesen, nur noch im Sport-BH vor ihm zu sitzen, aber gerade ist es mir mehr als egal. Ich beuge mich über ihn, um mit dem Stofffetzen provisorisch seine Wunden zu verbinden. Ich zische leise als ich spüre wie er vorsichtig über die Wunden auf meinem Rücken streicht, doch lasse es geschehen. „Ich hatte gehofft, sie würden dich verschonen", höre ich seine leise Stimme. Sobald ich fertig mit meinem Werk bin, setzte ich mich neben ihn „Ich glaube, ich war deutlich besser dran als du" Ich ziehe meine Lippen angestrengt hin und her während ich ihn erneut betrachte „Was haben sie mit dir gemacht?" Stöhnend setzt er sich auf und lehnt sich an die Wand. „Nach dem wir von dem Ball entführt und betäubt wurden, bin ich in dieser Zeller wieder aufgewacht." beginnt er zu erzählen. „Neben mir stand deine Mutter, sie hat mir erklärt, dass wir uns in einem Trainingslager auf einer russischen Insel befinden. Sie meinte, dass sie Informationen braucht, über dich und über unsere Mafia." Er macht eine kurze Pause und schluckt heftig. „Sie haben mich dafür gefoltert. Für jede Frage, auf die ich keine Antwort gegeben habe, ein Schlag mit der Peitsche. Für jede Verweigerung ihrer Befehle, das Brandeisen." Er deutet auf große Brandnaben auf seinem Unterbauch. Mir läuft ein Schauer über den Rücken und ein unglaublich schlechtes Gewissen macht sich in mir breit. Ich hätte ihn intensiver suchen müssen. Ich hätte ihn hier herausholen müssen. Louis lacht bitter. „Vermutlich hätte ich alles verraten, ich kam an den Punkt, wo es mir vollkommen egal war. Ich wollte nur, dass dieser Schmerz aufhört. Aber es ging nicht, denn ich weiß nichts. Meine Eltern haben entschieden, dass weder ich noch Levin bis zum Schluss nichts von ihren Plänen erfahren sollten, da die Wahrscheinlichkeit, dass genau so etwas passieren könnte einfach viel zu hoch ist. Levin hat sich seine Infos trotzdem besorgt. Doch ich? Ich habe mich vollkommen an ihre Entscheidung gehalten." Stille. Ich will etwas sagen. Etwas, das die Sache irgendwie erträglicher macht, doch ich weiß einfach nicht was. Er dreht sich etwas weg. „Ich wäre mehrfach fast gestorben, an den Entzündungen, am Hunger, an der Schwäche meines Körpers. Aber sie haben mich nicht gelassen. Jedes Mal, wenn ich so kurz davor war, haben sie mich mit Medikamenten voll gepumpt, mir Essen und Wasser hingestellt und dann schlafen lassen. Und wenn ich wieder in einem halbwegs stabilen Zustand war, ging alles wieder von vorne los." Ich beiße auf meiner Wange herum, während mein Gehirn irgendwie versucht zu verstehen, wie Louis nach all dem Leid, das er ertragen musste, hier immer noch sitzen und mir das alles erzählen kann. Ich schließe die Augen und fasse einen Entschluss. „Ich werde uns hier herausholen, koste es was es wolle." In diesem Moment ertönt ein unangenehmes Piepen und der Spiegel wird durchsichtig, dahinter steht Lucy und grinst uns mit einem verrücktem Funkeln in den Augen an.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 15, 2022 ⏰

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