Kapitel III

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Julien saß zwischen Rezo und Kayla eingequetscht am Mittagstisch und sah aus, als wäre er gerade lieber live bei einer Geburt dabei, als an diesem Tisch zu sitzen.

Er hatte sich gebackene Champignons mit Soße bestellt, was Kayla als guten Geschmack befunden hatte, und seitdem kaum ein Wort geredet. Er vermied Augenkontakt mit den Hockeyspielern und stocherte in seinem Essen herum. Offensichtlich nervös.

Rezo fing Taddls Blick auf. Sein Coach musterte Julien besorgt. Wusste ich doch, dachte er triumphierend. Taddl hatte die nette Angewohnheit, Leute überall unter seine Fittiche zu nehmen, wo er hinging. Er nahm nicht an, dass das hier eine Ausnahme war.

Abgesehen von Joey und Julia, die wie immer entspannt alles so nahmen, wie es gerade kam, und einfach am Plaudern waren, redete fast keiner. Es war ein bisschen prekär. Die Stille war auf jeden Fall ein wenig unangenehm.

Natürlich musste einer aber das Eis brechen, und nur einer war ungeniert und freimütig genug, um das geradlining zu tun.

„Also, Süßer", sagte Rewi laut.

Rezo stützte seinen Kopf in seine Hände und seufzte. Rewi war ein fucking toller Mensch und ein wahnsinnig guter Freund, auf den man sich immer und überall verlassen konnte, wenn es hart auf hart kam – mal ganz abgesehen davon, dass er auf dem Eis eine Maschine war und abmischen konnte wie wenig andere in ihren Kreisen. Die Cons an der Sache waren halt, dass er alles und jeden „Süßer" nannte und leicht aufdringlich wirken konnte, wenn man Sachen leicht in den falschen Hals bekam.

Julien sah ihn stirnrunzelnd an. „Nenn mich nicht Süßer."

Rewi zog die Augenbrauen herausfordernd hoch. „Oder was?"

Julien blinzelte und hielt dann seine in roter Soße getränkte Gabel hoch, unglaublich bedrohlich seine Augen zusammenkneifend. „Oder ich stech dich ab. Mit dieser Gabel."

Rewis Mundwinkel zuckten, dann lachte er. „Oh, ich mag dich, Julian."

„Julien."

„Hä, hab ich doch gesagt?"

„Hast du überhaupt nicht."

„Ist eh das gleiche." Rewi machte eine wegwerfende Handbewegung. Dank sei Gott schien Julien genau zu verstehen, dass er keinen Stress wollte, sondern einfach so war – er lächelte leicht, und Rewi hielt inne. „Alter, hast du gerade gelächelt?"

„Ne", sagte Julien und verspeiste einen seiner Champignons, eindeutig nicht mehr lächelnd.

Rewi drehte sich zu Taddl, der neben ihm saß und religiös seine Pommes inspizierte (er war ein bisschen am Schmunzeln), dann zu Anni, die Julien immer noch misstrauisch musterte (die beiden wären bestimmt super Freunde). „Hallo", sagte er. „Der Julien hat gelächelt! Julien Bam hat mich angelächelt! Ich dachte, das kann er gar nicht!"

Jetzt sah Julien ein wenig verwirrt aus. Er schluckte runter. „Warum sollte ich das denn nicht können?"

Kayla gähnte, wie immer müde. „Du hast so 'nen Ruf in der Eiskunstlaufwelt, mein Lieber", sagte sie.

Kurz loderte etwas in Juliens dunklen Augen auf, das Rezo fast schon einen Schreck einjagte, etwas wie purer Hass – nach einem Sekundenbruchteil war es wieder verschwunden, ersetzt von demselben blanken Blick, mit dem er Rezo bei ihrem ersten Gespräch bedacht hatte. Er zuckte lustlos mit den Schultern und erwiderte nichts, bevor er seinen nächsten Champignon aufspießte.

Das war sein Zeichen, nicht wahr? Rezo stieß sanft mit seiner Schulter gegen Juliens. Ihm fiel auf einmal auf, dass er ein Tattoo hinter seinem Ohr hatte. Ein G-Schlüssel. Kurzzeitig abgelenkt, vergaß er spontan, was er sagen wollte, und Julien und er schauten sich einfach sinnlos an.

Auf dem Eis - JuzoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt