Kryptonit

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9. Kapitel - Kryptonit

Mit verschränkten Armen und einem ungewohnt wütenden Blick starrte ihr Vater auf sie herab. Carlie schluckte schwer. „Ich kann das erklären", fing sie an. „Wann hattest du vor, uns davon zu erzählen?", unterbrach er sie schroff. Sie warf Seth einen vorwurfsvollen Blick zu. „Hättest du nicht an was anderes denken können?", zischte sie ihm unnötig leise zu. Resigniert warf er seine Hände in die Höhe. „Ich hab's versucht, ehrlich", schwor er und sah sie entschuldigend an. „Das hat er tatsächlich. Selten so wirres Zeug gehört", pflichtete ihm Edwad mit skeptischen Blick bei. Seth warf ihm einen peinlich berührten Blick zu. „Sorry", nuschelte er. Doch Edward beachtete ihn längst nicht mehr. Sein strenger Blick lag erneut auf seiner jüngsten Tochter. „Es war deine Aufgabe gewesen, uns davon in Kenntnis zu setzen. Und zwar spätestens gestern Abend, als du nachhause kamst", wies er sie mit verschränkten Armen zurecht. „Ich weiß", murmelte Carlie schuldbewusst, „Ich wollt es euch heute sagen, wirklich". Dass sie die Beiden zuvor noch jagen schicken und Jasper bestechen wollte, verschwieg sie an dieser Stelle besser. „Was wolltest du uns sagen?", fragte Bella, die sich mit misstrauischen Blick dazu gestellte. Edward schnaubte. „Unsere Tochter hat gestern ein wichtiges Detail vergessen zu erwähnen", meinte er und sah Carlie auffordernd an. „Ich würd das nicht unbedingt wichtig nennen", versuchte sie recht erfolglos zu beschwichtigen. Bella musterte ihre Tochter prüfend. „Wovon spricht dein Vater?", wollte sie wissen. Ihr Blick war eisern. Widerwillig blickte die junge Cullen zu Boden. „Carlie", forderte Edward sie auf, nachdem sie keine Anstalten machte, mit der Wahrheit rauszurücken. Ein wehleidiges schnauben ertönte. „Auf der Geburtstagsfeier hat sich jemand auf mich geprägt", murmelte sie schließlich. Carlie hatte mit einem emotionalen Ausbruch von Seiten ihrer Mutter gerechnet, doch diese blieb still. Verdächtig still. Vorsichtig riskierte sie einen Blick in das Gesicht ihrer Mutter. Zu ihrer Verwunderung, wirkte sie gelassen. Warum zur Hölle wirkte sie gelassen? Edward schien das gleiche, wie seine Tochter zu denken. Zumindest wenn man seinen genauso irritierten Blick richtig deutete. Bella räusperte sich, als sie die Blicke bemerkte. „Naja", fing sie zögernd an, „Es gibt schlimmeres, als einen zukünftigen Schwiegersohn, der alles für sie tun würde und sie für immer bedingungslos liebt. Außerdem gehört er doch schon praktisch zur Familie. Wieso hat das allerdings so lange gedauert?", ihre Augen richteten sich auf Seth. Dieser blickte sofort sichtlich verwirrt und hilfesuchend zu Edward. „Seth ist es nicht", seufzte Edward. „Also Embry?", wollte sie wissen und schaute zu ihrer Tochter. Diese schüttelte kaum merklich den Kopf. Die restlichen Sekunden herrschte eine beunruhigende Stille. Bis sie es realisierte. „Nein. Nein!", rief sie plötzlich aufgebracht, „Nicht Paul! Auf keinen fall Paul!" Seth und Carlie zuckten unter der Lautstärke leicht zusammen. „Sie mich nicht so an, ich kann auch nichts dafür", verteidigte Carlie sich, als der entrüstete Blick ihrer Mutter sie erreichte. „Wieso denn ausgerechnet Paul?! Bei allen Wölfen da draußen, musstest du ausgerechnet den Schlimmsten als Gefährte bekommen?!", kam es aufgelöst von ihr, „Ist ja nicht so, als hätte ich 'ne Wahl gehabt", nuschelte Carlie leicht schmollend.

Sie konnte nichts gegen das beklemmende Gefühl tun, was sich in ihrer Brust ausbreitete. Carlie wusste natürlich, dass Paul nicht unbedingt die Idealvorstellung eines Schwiegersohnes war. Um ehrlich zu sein, war er davon sogar Lichtjahre entfernt. Selbst der Wendler würde bei den meisten Müttern für weniger Hysterie sorgen. Na gut, das war vielleicht etwas übertrieben. Nichts desto trotz, war Paul immer noch ihr Seelenverwandter. Ihre Mutter hätte also durchaus ihre Abneigung gegen ihn ein klein wenig zurückschrauben können. Immerhin wusste sie ja nicht, dass die Prägung dezent versagt hatte und die Beiden nicht miteinander klarkamen. Wie verletzend wäre die Reaktion ihrer Mutter also wohl erst gewesen, wenn sie in Paul tatsächlich ihren Seelenverwandten gefunden hätte? „Wieso hast du uns gestern nicht sofort davon erzählt? Hattest du etwa vor, mit ihm durchzubrennen?", erreichte Bellas panische Stimme ihr Ohr. Carlie zog die Augenbrauen in die Höhe. „Was? Nein! Scheiße, nein!", platzte es aus ihr heraus, „So läuft das nicht zwischen uns!" „Ist das so? Wie läuft es dann zwischen euch?", wollte Bella mit vorwurfsvollen Blick wissen. „Gar nicht! Wir kommen nicht miteinander klar! Ihr könnt euch also eure Panik sparen!"; stellte sie klar und spürte die Wut, die in ihr aufkam, „ Als sich Jake auf Ness prägte, war sie erst noch ein Neugeborenes aber ich bin mir sicher, dass du bei ihm nicht so ausgeflippt bist!" Bella sah ihre Tochter ernst an. „Das kannst du nicht miteinander vergleichen! Ich war damals über die Prägung deiner Schwester auch nicht erfreut, ganz im Gegenteil sogar. Aber Paul ist nicht wie Jake! Ich weiß, dass Jake sie niemals verletzten würde. Sie ist bei ihm sicher, das war sie damals, ist sie heute und wird sie auch in Zukunft sein. Paul dagegen ist sogar für sich selbst eine Gefahr. Er ist unberechenbar. Wie willst du dein Leben mit ihm teilen, wenn er mit seinem eigenen schon überfordert ist?", versuchte sie eindringlich auf ihre Tochter einzureden. Doch diese zuckte nur mit den Schultern. „Dann sind wir halt gemeinsam überfordert". Bella sah sie warnend an. „Das ist kein Spiel, Carlie! Du kannst nicht immer alles auf die leichte Schulter nehmen. Es geht hier um deine Zukunft, dein weiteres Leben. Paul ist nicht der Umgang, den du brauchst", kam es warnend von ihr. Carlie gab einen spöttischen Ton von sich. „Du willst jetzt nicht allen Ernstes einen auf Moralapostel machen und mir was über das Leben erzählen? Du hast dich in einen Vampir verliebt, dich seinetwegen mit 'ner italienischen Vampirmafia angelegt, dich mit 18 schwängern lassen und wolltest für ihn dein komplettes Leben hinter dir lassen! Wenn ich also zu unvorsichtig bin, dann wahrscheinlich weil ich dich als Vorbild hab", keifte sie ihrer Mutter gereizt an. Bella sah ihre Tochter zornig an. „Geh auf dein Zimmer!", befahl sie ihr in einem gefährlich ruhigen, langgezogenen Ton. „Liebend gern!", zischte diese und marschierte trotzig die Treppe hinauf. Seth fühlte sich sichtlich unwohl und blickte starr auf den Boden. Edward räusperte sich leise. „Ich werd versuchen mit ihr zu reden", ließ er seine Frau wissen und drückte ihr beruhigend die Schulter. „Viel Glück. Sie kommt ganz nach meiner Mutter. Sie ist genauso sprunghaft, impulsiv und leichtsinnig wie sie", erwiderte diese und massierte sich die Schläfe. „Sie ist schon richtig so. Vielleicht noch etwas wild und ungestüm aber das legt sich mit der Zeit, leider", meinte Edward mit einem beschwichtigend lächeln und gab Bella einen kurzen Kuss auf den Kopf. „Abwarten", seufzte diese resignierend.

Er kam, er sah und er ging - Prägung auf Umwegen (Twilight FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt